Photomanipulation

Photomanipulation
Original
Personen im Hintergrund entfernt, Gesicht aufgehübscht

Unter einer Fotomanipulation versteht man die Veränderung (Manipulation) einer Fotografie unter Zuhilfenahme technischer Mittel, um einen fremden Sachverhalt vorzutäuschen.
Die Manipulation kann vor, während oder nach der Aufnahme erfolgen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Geschichte der Fotomanipulation ist schon seit je eng mit der der Fotografie selbst verbunden. Bereits im 19. Jahrhundert, als es technisch möglich wurde, Bilder chemisch zu fixieren, versuchten Fotografen, Fotos durch technische oder kompositorische Tricks zu verändern. Ihr Ziel war es, ein Bild einer Wirklichkeit zu erzeugen, die es nie gegeben hat. Dabei wurde zu verschiedenen Mitteln gegriffen.

Der Franzose Hippolyte Bayard (1801 – 1887) gilt als einer der frühesten Fotografen und entwickelte seinen „Fotoapparat“ sogar vor Daguerre. Erste fotografische Versuche startete er bereits im Februar 1839. Das Verfahren, das Bayard im Verlauf dieser Experimente im März 1839 erfand, nannte sich „Direkt-Positiv-Verfahren“. Er hatte somit eine Methode entwickelt, um die Bilder direkt als Positiv auf Papier zu bringen. Von einem Freund Daguerres, Francois Arago, wurde er jedoch überredet, mit der Veröffentlichung seiner Arbeit ein Jahr zu warten - so veröffentlichte Daguerre seine Erfindung zuerst, weshalb Bayard nicht als Erfinder der Fotografie gilt.

Daraufhin nahm Bayard ein Selbstportrait auf, das ihn selbst als Ertrunkenen darstellt, ein Protest gegen diese Ungerechtigkeit. Es symbolisiert, dass er über seine Erfindung schweigen musste. Er wird deshalb als Erfinder der modernen Technik des Kombinationsdruckes genannt, da er bereits verschiedene Negative verwendete, die er zu einem Bild kombinierte.

Politische Gründe

Machthaber nutzen gerne die Tatsache, dass der durchschnittliche Betrachter dazu neigt, die Glaubwürdigkeit von Fotos zu überschätzen. Der Gebrauch von Fotomanipulationen für politische Zwecke ist besonders leicht, wenn die Medien der Kontrolle von Personen unterstehen. Solcher Missbrauch fand und findet in allen Gesellschaften statt, in denen Individualinteressen gegen die Gemeinschaft eingesetzt werden können.

  • Stalin ließ den ungarischen Revolutionär Tibor Samuelli aus einem Bild herausretuschieren, auf dem er hinter Lenin stand. Er sollte nicht mehr mit der bolschewistischen Revolution in Zusammenhang gebracht werden. Berühmte Opfer der sowjetischen Zensur waren auch Trotzki und Chruschtschow, die in späteren Zeiten als Regime-Gegner galten.
  • Maos Ehefrau wurde nach dessen Tod von diversen Fotos entfernt. Das folgende Regime wollte verhindern, dass der Kult um Mao mit der politischen Vereinigung seiner Frau in Verbindung gebracht wurde.
  • Hitler ließ Goebbels aus einigen Bildern retuschieren, in denen beide mit Leni Riefenstahl zu sehen waren.
  • Die politische Retusche spielte in der Tschechoslowakei eine Rolle, wo oft ästhetische Mängel der Grund für Veränderungen waren. So wurden Personen oder Gebäude entfernt, neu platziert oder kleine Schönheitsfehler ausgebessert. Im Bild wurde der Präsidenten im Verhältnis zu anderen Personen vergrößert dargestellt, um Machtposition oder Überlegenheit zu unterstreichen. Fälschungen wurden von eigens engagierten Spezialisten, oft inhaftierten Banknotenfälschern, angefertigt.
  • Propaganda war ein weiterer Grund warum Fotos manipuliert wurden. Im Ersten Weltkrieg sollten veränderte Bilder die Situation dramatisieren und die Bevölkerung in Kriegsstimmung versetzen.
  • Anlässlich politischer Kampagnen wurden Retuschen erstellt, die dem Kontrahenten Schaden zufügten. Es wurden „Skandale“ durch manipulierte Fotos enthüllt, die so nie stattfanden.
  • Bereits zur Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs veränderten Fotografen Aufnahmen zu propagandistischen Zwecken oder um die Dramatik zu erhöhen. Solche Fotos wurden als eine Art „Souvenir“ an den Meistzahlenden verkauft.
  • In Russland ist das Foto vom Petersburger Blutsonntag gestellt.
  • Die häufig benutzte Aufnahme vom Hissen der sowjetischen Siegesflagge am 8. Mai 1945 auf dem deutschen Reichstag ist nachgestellt. Sie wurde erst einige Tage später vom Frontberichterstatter Jewgeni Chaldei aufgenommen. Außerdem wurde der Himmel dunkler und bedrohlicher gestaltet. Der Soldat, der die Fahne hisste, wurde retuschiert, da er auf dem Originalbild drei geplünderte Armbanduhren trug.
  • Während des Golfkrieges 1990/91 fand eine umfassende Kontrolle aller Kriegsbilder durch das US-Militär statt.
  • Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi nutzte oft seine Medienmacht als Besitzer des Berlusconi-TV zur Manipulation von Bildern.

