Rosensteintunnel

Rosensteintunnel

Rosensteintunnel ist die Bezeichnung für verschiedene vergangene, gegenwärtige und geplante Tunnelanlagen im Stuttgarter Stadtgebiet. Heute ist es ein Eisenbahntunnel unter dem Rosensteinpark in Stuttgart-Bad Cannstatt. Er verbindet den Stuttgarter Hauptbahnhof mit der Rosensteinbrücke über den Neckar zum Bahnhof Stuttgart-Bad Cannstatt. Diese Bahnstrecke ist Teil der Filstalbahn.

Inhaltsverzeichnis

Erster Rosensteintunnel (1844–1915)

Erster Rosensteintunnel
Nutzung Eisenbahntunnel
Verkehrsverbindung Zentralbahn
Ort Stuttgart-Bad Cannstatt
Länge 362 m
Anzahl der Röhren 1
Bau
Bauherr K.W.St.E.
Fertigstellung 1846
Betrieb
Schließung 1915
Lage
Rosensteintunnel (Baden-Württemberg)
Red pog.svg
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Koordinaten
Nordportal 48° 48′ 4,4″ N, 9° 12′ 25,2″ O48.8012139.207006
Südportal 48° 47′ 56,1″ N, 9° 12′ 11,4″ O48.7989219.203153

Beim Bau der württembergischen Zentralbahn wurde direkt unter der Mittelachse des Schlosses Rosenstein der erste Eisenbahntunnel Württembergs gebaut. Dieser von Carl Etzel geplante Tunnel verband Stuttgart mit Cannstatt. Prinzipiell wäre auch eine Umgehung des Rosensteins möglich gewesen, der Tunnel ermöglichte jedoch eine bessere Lage des Cannstatter Bahnhofs und bewahrte den Schlossgarten davor, von der Eisenbahn zerschnitten zu werden. Dennoch war sein Bau umstritten, da Kritiker eine Schädigung des Schlosses befürchteten; König Wilhelm I. erklärte jedoch sein Einverständnis. Die Baugenehmigung wurde am 14. März 1844[1] erteilt.

Der Tunnel wurde in bergmännischer Bauweise errichtet; Baubeginn war am 1. Juli 1844, vollendet wurde er am 4. Juli 1846. Die Fertigstellung wurde durch einen Wasser- und Schlammeinbruch verzögert, der durch undichte Bassins im Schlossbereich verursacht worden war. Der Schlamm musste von oben her entfernt werden, anschließend wurden die Bassins abgedichtet. Dieser Tunnel war 362 Meter[1] lang und von vornherein zweigleisig ausgebaut.

Nach Inbetriebnahme der neuen Tunnelröhren, im November 1915, wurde der alte Rosensteintunnel 1916 außer Betrieb genommen.[2] Von 1931 bis 1965 wurde er von drei Pächtern zur Champignonzucht genutzt.[3] Im Zweiten Weltkrieg diente er als Luftschutzbunker und wurde bis 1946 von der Mahle GmbH gemietet.[3] Das Portal Richtung Bad Cannstatt wurde 1966 zugemauert, an Stelle des Portals Richtung Hauptbahnhof befinden sich heute unterirdische Anlagen der EnBW.[4]

Zu Beginn der 1990er Jahre wurde der Tunnel als Eisenbahnanlage entwidmet und aufgelassen.[2] 1992 wurde der Tunnel in das Eigentum des baden-württembergischen Landesbetriebs für Vermögen und Bau übertragen.[3] Er war auch als Standort für ein Mineralienmuseum im Gespräch.[5] Gelegentlich kann er noch besichtigt werden.

Zweiter Rosensteintunnel (seit 1915)

Zweiter Rosensteintunnel
Nutzung Eisenbahntunnel
Verkehrsverbindung Bahnstrecke Stuttgart–Ulm
Ort Stuttgart-Bad Cannstatt
Länge 331 m
Anzahl der Röhren 2
Bau
Bauherr K.W.St.E.
Fertigstellung 1914
Betrieb
Betreiber DB Netz
Freigabe 25. November 1915
Lage
Rosensteintunnel (Baden-Württemberg)
Red pog.svg
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Koordinaten
Westportal 48° 47′ 54,8″ N, 9° 12′ 13,1″ O48.798559.203639
Ostportal 48° 48′ 1,4″ N, 9° 12′ 27,3″ O48.8003869.207584
Blick vom Tunnelportal des neuen Tunnels; ausfahrender Zug

Bei der Umgestaltung der Stuttgarter Bahnanlagen zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde u. a. der Streckenabschnitt zwischen dem Hauptbahnhof und Cannstatt (und darüber hinaus) viergleisig ausgebaut. Da zugleich das Planum des Cannstatter Bahnhofs angehoben wurde, musste ein neuer Tunnel gebaut werden. Dazu wurden zwei zweigleisige Tunnelröhren in offener Bauweise etwas weiter östlich erstellt. Beide Röhren sind 331 Meter[1] lang.

