Pioda

Pioda
Giovanni Battista Pioda

Giovanni Battista Pioda (* 4. Oktober 1808 in Locarno; † 3. November 1882 in Rom) war ein Schweizer Politiker, Jurist und Diplomat. Er gehörte zu den führenden Persönlichkeiten des Liberalismus im Kanton Tessin, während fast drei Jahrzehnten war er als Staatsanwalt, Staatsschreiber und Mitglied der Kantonsregierung tätig. Nach neun Jahren Zugehörigkeit zum Nationalrat und zum Ständerat wurde er 1857 als Vertreter der liberal-radikalen Fraktion (der heutigen FDP) in den Bundesrat gewählt. Diesem gehörte er während sechs Jahren an. Anschliessend vertrat er als Botschafter die Interessen der Schweiz in Italien.

Inhaltsverzeichnis

Studium und Beruf

Sein Vater war der gleichnamige Major Giovanni Battista Pioda, späterer Staatsrat und Abgeordneter der Tagsatzung. 1816 zog die Familie in die Niederlande, wo der Vater das Kommando eines Bataillons übernommen hatte. Pioda ging in einem Institut in Mecheln zur Schule und kehrte im Alter von 16 Jahren ins Tessin zurück. Seine Ausbildung setzte er bei den Benediktinern in Bellinzona fort. Ab 1825 besuchte er die Klosterschule in Einsiedeln. Am Collegio Gallo in Como studierte er Philosophie, danach Rechtswissenschaft an der Universität Pavia.

1830 veröffentlichte er die Schrift «Osservazioni intorno alla riforma della Costituzione del Cantone Ticino» (Betrachtungen zur Reform der Verfassung des Kantons Tessin von allen Seiten her), in der er die Einführung des allgemeinen Wahlrechts, die Pressefreiheit und den Ausbau des Bildungswesens forderte. Nach dem Studienabschluss 1831 absolvierte er ein Anwaltspraktikum, zwei Jahre später erhielt er das Anwalts- und Notariatspatent. 1834 wurde er zum Staatsanwalt des Kreises Locarno gewählt, im darauf folgenden Jahr heiratete er Agata Sozzi-Sorbolonghi, mit der er acht Kinder hatte.

Kantons- und Bundespolitik

Nach der liberalen Revolution im Dezember 1839 setzte die neue Regierung Pioda als Staatsschreiber ein. In diesem Amt, das er bis 1842 inne hatte, war er 1841 aktiv an der Niederschlagung eines Putschversuchs der Ultramontanen beteiligt. 1842 wurde Pioda in den Consiglio di Stato (Kantonsregierung des Tessins) gewählt und übernahm die Leitung des Innenministeriums. Von 1847 bis 1855 war er wiederum Staatsschreiber, danach ein zweites Mal Staatsrat (diesmal als Baudirektor).

Aufgrund der starken Opposition misslangen 1843 und 1851 zwei Versuche, das allgemeine Wahlrecht einzuführen. Hingegen konnte ein neues liberales Schulgesetz eingeführt werden und 1848 wurden die kirchlichen Güter verstaatlicht. Die Unterstützung der italienischen Unabhängigkeitsbewegung (Risorgimento) führte zu wirtschaftlichen Sanktionen seitens des Kaisertums Österreich, welches damals über die angrenzende Lombardei herrschte. Pioda setzte sich vehement für politische Flüchtlinge ein und betrieb eine klar antiklerikale Politik.

Auf eidgenössischer Ebene nahm Pioda an verschiedenen Konferenzen zu Verkehrs- und Postthemen teil, in Turin führte er Verhandlungen in Zoll- und Eisenbahnfragen. 1844 und 1848 war er Abgeordneter der Tagsatzung. Im Auftrag des nach dem Sonderbundskrieg entstandenen Bundesstaates war er Kommissär im Kanton Freiburg, wo es ihm gelang, erfolgreich zwischen Liberalen und Konservativen zu vermitteln und eine Versöhnung herbeizuführen. 1848 wurde Pioda in den Nationalrat gewählt, in der zweiten Jahreshälfte 1853 präsidierte er diesen. 1854 war er Mitglied des Ständerates, ab 1855 gehörte er wieder dem Nationalrat an.

Bundesrat und Diplomat

Nach dem unerwarteten Tod von Stefano Franscini galt Pioda als aussichtsreichster Kandidat für dessen Nachfolge. Am 30. Juli 1857 wählte ihn die Vereinigte Bundesversammlung in den Bundesrat, wobei er im ersten Wahlgang 64 von 127 abgegebenen Stimmen und damit exakt das absolute Mehr erhielt. Ihm wurde das Departement des Innern zugewiesen, das er während seiner gesamten sechsjährigen Amtszeit leitete.

Artikel 23 der Bundesverfassung ermöglichte es der Eidgenossenschaft, sich an Bauprojekten der Kantone zu beteiligen. Pioda gab den Anstoss zur Korrektion der Rhone im Kanton Wallis und zur ersten Juragewässerkorrektion. Daneben widmete er sich wie sein Vorgänger ausgiebig der Statistik, was im Januar 1860 zur Gründung des Bundesamtes für Statistik führte. In der Frage eines Eisenbahntunnels durch die Alpen setzte er sich aktiv für die Gotthardbahn ein, da sein Heimatkanton davon am meisten profitieren würde.

Am 26. Januar 1864 trat Pioda zurück. Wenig später übernahm er das Amt eines Botschafters am Hofe von König Viktor Emanuel II. an. Zunächst residierte er in Turin, ab 1865 in Florenz und schliesslich ab 1870 in Rom. Er nutzte seine diplomatischen Beziehungen, um der Gotthardbahn politisch zum Durchbruch zu verhelfen und Italien zu einer Teilfinanzierung zu bewegen.

Literatur

  • Urs Altermatt (Hrsg.): Die Schweizer Bundesräte. Ein biographisches Lexikon. Artemis Verlag, Zürich / München 1991 (2. Auflage), S. 153–156. ISBN 3-7608-0702-X.

Weblinks



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