Methoden der Manipulation

Seit den 1980er Jahren wuchsen die Möglichkeiten, Fotos zu verändern, beträchtlich. Das ist vor allem der Entwicklung in der Elektronischen Bildverarbeitung zu verdanken, die die Bildmanipulation um einiges einfacher gestaltet hat. So genügt heutzutage oft nur ein Knopfdruck, um Veränderungen herbei zu führen - und das meist so, dass diese für das ungeschulte Auge kaum ersichtlich sind. Vor dem Computerzeitalter waren Fotografen für solche Vorhaben auf ihre handwerklichen Fähigkeiten angewiesen; die Methoden sind jedoch deutlich als Vorläufer der heutigen Techniken zu erkennen.

Heutzutage ist die Fotomanipulation ein dominierender Bestandteil der Massenmedien.
Neben politischen Gründen ist die Beautyretusche allgegenwärtig. Es gibt (fast) kein veröffentlichtes Portrait ohne die Manipulation der gewünschten Schlüsselreize.

Ältere Methoden

Manipulationstechniken sind deutlich älter als hundert Jahre. Mittels feiner Pinsel und spezieller Farbe wurden wichtige Bilddetails sowohl auf Fotos, als auch den Originalen (Negative, Glasplatten,...) nachgezeichnet. In den meisten Fällen diente diese Arbeit der Verbesserung des Schärfeeindrucks. Diese Methode war so erfolgreich, dass sie bis Ende des 20. Jahrhunderts von den meisten Profifotografen für derartige Zwecke benutzt wurde.
Eine beliebte Methode, die ohne großen technischen Aufwand auskam, war das Nachstellen von Szenen (Inszenierte Fotografie), das vor allem dann zum Einsatz kam, wenn der Fotograf zum Zeitpunkt des Geschehens nicht anwesend war.
Eine weitere Möglichkeit, die heute noch in ähnlicher Form angewendet wird, war die Fotomontage, bei der ein Bild aus mehreren Negativen zusammengesetzt wurde oder durch Mehrfachbelichtungen erzeugt wurde. Eine Mischung aus diesen beiden Methoden war die Komposografie.
Durch das Entfernen oder Hinzufügen von Details und falsche Texterklärungen, kann zwar nicht das Foto selbst, aber der Zusammenhang, in dem das Bild steht, verfälscht werden.

Komposografien

Die Komposografie ist eine retuschierte Bildcollage. Der Amerikaner Harry Grogin gilt als ihr Erfinder, da der Ausdruck erstmals in seiner Zeitschrift „The Graphic“ erwähnt wurde. Beim Prozess um das Ehepaar Rhinelander (1925) konnten die Fotografen keine brauchbaren Fotos machen, deshalb verwendete Artdirector Grogin Fotos der im Gerichtssaal anwesenden Personen und stellte die Szene mit Schauspielern nach. Auf deren Körper kopierte er die Köpfe der Dargestellten. Er verwendete insgesamt 20 verschiedene Fotos für ein Bild, das dann in „The Graphic“ erschien. Die Fälschung war auch als solche gekennzeichnet, mit dem Hinweis, dass das Bild im Studio entstanden sei.

Die Komposografie existiert jedoch bereits länger, denn schon 1857 fertigte der Fotograf Oscar Gustave Rejlander Bilder mit dokumentarischer Qualität an, die er aus 30 separaten Negativen zu einem Bild zusammengefügt hatte.

Neuere Methoden

Die moderne Bildbearbeitung bietet unzählige, leicht zu realisierende Manipulationsmöglichkeiten. Grenzen der Manipulationen sind nur noch durch die Fantasie gegeben.

