Pierre Etienne Laval

Pierre Etienne Laval
Pierre Laval (links) im Gespräch mit Carl Oberg 1943

Pierre Etienne Laval (* 28. Juni 1883 in Châteldon; † 15. Oktober 1945 in Fresnes) war ein französischer Politiker und Ministerpräsident.

Laval begann seine politische Karriere bei den Sozialisten, rückte aber zunehmend nach rechts. 1919 zog er erstmals in das französische Parlament ein. Ab 1925 besetzte er mehrere Ministerämter. In den Jahren 1932 und 1933 sowie 1935 und 1936 war er französischer Ministerpräsident. 1934 vertrat er sein Land bei den Verhandlungen des Völkerbundes über die Saarfrage. Als Außenminister entwarf er 1935 zusammen mit seinem britischen Amtskollegen Samuel Hoare den Hoare-Laval-Pakt, durch den Italien Zugeständnisse in Äthiopien erhielt. Insgesamt verfolgte er aber eine Großbritannien gegenüber kritische Außenpolitik, während er sich um eine Annäherung an die Sowjetunion und das faschistische Italien bemühte. Mit dem Wahlsieg der Volksfront unter Léon Blum wurde Laval einer der entschiedensten Oppositionellen und schloss sich den konservativen Kreisen um Marschall Henri Philippe Pétain an.

Nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Frankreich während des Zweiten Weltkriegs sorgte Laval im Parlament dafür, dass die Macht am 10. Juli 1940 an Pétain übertragen und damit die Dritte Republik beendet wurde. Am 16. Juli 1940 wurde Laval stellvertretender Ministerpräsident - vorerst gab es keinen Ministerpräsidenten - und später Außenminister des Vichy-Regimes. Am 13. Dezember desselben Jahres wurde er jedoch wieder von Pétain entlassen und verhaftet, weil Laval eine deutlich engere Zusammenarbeit mit Deutschland forderte als der Marschall. Auf Druck Adolf Hitlers wurde Laval am 18. April 1942 erneut als Ministerpräsident berufen, woraufhin die US-Regierung ihren Botschafter aus Vichy abberief. In der folgenden Zeit wurde er der wichtigste Entscheidungsträger des Vichy-Regimes und drängte Pétain in den Hintergrund.

In einer Rundfunkansprache vom 22. Juni bekräftigte er den Glauben an den Sieg Nazi-Deutschlands und rief die Franzosen auf, sich freiwillig zur Relève in der deutschen Industrie zu melden. In anderen Punkten versuchte er die Forderungen des deutschen Besatzungsregimes abzuschwächen, hatte damit aber kaum Erfolg. Im Juli 1942 sorgte er dafür, dass jüdische Kinder in die Vernichtungslager deportiert wurden mit den Worten: Aus Gründen der Menschlichkeit hat der Ministerpräsident (entgegen den ursprünglichen deutschen Anweisungen) durchgesetzt, dass Jugendliche und Kinder unter 16 Jahren ihre Eltern begleiten dürfen. Im Januar 1943 gründete Laval die Milice française, die unter der Führung von Joseph Darnand stand.

Laval blieb bis 1944 Ministerpräsident. Danach wurde er gewaltsam nach Sigmaringen gebracht, wo er mit Marschall Pétain gemeinsam das Schloss bewohnte, eine Exilmarionettenregierung mit Kabinettssitzungen und eigener Wache führte, bis er im Mai 1945 nach Spanien floh. Er wurde in Barcelona verhaftet, auf Antrag von General Charles de Gaulle am 30. Juli 1945 an Frankreich ausgeliefert und dort wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. Nachdem er in einem erfolglosen Selbstmordversuch im Gefängnis von Fresnes (bei Paris) eine Zyankalikapsel geschluckt hatte, wurde er dort am 15. Oktober erschossen.

Literatur

  • Christiane Florin Philippe Pétain und Pierre Laval. Das Bild zweier Kollaborateure im französischen Gedächtnis Frankfurt/M.: Peter Lang, 1997
  • Leslie Kaplan, Fever (Roman) Laval: S. 141 ff.

Weblinks


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