- Primero Justicia
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Primero Justicia (spanisch für Gerechtigkeit zuerst) ist eine Partei in Venezuela, die sich als Partei des Zentrums bezeichnet[1]. Generalsekretär der Partei ist Tomás Guanipa, Parteivorsitzender ist Julio Borges.
Geschichte
Primero Justicia wurde 1992 zunächst als Bürgerbewegung gegen den Verfall des Rechtssystems von einer Studentengruppe um Dr. Alirio Abreu Burelli, einem Richter des venezolanischen Obersten Gerichtshofs und Vizepräsident des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte der Organisation Amerikanischer Staaten, gegründet.
Nach dem Zerfall des alten venezolanischen Zweiparteiensystems aus Acción Democrática und COPEI Ende der 90er Jahre entwickelte sich die Bewegung zu einer politischen Partei, die insbesondere Zulauf durch enttäuschte Anhänger von COPEI erhielt.
Während des Verfassungsreferendums von 1999 stellte sie erfolglos einen liberalen und am Prinzip der repräsentativen Demokratie orientierten Verfassungsentwurf als Gegenkonzept zum am Prinzip der partizipatorischen Demokratie orientierten und als bolivarisch verstehenden Entwurf der Verfassunggebenden Versammlung vor.
Obwohl bei den Wahlen zur Nationalversammlung am 30. Juli 2000 nur 5 von 165 Sitzen auf die Partei entfielen (sie trat nicht einmal in allen Bundesstaaten an), hat sie über die ihr nahestehenden Privatmedien beträchtlichen Einfluss auf größere Bevölkerungsteile.
Die Partei nutzte dies bei dem von ihr mitinitiierten, gescheiterten Putschversuch von 2002 gegen den Präsidenten und früheren Putschisten Hugo Chávez, als die vier Privatsender des Landes statt Nachrichten nur alte Zeichentrickfilme brachten. Henrique Capriles Radonski, PJ-Bürgermeister des Hauptstadtvorortes Baruta im Bundesstaat Miranda, wollte während des Putschversuchs die Botschaft Kubas durchsuchen lassen.[2] Trotz des Putschversuchs wurde die Partei nicht verboten, so dass sie sich noch im gleichen Jahr an der Organisation eines gleichfalls erfolglosen Generalstreiks gegen Chávez beteiligen konnte. Im Jahr darauf rief sie abermals zum Generalstreik auf, der genauso wenig Erfolg hatte wie der erste. 2004 war sie federführend beim klar gescheiterten Referendum zur Amtsenthebung von Chávez. Aktivisten von Primero Justicia zündeten bei einer Demonstration der Opposition ein Gebäude der Regierungspartei an. 2005 unterlag die Partei bei den Regionalwahlen in 21 von 23 Bundesstaaten Venezuelas.
Trotz einer Reihe von Niederlagen und Misserfolgen konnte die Partei in den letzten Jahren ihre Struktur festigen, was nicht zuletzt an finanzieller und organisatorischer Hilfe aus dem Ausland (z. B. durch die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung) liegen soll [2] [3]. Von einem Computer der Adenauer-Stiftung aus wurde dann auch ein entsprechender missliebiger Eintrag in ihrem Wikipedia-Artikel gelöscht [4]
Nachdem zuvor schon andere Oppositionsparteien ihre Kandidatur zurückgezogen hatten, boykottierte Primero Justicia die Parlamentswahl am 4. Dezember 2005 nach eigener Darstellung aus Kritik an der Politik der Regierung Chávez und aus Angst vor Wahlfälschungen.
Für die Präsidentschaftswahlen am 3. Dezember 2006 hatte Primero Justicia den Parteivorsitzenden und ehemaligen Abgeordneten Julio Borges zunächst als Kandidaten aufgestellt, dann aber mit anderen Oppositionsparteien sich auf Manuel Rosales geeinigt, der dann gegen Chavez deutlich unterlag.
Im November 2008 gewann Henrique Capriles Radonski (angetreten als allgemeiner Kandidat der Oppositionsparteien), bei den Regionalwahlen in Miranda die Wahl zum Gouverneur. Ein anderer Politiker der Partei, Carlos Ocariz, wurde als Bürgermeister für das Bezirk Sucre, das Teil von Caracas ausmacht, gewählt.
Für die Parlamentswahlen in Venezuela 2010 bekam die Partei 10 Abgeordnete bei der Nationalversammlung.
Weblinks
- Homepage von Primero Justicia
- Präsidentschaftskandidat Julio Borges
- „Ein Pyrrhus-Sieg“: Die Zeit zum Wahlsieg des Regierungslagers, 5. Dezember 2005
- „Erdrutsch- oder Pyrrhussieg?“: Harald Neuber in Telepolis zum selben Thema.
„Immerhin wehrte sich die rechtspopulistische Gruppe Primero Justicia am längsten gegen einen Wahlboykott. Ihr wurden allerdings auch 15 Prozent der Stimmen prognostiziert.“
Einzelnachweise
- ↑ [http://www.primerojusticia.org.ve/quienes.php Wer sind wir? (Spanish)
- ↑ a b Interview von 2004 mit Michael Lingenthal, Landesbeauftragter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Venezuela abgerufen am 17. Mai 2008
- ↑ Stefan Frank in Konkret 8/2004 Nach dem Putsch ist vor dem Putsch abgerufen am 17. Mai 2008
- ↑ Torsten Kleinz in FOCUS-Online: Nestbeschmutzer in Wikipedia - Strategie 1: Die Löschtruppe abgerufen am 17. Mai 2008
Kategorien:- Venezolanische Partei
- Liberale Partei
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