Pfalzkapelle St. Michael

Pfalzkapelle St. Michael

Die Pfalzkapelle St. Michael war eine historisch bedeutsame Kapelle in Heilbronn aus der Zeit der Vorromanik. Sie wird in einer sich auf das Jahr 741 beziehenden Urkunde aus dem Jahr 822 erwähnt und ist damit wohl der älteste belegte Sakralbau Heilbronns. Wo sich die Kapelle genau befand und ob und in welchem heute noch bestehenden Kirchenbauwerk in Heilbronn sie aufgegangen ist, ist unter Fachleuten umstritten.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Vorromanik 1100: vorromanische Öffnung im Turmchor

Bei der Gründung des Bistums Würzburg im Jahre 741 erhielt der neue Bischof im ostfränkischen Raum 24 Kirchen mit allen Pfarr-Rechten und Einkünften. Dazu gehörte auch eine „basilica“ in „villa Helibrunna“. Bei dieser Kirche handelte es sich um eine bis dahin königliche Eigenkirche, die dem damals populären Erzengel Michael geweiht war, der seit dem 5. Jahrhundert insbesondere an Bergheiligtümern verehrt wurde. Dies ist urkundlich durch eine auf 741 datierte Schenkung belegt. Diese Urkunde ist insofern von historischer Bedeutung, weil damit nachgewiesen ist, dass es in Heilbronn im Jahre 741 einen Königshof und eine Kirche gab. Diese Michaelsbasilika war in der Zeit der Franken nahe dem für die Stadt namengebenden Brunnen errichtet worden und wurde 889 nochmals urkundlich erwähnt.[1][2]

Die älteste Kirche Heilbronns, eine Michaelsbasilika, wurde einschließlich ihres Zehnten laut einer Urkunde von 822 im Jahr 741 von dem fränkischen Hausmeier Karlmann dem damals neu gegründeten Bistum Würzburg geschenkt. 889 wird in Heilbronn ein fränkischer Königshof erwähnt, der vermutlich im 10. Jahrhundert als Lehen an die Grafen von Lauffen kam. Um 1100 werden zwei Kirchen in Heilbronn erwähnt, und im frühen 13. Jahrhundert bestanden die Deutschordenskirche sowie die Kilianskirche.

Welche und ob überhaupt eine dieser beiden Kirchen aus der früheren Michaelsbasilika hervorging, ist nicht geklärt. Als gesichert gilt, dass sich die Michaelsbasilika innerhalb des fränkischen Königshofs befunden haben muss. Über die genaue Lage dieses Königshofes und seine Ausmaße herrscht jedoch auch Unklarheit.

Mögliche Standorte

Michaelsbasilika als Vorläufer der Marienkapelle im Deutschordenshof

In den 1960er Jahren gab es mehrere Historiker, die u. a. in der heimatgeschichtlichen Beilage der Heilbronner Stimme den Königshof im Bereich des heutigen Deutschhofes verortet haben.[3] Auch der Heimatforscher Klaus D. Koppal verortete den Königshof in einem Beitrag im Jahrbuch des Historischen Vereins Heilbronn von 1969 noch an dieser Stelle. Sollte diese Vermutung zutreffen, würde die Deutschordenskirche höchstwahrscheinlich auf die quellenbelegte Michaelsbasilika zurückgehen. Die Deutschordensherren, die etwa um das Jahr 1220 nach Heilbronn gekommen sind, könnten damals Reste dieses Vorgängerbaus angetroffen haben und diese als willkommene Vorleistung in den Bau ihres spätromanischen Chorturmes aus Sandstein miteinbezogen haben. Als die einstige Kapelle des Königshofs in eine Kirche der damals neu gegründeten Deutschordenskommende umgewandelt wurde, wechselte wohl auch schon das Patrozinium (Hl. Maria). Verschiedene Gründe werden für die Annahme angeführt, dass es sich bei dem Deutschordensmünster um die königliche Pfalzkapelle handeln muss, darunter die Ostung[4] und das Vorfinden von Kalksteinmauerwerk aus der Zeit der Vorromanik.[5][6][7]

