Rößel (Ermland)

Rößel (Ermland)
Reszel
Wappen von Reszel
Reszel (Polen)
DEC
Reszel
Reszel
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Ermland-Masuren
Landkreis: Kętrzyn
Fläche: 3,81 km²
Geographische Lage: 54° 3′ N, 21° 9′ O54.0521.157Koordinaten: 54° 3′ 0″ N, 21° 9′ 0″ O
Einwohner: 5.082 (30. Juni 2007[1])
Postleitzahl: 11-440
Telefonvorwahl: (+48) 89
Kfz-Kennzeichen: NKE
Wirtschaft und Verkehr
Straße: KętrzynLidzbark Warmiński
Nächster int. Flughafen: Danzig
Kaliningrad
Gemeinde
Gemeindeart: Stadt- und Landgemeinde
Fläche: 178,71 km²
Einwohner: 8.287 (30. Juni 2007)
Verwaltung (Stand: 2007)
Bürgermeister: Zdzisław Szypulski
Adresse: Rynek 24
11-440 Reszel
Webpräsenz: www.reszel.pl

Reszel [ˈrɛʃɛl] ( anhören?/i, deutsch Rößel) ist eine Kleinstadt im Norden der polnischen Woiwodschaft Ermland-Masuren.

Inhaltsverzeichnis

Geografie

Brücke über die Sajna (Zaine)

Die Stadt liegt am Nordhang des Baltischen Höhenrücken am Übergang zur Schippenbeiler Tiefebene, nicht weit von den sich östlich erstreckenden Großen Masurischen Seen. Das Stadtgebiet befindet sich über den Steilhängen des Sajna-Ufers (Zaine), einem kleinen Fluss, der in nordwestlicher Richtung an der Stadt vorbeifließt. Im Ort treffen mehrere untergeordnete Landstraßen zusammen, die entweder zur etwa 20 Kilometer westlich verlaufenden Landesstraße 57 (Bartoszyce/Bartenstein - Szczytno/Ortelsburg) oder zu den Nachbarorten Korsze/Korschen, Ketrzyn/Rastenburg und Biskupiec/Bischofsburg führen. Die Woiwodschafts-Hauptstadt Olsztyn/Allenstein ist 55 Kilometer entfernt.

Geschichte

Rößel, Stadtansicht um 1820

1241 wurde an der Stelle der heutigen Stadt, deren Name pruzzischer Herkunft ist, eine hölzerner Wehranlage der Ritter des Deutschen Ordens errichtet, das den wichtigen Handelsweg vom Frischen Haff über Heilsberg nach Polen schützen sollte. Während der Pruzzenaufstände wurde die Anlage in den Jahren 1242 und 1262 zerstört. Nach der Niederschlagung der Aufstände wurde 1273 eine feste Burg errichtet, die danach dem ermländischen Fürstbischof als Stützpunkt diente. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts begann unter der Leitung des Lokators Elerus von Braunsberg die Besiedlung des Burgvorlandes, hauptsächlich durch Braunsberger Einwohner. 1337 hatte sich die Ansiedlung so gefestigt, dass ihr unter dem Namen Rößel das Stadtrecht verliehen werden konnte. Die Burg wurde 1347 von den litauischen Großfürsten eingenommen und erneut zerstört. Unter den Bischöfen Johann von Meißen und Johann Stryprock wurde in den Jahren von 1350 bis etwa 1371 eine neue Burganlage, das heute noch vorhandene Schloss, errichtet.