Daher besteht heutzutage das Bedürfnis, einem Foto wieder Beweiskraft zu geben. Ein Versuch, dies auf technischem Wege zu realisieren, ist das digitale Negativ. Jedoch erlauben schon einfache Bildgestaltungsmittel wie beispielsweise die Wahl des Aufnahmestandorts einige Manipulationsmöglichkeiten:

Glaubwürdigkeit

Die Arbeit des Fotojournalisten beruht von jeher auf dem Vertrauen der Leser und somit auf dem Maß an Glaubwürdigkeit, das seinen Bildern innewohnt. In den Anfängen der Fotografie war man sogar der Ansicht, dass die Kamera nicht lügen könne und deshalb alles, was sie zeigt, der Wahrheit entspricht. Dieses Vertrauen in die realitätsgetreue Wiedergabe der Umwelt wurde aber im Laufe der Jahre auf eine harte Probe gestellt, denn die Manipulationsfälle häuften sich. Dennoch genießt die Fotografie auch heute noch einen gewissen Beweischarakter.

Dabei ist das Wort „Manipulation“ ursprünglich nicht unbedingt negativ behaftet. Paul Martin Lester definiert den Begriff in einem seiner Artikel mit „to operate, use, or handle something“. Erst die vierte Bedeutung enthält den schlechten Beigeschmack, den wir mit diesem Wort verbinden. Sie bezieht sich auf die betrügerische Absicht, die hinter der bloßen Veränderung steht, und erst in dieser Erklärung definiert sich ethisch unkorrektes Handeln.

In die Kategorie der erlaubten Veränderungen fallen die so genannten Bildillustrationen, wie sie etwa auf den Titelseiten von Magazinen zu finden sind. Sie müssen als Fälschungen erkennbar bzw. als solche gekennzeichnet sein und dürfen keinen Anspruch darauf erheben, Originalfotos zu sein. Andere legale Praktiken sind beispielsweise zoomen, die Änderung des Winkels, die Verwendung anderer Linsen, sowie diverse Dunkelkammertechniken, wie Adjustieren von Kontrast und Graustufen.

Definitiv nicht legal sind dagegen Fotomontagen oder anders veränderte Bilder, die als Originale ausgegeben werden. Sie werden als „visuelle Lügen“ bezeichnet und verstoßen somit gegen die Sorgfalts- und Wahrheitspflicht der Presse bzw. werden nicht von der Pressefreiheit gedeckt. Eine explizite gesetzliche Regelung, die Fotomanipulationen verbieten würde, existiert jedoch nicht. Es ist auch fraglich, ob eine abstrakte gesetzliche Regelung auf diesem Gebiet überhaupt möglich ist, denn für die Entscheidung, ob eine legitime Bildbearbeitung bereits eine illegitime (und damit unter Umständen illegale) Fotomanipulation darstellt, muss stets der Einzelfall in seinem entsprechenden Kontext betrachtet werden.

Literatur

  • Dino A. Brugioni: Photo Fakery. The history and techniques of photographic deception and manipulation, Virginia 1999.
  • Oliver Deussen: Bildmanipulation, wie Computer unsere Wirklichkeit verzerren, Springer, 2007
  • Rainer Fabian: Die Fotografie als Dokument und Fälschung, München 1976
  • Walter Hömberg: Auch Bilder können lügen. Zur Geschichte der Bildmanipulation. In: Sage und Schreibe, Heft 7 1995, S. 10-11
  • Walter Hömberg: Nachrichten-Dichter. Journalismus zwischen Fakten und Fälschung. In: Ute Nawratil/ Philomen Schönhagen/Heinz Starkulla jr. (Hrsg.): Medien und Mittler sozialer Kommunikation. Beiträge zu Theorie, Geschichte und Kritik von Journalismus und Publizistik. Festschrift für Hans Wagner. Leipzig 2002. S. 289-306
  • Alain Jaubert (u.a., Hrsg.) : Fotos, die lügen: Politik mit gefälschten Bildern. Athenäum, Frankfurt/M.1989
  • David King: Stalins Retuschen. Foto- und Kunstmanipulationen in der Sowjetunion. Hamburger Edition, Hamburg 1997, ISBN 3-930908-33-6
  • Paul Martin Lester: Photojournalism. An Ethical Approach. Hillsdale 1991
  • Martha Rosler: Bildsimulationen, Computermanipulationen: einige Überlegungen in: Amelunxen, Hubertus von (Hrsg.): Theorie der Fotografie IV. 1980-1995. München 2000. S. 129-170
  • Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): Bilder, die lügen. Begleitbuch zur Ausstellung der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Bonn 2003
  • Rudolf Strietholt: Fälschungen, Fotomontagen, Zwischenzeiten. In: Emil Dovifat (Hrsg.): Handbuch der Publizistik. Band 2. Praktische Publizistik. 1. Teil. Berlin 1969, S. 106-155

Weblinks


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