Michaelsbasilika als Vorläufer der Kilianskirche

In den 1970er Jahren war es erstmals möglich, die historischen Gegebenheiten in Heilbronn aufgrund von geologisch-morphologischen Gesichtspunkten zu untersuchen. Die Historiker Schmolz und Wild kamen dabei unabhängig voneinander zu der Ansicht, dass sich der Königshof wie auch jede andere feste Ansiedlung aufgrund der Grundwassersituation und der Höhenlage zum Neckar vor den Rodungen des 10./11. Jahrhunderts nur nördlich der Kirchbrunnenstraße befunden haben könne. Hier soll sich ein Höhenzug befunden haben, wohingegen der südlicher gelegene Deutschhof damals noch tiefergelegen und überflutungsgefährdet war, womit er als Baugrund für die bereits im 8./9. Jahrhundert erwähnte Michaelsbasilika ausscheidet. Diesen Untersuchungen zufolge handele es sich wahrscheinlich bei der Kilianskirche um die Erweiterung der Michaelsbasilika.

Michaelsbasilika als Vorläufer der Johanneskirche beim Katharinenspital

Heilbronn Katharinenspital mit Johanneskirche 1617.jpg

Denkbar ist allerdings auch, dass Michaelsbasilika und ein Vorgängerbau der Kilianskirche räumlich getrennt waren (um 1100 werden zwei Kirchen genannt), und die Deutschordenskirche auf einen Ersatz für die vermutlich nach 1100 aufgegebene Michaelsbasilika zurückgeht. Fekete[8] erwähnt, dass 1976 Helmut Schmolz den Königshof samt Kapelle im Bereich des ehemaligen Katharinenspitals bei der Gerberstraße, Kaiserstraße und Unteren Neckarstraße vermutet. Ein alter Kupferstich von Heilbronn aus dem Werk Civitates Orbis terrarum von 1617[9] zeigt, dass beim Katharinenspital abgesehen von der Katharinenspitalkirche noch die romanische Johanneskirche stand. Fekete geht davon aus, dass sich der Königshof möglicherweise auch dort befunden haben könnte, wo heute der Neckar verläuft.

Einzelnachweise

  1. Hans Dieter Bechstein: Heilbronn – Die Kilianskirche: Mittelpunkt der Stadt, Heilbronn 1975, Seite 11
  2. Christhard Schrenk: Gotteshaus mit wechselvollem Schicksal. In: Der Kiliansturm: Turm der Türme in Heilbronn, Heilbronn 2005, Seite 15
  3. Königshof in Heilbronn. In: Schwaben und Franken: Heimatgeschichtliche Beilage der Heilbronner Stimme. Samstag, 8. Juli 1967:

    • Der Kirchbrunnenbach (längs der späteren Kirchbrunnenstraße) im Norden der St. Peter und Paul als Wassergraben und nördliche Begrenzung des Königshofes im 12. Jahrhundert.
    • Die St.-Michaels-Kapelle an der Stelle der heutigen Peter-und-Pauls-Kirche und der Königshof mit den Umgrenzungsmauern des heutigen Deutschhofes.
    • Die Allerheiligenstraße mit der ältesten Mühle (beim „Götzenturm“) als südliche Begrenzung des Königshofes.
    • Die Deutschhofstraße als ehemalige Landstraße, die die westliche Begrenzung darstellt und zu den ältesten Gräbern auf dem Rosenberg führt.
    • Die Fleinerstraße im Osten “
  4. Hans Koepf: Die Heilbronner Kilianskirche und ihre Meister; dort: Die königliche Pfalzkapelle St. Michael und spätere Deutschordenskirche zur Hl. Maria (heute St. Peter und Paul). Stadt Heilbronn, Stadtarchiv 1961. Seite 12:

    Die einstigen Umfassungsmauern des alten westlich gelegenen Schiffes (der karolingische Kaiserpfalzkapelle) zur romanischen Turmchorkappelle können heute noch sehr gut im Mauergefüge der südlichen Anbauten der heutigen Kirche westlich des Turmchors erkannt werden. Rein technische Überlegung bei der Festlegung der neuen Ostachse zwingen uns zu der Annahme, daß das westliche gelegene Schiff älter sein muß als der Turmchor aus der Zeit der Romanik. Wohl kann man bei Vorhandensein eines Westbaus eine neu Ostachse nach dem Sonnenaufgang festlegen, während die umgekehrte Orientierung doch kaum durchführbar ist.

