Riek Machar

Riek Machar

Riek Machar Teny Dhurgon (* 1952 in Leer) ist seit 2005 Vizepräsident des Südsudans. Davor war er Kriegsherr im Sezessionskrieg. Er gehört dem Volk der Dok-Nuer an.

Riek Machar wurde als 26. Sohn eines Stammesführers in Leer im Bundesstaat Unity geboren. Machar ist Presbyterianer. Er studierte Ingenieurwissenschaft an der Universität Khartum und erzielte 1984 einen Ph. D.-Abschluss an der Universität von Bradford, England.[1]

Inhaltsverzeichnis

Bürgerkrieg

Nach Sudan zurückgekehrt gehörte Machar zu den frühesten Mitgliedern der SPLA unter John Garang, die 1983 mit dem Aufstand in Bur den zweiten Bürgerkrieg gegen die sudanesische Regierung begann. Machar war zunächst Kommandant seiner Heimatprovinz und wurde dann Vize-Kommandant der SPLA. Im August 1991 spaltete er zusammen mit Lam Akol die Fraktion SPLA-Nasir (benannt nach dem Hauptsitz der Gruppe in der Stadt Nasir, auch SPLA-United) von der SPLA ab und wollte Garang entmachten. Garangs Kampftruppe wurde zur Unterscheidung nun SPLA-Torit nach dem Ort Torit genannt. Angeblicher Grund für die Spaltung war der gegen den autoritären Garang gerichtete Anspruch zu demokratischen Reformen. Der Unterschied zwischen beiden in der politischen Zielsetzung: Garang wollte Sudan unter einer neuen Regierung vereint sehen, während Machar eine Autonomie für den Süden forderte. Für ihren Machtkampf nutzen beide Führer alte ethnische Konflikte zwischen den jeweiligen Volksgruppen Dinka und Nuer aus. Riek Machar stilisierte sich zum religiösen Heilsbringer, indem er einen Volksglauben über den Nuer-Propheten Ngundeng missbrauchte, und rechtfertigte den Diebstahl von Rindern aus dem Besitz von Dinkas als gerechten Ausgleich für frühere Viehdiebstähle der Dinkas an den Nuer. An Nuer-Land angrenzende Dinka-Gebiete wurden verwüstet, Menschen umgebracht, Frauen und Kinder entführt. Machar nahm seinen Leuten die Skrupel und die Angst vor Verfolgung bei Straftaten mit der Behauptung, es gäbe zweierlei Arten von Kriegen: Hier gehe es um einen „Regierungskrieg“, bei dem die gegnerischen Verletzten und Toten kein rechtliches Problem und soziales Risiko bedeuten würden. Im Gegensatz dazu müssen bei einem „Krieg um die Heimat“ traditionsgemäß verletzte oder getötete Feinde mit Blutgeld bezahlt werden. Er sprach alle Nuer von der persönlichen Verantwortung ihrer Taten frei.

Viele Nuer liefen zur Nasir-Fraktion nicht wegen deren Grundsatzprogramm über, sondern allein, weil sie Nuer waren. Die Glaubwürdigkeit bei der eigenen Bevölkerung verlor Machar, als im Kampf auf persönlicher Ebene zwischen ihm und Garang immer mehr Zivilisten das Leben ließen. Bis zu einem von außen vermittelten Friedensschluss 1998 waren die Kämpfe zwischen verschiedenen SPLA-Fraktionen häufig grausamer und verlustreicher als die Angriffe der nordsudanesischen Armee. Riek Machar wird für das „Bor-Massaker“ an 2000 Dinka-Zivilisten in Bor 1991 verantwortlich gemacht, bei dem seine Truppe von Khartum mit Waffen ausgerüstet worden war. Tausende Dinka flohen anschließend in die Provinz Ost-Äquatoria.[2]