Die beiden neuen Röhren wurden zwischen 1912 und 1914 errichtet. Die erste Röhre ging im November 1915 in Betrieb. Durch den Ersten Weltkrieg und Geldmangel wurden die Bauarbeiten an den neuen Bahnanlagen im Jahr 1917 eingestellt. Am 26. Mai 1925 wurde das 3. und 4. Gleis zwischen Bad Cannstatt und dem Hauptbahnhof in Betrieb genommen.[2]

Weitere Entwicklung

Stuttgart 21

Im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 soll ein weiterer Eisenbahntunnel gebaut werden, um den jetzigen Rosensteintunnel zu ersetzen. Der Baubeginn erfolgt voraussichtlich 2010, die Inbetriebnahme 2018. Ein Erhalt des bisherigen Tunnels wurde im Zuge der Planfeststellung geprüft aber verworfen, da in diesem Fall die trennende Wirkung der oberirdischen Bahnanlagen im Unteren Schlossgarten erhalten bliebe oder in mineralwasserführende Schichten eingegriffen werden müsste.[6]

Das etwa 3,4 km lange Bauwerk soll zwischen der neuen Neckarbrücke und dem bestehenden S-Bahn-Tunnel am Hauptbahnhof entstehen. Das Bauwerk schließt sich dabei zunächst als zweigleisige Röhre an die Neckarbrücke an. Im anschließenden Kreuzungsbauwerk Ehmannstraße unterquert die Röhre die bis dahin parallel laufenden Ferngleise des Tunnels Bad Cannstatt. Nach dem Kreuzungsbauwerk verzweigt sich der Tunnel in zwei je eingleisige Röhren. Ein Ast aus Richtung des S-Bahn-Haltepunkts Nordbahnhof bindet an die bestehende Infrastruktur der S-Bahn Stuttgart an. Im Bereich der Mittnachtstraße ist dafür ein Verzweigungsbauwerk vorgesehen, in dem die Gleise von und nach Stuttgart Nord mit den Gleisen von und nach Bad Cannstatt zusammengeführt werden sollen, bevor der Tunnel am Hauptbahnhof den bestehenden Stammstreckentunnel erreicht.[7]

Der Tunnel ist Teil des Planfeststellungsabschnitts 1.5 des Projekts Stuttgart 21, für den der Planfeststellungsbeschluss am 29. Mai 2008 vorlag.

Am 12. Oktober 2010 wurde der Rohbauauftrag für den Tunnelabschnitt zwischen Nord- und Hauptbahnhof im Elektronischen Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Der zu vergebende Auftrag soll von April 2011 bis Dezember 2019 laufen.[8]

Straßentunnel B 10

Ferner ist im Zuge des Ausbaus der Bundesstraße 10 ein Straßentunnel mit zwei zweistreifigen, 1050 m langen Röhren unter dem Rosenstein geplant. Am 20. Mai 2010 stimmte der Stuttgarter Gemeinderat dem 193,5 Millionen Euro teuren Bauprojekt zu, Baubeginn wird nun 2011 sein, die Fertigstellung ist für 2017 geplant.[9] Mit dem Neubau des Straßentunnels der B 10 werden auch der Berger Tunnel und der Schwanenplatztunnel umgebaut.[10]

Bombensuche im Rosensteinpark

Im Vorfeld der Bauarbeiten wird das Gebiet entlang des Verlaufs des geplanten Tunnels nach möglichen Blindgängern abgesucht. Luftaufnahmen der Alliierten aus dem Zweiten Weltkrieg legten diese Vermutung nahe. Diese Vermutung wurde durch Funde bestätigt. Ein Teil des Parks sowie die Wilhelma wurden am 28. November 2010 für die Öffentlichkeit gesperrt, um die gefundenen Blindgänger zu entschärfen.[11]

Trivia

In seiner Venezianischen Epistel [12] berichtet Joseph Victor von Scheffel von einer „versäumte[n] und nie wieder gut zu machende[n] Gelegenheit“ im Rosensteintunnel.

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c Albert Mühl, Kurt Seidel: Die Württembergischen Staatseisenbahnen. 2. Auflage, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart, 1980, ISBN 3-8062-0249-4, S. 40 f., 264.
  2. a b c Günter Dutt: Ein Streifzug durch 150 Jahre Tunnelbauwerke in Württemberg. In: Jahrbuch für Eisenbahngeschichte, Band 28, 1996, ISSN 0340-4250, S. 47–64.
  3. a b c Michael Petersen (15. September 2010): Alter Rosensteintunnel: Licht am Anfang des Tunnels. Stuttgarter Zeitung. Abgerufen am 30. Dezember 2010.
  4. Der Rosensteintunnel. Schutzbauten Stuttgart e.V.. Abgerufen am 30. Dezember 2010.
  5. Hagel, Mensch und Natur im Stuttgarter Raum
  6. Planfeststellungsbeschluss nach § 18 Abs. 1 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) für den Umbau des Bahnknotens Stuttgart „Projekt Stuttgart 21“ Planfeststellungsabschnitt 1.5 Zuführung Feuerbach und Bad Cannstatt von Bahn-km – 4,0 – 90,3 bis – 0,4 – 42,0 und – 4,8 – 64,4 bis – 0,4 – 42,0 in Stuttgart (PDF). Eisenbahnbundesamt (13. Oktober 2006). Abgerufen am 30. Dezember 2010.
  7. Hany Azer, B. Engel: Stuttgart 21 und NBS Wendlingen–Ulm. In: Tunnel, Heft 7/2009, ISSN 0722-6241, S. 12–24 (PDF-Datei, 290 kB).
  8. D-Stuttgart: Bauarbeiten für Tunnel, Schächte und Unterführungen. Dokument 2010/S 198-302725 vom 12. Oktober 2010 im Elektronischen Amtsblatt der Europäischen Union.
  9. Zwei Röhren unterm Park
  10. Im Rosensteintunnel sollen 2015 die ersten Autos rollen
  11. Blindgänger im Rosensteinpark gefunden. Landeshauptstadt Stuttgart, Abt. Presse und Kommunikation, 10. November 2010
  12. J. V. von Scheffel: Episteln (Stuttgart 1892), S. 268 ff. (suche nach dem Text: »jenseits des dunklen Stuttgarter Bahnhofes«)

Weblinks

 Commons: Rosensteintunnel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
48.79989.2063

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