  5. Pfarramt St. Peter und Paul: Das Deutschordensmünster St. Peter und Paul Heilbronn. Festschrift zur Renovation 1994/95 und zur Altarweihe. Seite 31 und 32:

    Der wohl interessanteste Fund wurde in der Seitenkapelle gemacht. Hier … eine Fundamentecke endtdeckt worden. Das daraufhin vorübergehend freigelegte Fundament hat die stattlichen Maße von 1,60 m Breite und ca 1,00 Tiefe. Daraus kann der Schluß gezogen werden, daß darauf ein mächtiges Bauwerk gestanden haben muß … an derselben Wand traten bei weiteren Sanierungsarbeiten zwei Türgewände aus mächtigen Kalksteinen zu Tage … Die Rückwand ist ebenfalls aus sauber behauenen Kalksteinen und im Verband mit den Seitenpfeilern gemauert. Dieses Kalksteinmauerwerk nimmt zwei Drittel der Turmwandstärke in Anspruch. Hier handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit der gefundenen Fundamentecke um Teile eines Vorgängergebäudes. Das restliche Wanddrittel ist wie der Großteil des Turmes aus Sandstein gemauert. Die Deutschordensherren, die etwa um das Jahr 1220 nach Heilbronn gekommen sind, müssen damals also Reste dieser Vorgängergebäude angetroffen und als willkommene Vorleistung in den Bau ihres spätromanischen Chorturmes miteinbezogen haben. Hier muß selbstverständlich offengelassen werden, aus welcher Zeit diese Mauerteile stammen, von wem und für welchen Zwecke sie gebaut worden sind. Aber sie sollten bei den Nachforschungen über den Ursprung der Stadt Heilbronn nicht außer acht gelassen werden.

  6. Christard Schrenk: Von Helibrunna nach Heilbronn. Seite 25:

    1994/95 kamen bei der Renovierung … der alten romanischen Kirche und der Südwand des Tumes Fundamentmauern aus Kalksteinen zum Vorschein … dieses Kalksteinmauerwerk … setzte sich an der Südostseite des Turmes bis in die Mitte des ersten Obergeschosses fort, während die gesamte Kirchenanlage sonst aus Sandstein besteht … diese Umstänge beweisen, daß diese Kalksteinfundamente älter sind als die erste bekannte Deutschhofkapelle … Die Mächtigkeit dieser Kalksteinfundamente und die Art der Einfügung der Kalksteinmauerreste in den Turm legen es darüber hinaus nahe, daß sie schon vor dem Baugebeginn der Kommende vorhanden waren.

  7. Dr. Heim, Dr. Schmolz: Archiv und Museum der Stadt Heilbronn im Kulturzentrum Deutschhof zur Einweihung des III. Bauabschnittes Deutschhof am 12. März 1977, Kleine Schriftenreihe des Archivs der Stadt Heilbronn 1977:

    B.A.I (Nordbau) ehemalige Ritterherberge aus dem Jahre 1556: Der vorhandene Ruinenbestand war derart schadhaft, daß…also entschloß man sich zum Abbruch der Ruinen und Fundamente. Letztere bestanden aus festem Kalkstein und unter dem lärmenden Einsatz von 10 Boschhämmern wurden vor dem eigentlichen Baubeginn etwa 625 Kubikmeter Kalksteinmauerwerk herausgemeißelt…

  8. Julius Fekete, Simon Haag, Adelheid Hanke, Daniela Naumann: Denkmaltopographie Baden-Württemberg. Band I.5 Stadtkreis Heilbronn, Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-1988-3, S. 93. 
  9. Julius Fekete, Simon Haag, Adelheid Hanke, Daniela Naumann: Denkmaltopographie Baden-Württemberg. Band I.5 Stadtkreis Heilbronn, Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-1988-3, S. 34. 

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