1992 trennte sich Machar von Akol. Letzterer behielt den Namen SPLA-Nasir für seine Fraktion. Machar gründete eine weitere Splittergruppe, die South Sudan Independence Movement/Army (SSIM/A). Mit ihr war Riek Machar zum direkten Verbündeten der sudanesischen Regierung geworden. In einer weiteren Spaltung verließen Mitglieder der SSIM aus dem südlichen Äquatoria Machar, um die Organisation Equatoria Defence Force (EDF) zu gründen. In einer gemeinsamen Absichtserklärung fanden sich SLA-Nasir, SSIM und EDF auf Seiten Khartums zusammen. 1997 unterzeichnete Machar ebenso wie die genannten Gruppen ein Friedensabkommen (Khartoum Peace Agreement, KPA) mit der Regierung in Khartum und formalisierte damit seine Beziehungen. Das Abkommen enthielt Regelungen zur Machtverteilung und die Verpflichtung, ein Referendum über die Selbstregierung Südsudans durchzuführen. Garang erklärte die KPA für illegitim und sich selbst zum alleinigen Repräsentanten des Südens. Danach führte Riek Machar die mit der Regierung, der National Islamic Front (NIF), verbündete South Sudan Defense Force (SSDF), die sich vor allem im Bundesstaat al-Wahda 1997/1998 Kämpfe mit dem ebenfalls von der Regierung unterstützten Nuer-Kriegsherrn Paulino Matiep, früherer Vize-Kommandant der SPLA, lieferte. Die Kampfhandlungen und Übergriffe dieser Gruppen trugen wesentlich zu Hunger unter der Zivilbevölkerung der Region bei. Nachdem sich Riek Machar nach Nairobi abgesetzt und dort eine weitere bewaffnete Oppositionsgruppe namens Sudan People's Democratic Front gegründet hatte, fanden sich seine Gruppen 2002 wieder auf der Seite der ursprünglichen SPLA und im Kampf gegen die Nordsudanesen zusammen.[3][4]

Leben

Im Juni 1991 heiratete Machar, der bereits Angelina Mang, eine Nuer, zur Frau hatte, in seinem Hauptquartier im Dorf Ketbek, fünf Kilometer von Nasir nahe der äthiopischen Grenze die britische humanitäre Helferin Emma McCune.[5] Zur selben Zeit brach in dieser Region eine Hungersnot aus, weil nach dem Sturz der damaligen äthiopischen Regierung 100.000 sudanesische Flüchtlinge überraschend die Region Gambela in Äthiopien verlassen mussten und in das sudanesische Kriegsgebiet getrieben wurden. Die Beziehung zu McCune verschaffte Machar Zugang zu Informationen der Helferszene. Machar erklärte die Heirat zu McCune in Übereinstimmung mit dem, was der Prophet Ngundeng vorausgesagt hatte. Ein ungenannter linkshändischer Nuer würde eine weiße Frau heiraten, soll der Prophet gesagt haben, so Machar.[6] McCune war für das kanadische Projekt Street Kids International im Rahmen der Operation Lifeline Sudan nach Sudan gekommen. Sie starb 1993 in Nairobi bei einem Verkehrsunfall.[7] Seine Frau Angelina Mang wurde beim Friedensschluss 2005 Staatsministerin für Energie.[8]

Seit 2006 vermittelt Riek Machar als südsudanesischer Vizepräsident bei Friedensgesprächen in Juba wenig erfolgreich zwischen der Regierung Ugandas und den Rebellen der Lord's Resistance Army.[9]

Siehe auch

Geschichte des Südsudan

Einzelnachweise

  1. Sudan SPLM leadership Bio-data and profiled. Sudan Tribune, 26. Dezember 2005
  2. Naglaa Elhag: A Tale of two Wars: The Militarization of Dinka and Nuer. Identities in South Sudan. In: John Abbink und André van Dokkum (Hrsg.): Dilemmas of development: conflicts of interest and their resolutions in modernizing Africa. African Studies Centre 2008, S. 164–188
  3. John Young: Emerging North–South Tensions and Prospects for a Return to War. Small Arms Survey, Graduate Institute of International Studies, Genf 2007, S. 16f
  4. ASAP: The South Sudan Defence Force (SSDF): A challenge to the Sudan Peace Process. Institute for Secutity Studies, 8. April 2004
  5. Foto: Emma McCune, Riek Machar und Leibwache
  6. Deborah Scroggins: Emma's War. Random House, New York 2004, S. 294. Der Buchtitel spielt auf die Verwicklung von McCune in den zwischen Machar und Garang entfesselten Bürgerkrieg an. Deutsch: Die weiße Kriegerin. Ein Schicksal in Afrika. Aufbau Verlag, Berlin 2006
  7. Ursula März: Die Schöne und das Elend. Die Zeit, 28. Dezember 2006
  8. Machar’s wife escapes assassination attempt in South Sudan. Sudan Tribune, 31. Dezember 2008
  9. LRA dissatisfied with Southern Sudanese Vice-President Riek Machar. African Press International, 28. Januar 2007

Weblinks



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