1347 hatten sich Augustinermönche niedergelassen, die in der Nähe der Burg ein kleines Kloster und die Johanniskirche errichteten. 1353 ging die Stadt in das Eigentum der Bischöfe von Ermland über. Von 1373 bis 1401 wurde eine Stadtmauer mit Wehrtürmen errichtet. Am südlichen Rand der Stadt entstand in den Jahren von 1360 bis 1381 eine dreischiffige Hallenkirche, die heutige Pfarrkirche St. Peter und Paul. 1440 wurde die Stadt an den Deutschen Orden verpfändet. 66 Jahre später befand sich Rößel wieder unter ermländischer Obrigkeit und kam damit zu Polen, zum so genannten „Königlichen Preußen“. 1520 übergab Sigismund I. die Burg an tschechische Söldner, die von dort aus die Umgebung plünderten. Während des „Reiterkrieges“, der letzten militärischen Auseinandersetzung zwischen dem Deutschen Orden und Polen, war Rößel von 1520 bis 1521 ein polnischer Militärstützpunkt, von welchem aus Angriffe gestartet wurden. Während des 16. Jahrhunderts entwickelte sich in Rößel das Handwerk, vor allem Rüstungen und Waffen wurden hergestellt. Später kamen Kunsttischler und Goldschmiede hinzu, deren Fertigkeiten über die Stadt hinaus geschätzt wurden. 1632 übernahmen Jesuiten das seit über hundert Jahren verlassene Augustinerkloster und richteten dort ein Kolleg ein, das in den ersten Jahren 15 Schüler kostenlos unterrichtete. Aus ihm entwickelte sich später ein staatliches Gymnasium. 1656 und 1704 wurde Rößel von den Schweden besetzt und war 1772 mit etwa 3030 Einwohnern nach Braunsberg und Heilsberg die drittgrößte Stadt im Ermland, noch größer als Allenstein (1770 Einwohner). Im selben Jahr kam Rößel im Ergebnis der ersten Teilung Polens zusammen mit dem gesamten Fürstbistum Ermland zum preußischen Staat. Die vom Bistum aufgegebene Burg wurde 1780 zu einem Zuchthaus umbebaut.

Am 27. und 28. Mai 1806 wurde die Stadt durch einen großen Brand zerstört, in dessen Folge sie fast ganz neu aufgebaut werden musste. Erst 1816 waren das Rathaus und 1817 die Pfarrkirche wiederhergestellt. Die ebenfalls zerstörte Burg überließ der preußische König Friedrich Wilhelm III. teilweise der evangelischen Gemeinde, die sich dort eine Kirche und ein Pfarrhaus errichtete. Insgesamt dauerte der Wiederaufbau der Stadt bis 1840. Den Brand lastete man ungerechtfertigterweise der Magd Barbara Zdunk an, die ihn durch Zauberkraft entfacht haben sollte. Sie fiel 1807 der letzten Hexenhinrichtung in Europa zum Opfer. Von 1818 bis 1862 befand sich das Landratsamt des Kreises Rößel in der Stadt, danach wurde es nach Bischofsburg verlegt, da der neue Landrat sein Gut in dessen Nähe hatte. Im Rahmen des um 1850 beginnenden Ausbaus des Straßennetzes in der Region wurde Rössel an die spätere Reichsstraße 141 angeschlossen, die sie mit Rastenburg und Bischofsburg verband. Im Jahre 1885 hatte Rößel 4627 überwiegend katholische Einwohner und hatte als Gymnasialstadt eine gewisse Bedeutung erlangt. Das Wirtschaftsleben wurde durch Webkammherstellung, Landmaschinenbau, durch eine Eisengießerei und zwei Mühlen geprägt. Erst 1908 wurde Rößel als zweitletzte Stadt Ostpreußens durch die Bahnlinie Heilsberg—Rastenburg an das Schienennetz angeschlossen. Während des Ersten Weltkrieges hatten Hindenburg und Ludendorff vom 7. bis 11. September 1914 ihr Generalstabsquartier in der Taubstummenanstalt von Rößel eingerichtet, und leiteten von dort aus die Schlacht an den masurischen Seen.

Aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrag stimmte die Bevölkerung im Abstimmungsgebiet Allenstein, zu dem auch Rößel gehörte, am 11. Juli 1920 über die weitere staatlich Zugehörigkeit zu Deutschland oder den Anschluss an Polen ab. Im gesamten Landkreis Rößel stimmten 97,90 % für den Verbleib bei Deutschland.[2]

1939 hatte sich die Zahl der Einwohner auf 5045 erhöht. Am 28. Januar 1945 besetzte die Rote Armee Rößel ohne größere Kampfhandlungen. Da die Einwohner nicht evakuiert worden waren, wurde viele von ihnen Opfer gewalttätiger Übergriffe durch die sowjetischen Soldaten. Der Stadt blieb im Gegensatz zu den meisten anderen Städten in Ostpreußen eine flächendeckende Zerstörung erspart, jedoch wurde die deutsche Bevölkerung mit Ausnahme des Krankenhauspersonals bereits am 10. Februar 1945 aus der Stadt ausgewiesen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam Rößel mit dem südlichen Ostpreußen unter polnische Verwaltung, wurde in Reszel umbenannt und war von 1945 bis 1975 Sitz eines Kreises (1948: 2135 Einwohner), danach Stadtgemeinde in der Woiwodschaft Allenstein und seit 1999 ist sie wieder Sitz eines Kreises (Powiat). Etwa 250 Einwohner gehören dem Verband der deutschen Minderheit an.

Sehenswürdigkeiten

Schloss
  • die Altstadt, die zu den am besten erhaltenen der Region zählt
  • die Kirche St. Peter und Paul (Ursprung 14. Jahrhundert)
  • das Jesuitenkollegium (17. Jahrhundert, später erweitert)
  • das Schloss, 1350 bis 1401 im Stil der Backsteingotik errichtete ehemalige Bischofsburg, teilweise öffentlich zugänglich, teilweise Hotel
  • das Rathaus (19. Jahrhundert)
  • das Kloster (18. Jahrhundert)
  • die Kirche Johannes des Täufers (18. Jahrhundert)

Bedeutende Personen

  • Jodokus Willich (* 1501), Mediziner
  • Barbara Zdunk (1769–1811), vermeintliche Brandstifterin und Hexe
  • Andreas Thiel (1826–1908), Bischof des Ermlands zwischen 1885 und 1908

Gemeinde

Zu Stadt- und Landgemeinde Reszel gehören die Ortschaften:

polnischer Name deutscher Name
(bis 1945)
polnischer Name deutscher Name
(bis 1945)
polnischer Name deutscher Name
(bis 1945)
Bertyny Bertienen Lipowa Góra Lindenberg Śpigiel Spiegels
Bezławecki Dwór Mała Bertynówka Śpiglówka Spieglowken
1938–45 Spiegelswalde
Bezławki Bäslack Mnichowo Groß Mönsdorf Staniewo Ottoswalde
Biel Weißensee Mojkowo Stąpławki Adlig Stumplack
1928–45 Stumplack
Czarnowiec Schwarzenberg Niewodnica Fischbach Święta Lipka Heiligelinde
Dębnik Damerauwald Pasterzewo Pastern Tolniki Małe Tollnigk
Grodzki Młyn Burgmühle Pieckowo Pötschendorf Wanguty Wangotten
Grzybowo Pilec Pülz Widryny Widrinnen
Kępa Tolnicka Atkamp Plenowo Plönhöfen Wola Dürwangen
Klewno Klawsdorf Pudwągi Paudling Wólka Pilecka Stechernsruh
Kocibórz Kattmedien Ramty Ramten Wólka Ryńska Rheindorfshof
Łabędziewo Labendzowo
1932–45 Schwanau
Reszel Rössel Worpławki Worplack
Leginy Legienen Robawy Robawen
1938–45 Robaben
Zawidy Soweiden
Łężany Loszainen
1936–45 Loßainen
Siemki Scharfs

Städtepartnerschaften

Verweise

Weblinks

Fußnoten

  1. Główny Urząd Statystyczny, „LUDNOŚĆ - STAN I STRUKTURA W PRZEKROJU TERYTORIALNYM“, Stand vom 30. Juni 2007
  2. Erwin Poschmann: Der Kreis Rößel. Ein ostpreußisches Heimatbuch. 3. Auflage. Heimatbund des Kreises Rößel, Kaltenkirchen/Holstein 1991

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