Sorbische Literatur

Sorbische Literatur

Sorbische Literatur bezeichnet die literarischen Werke der Sorben in Vergangenheit und Gegenwart, die in einer der sorbischen SchriftsprachenObersorbisch oder Niedersorbisch – verfasst wurden.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Handrij Zejler, Begründer der modernen sorbischen Literatur

Erste Texte und mündliche Überlieferung

Der älteste erhaltene sorbische Text ist der Bautzener Bürgereid aus dem Jahr 1532, ein Huldigungseid in obersorbischer Sprache. Eine sorbische Literatur entstand erst im Zusammenhang mit der Reformation, die zu ihrer Ausbreitung auf die sorbische Volkssprache angewiesen blieb. Bis ins 19. Jahrhundert beschränkte sich die niedergeschriebene und gedruckte sorbische Literatur fast ausschließlich auf religiöse und wirtschaftliche Inhalte. Mikławš Jakubica übertrug 1548 das Neue Testament handschriftlich ins Niedersorbische. Das erste gedruckte Werk ist im Niedersorbischen Martin Luthers Gesangbuch in der Übersetzung Albin Mollers (1574), im Obersorbischen Luthers Kleiner Katechismus (1597). Ende des 16. Jahrhunderts folgte die Katechismusübersetzung des Obersorben Wenceslaus Warichius, zu Beginn des 17. Jahrhunderts erschien der niedersorbische Katechismus des Andreas Tharaeus. Der Dreißigjährige Krieg brachte eine Unterbrechung, erst danach folgte die Übersetzung des Neuen Testaments durch Michał Frencel.

Im Zeitalter des Barock regte sich erstmals ein philologisches Interesse an der sorbischen Sprache, das sich in den umfangreichen grammatikalisch-lexikalischen Werken des Niedersorben Johannes Choinan sowie der Obersorben Jurij Hawštyn Swětlik und Xaver Jakub Ticin niederschlug.

Daneben wurde aber die mündliche Überlieferung sorbischer Lieder, Märchen und Sagen gepflegt, die auch in die deutschsprachige Literatur eingingen. So griffen etwa Jurij Brězan (1968, 1976, 1993) und Otfried Preußler (1971) den Stoff der sorbischen Krabatsage auf.

Die moderne sorbische Literatur

Mit der Entwicklung des Nationalgefühls im 19. Jahrhundert erhob sich auch eine eigenständige moderne sorbische Literatur, als deren Begründer der Obersorbe Handrij Zejler (1804–1872) gilt. Jan Arnošt Smoler (1816–1884) und Jan Pětr Jordan (1818–1891) leisteten mit ihren philologischen Arbeiten, der Sammlung sorbischer Volkslieder und ihrer journalistischen Tätigkeit wichtige Beiträge zur aufblühenden Slavistik.

Zu den Klassikern dieser Periode werden auch Jakub Bart-Ćišinski (1856–1909) und die niedersorbische Dichterin Mina Witkojc (1893–1975) gezählt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte auch eine rege wissenschaftliche und kulturpolitische Tätigkeit ein, die vor allem vom Verein Maćica Serbska ausging, den Zejler 1847 in Bautzen zur Herausgabe sorbischer Werke gründete. Der Philologe Michał Hórnik (1833–1894) gründete die katholische Zeitung Katolski Posoł und wirkte bei der Vereinheitlichung der obersorbischen Schriftsprache. Křesćan Bohuwěr Pful (1825–1889) reformierte die Rechtschreibung und schuf damit die Grundlagen für die moderne sorbische Schriftsprache. 1880 gründeten die Niedersorben in Cottbus eine Zweigstelle der Maćica Serbska.

1882 gründete der Philologe Arnošt Muka (1854–1932) die Zeitschrift Łužica, die zum bedeutendsten Publikationsorgan der sorbischen Literatur wurde. Nur allmählich löste sich diese aus dem national-folkloristischen Bereich, so mit der Erlebnislyrik von Jakub Bart-Ćišinski (1856–1909) und Jan Skala (1889–1945), der erstmals soziale Motive aufgriff. In der Prosa dominierten weiterhin volkstümliche Dorfgeschichten und Abwandlungen historisch-romantischer Stoffe, so bei Jakub Lorenc-Zalěski (1874–1939) und Marja Kubašec (1890–1976). Eine Ausnahme bilden lediglich die humorvoll-realistischen Reiseberichte von Měrćin Nowak-Njechorński (1900–1990). Die dramatischen Erzeugnisse waren fast ausschließlich für Laienbühnen gedacht.

Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde die sorbische Sprache und Kultur unterdrückt, schriftliche Äußerungen ab 1937 gar verboten. Schriftsteller wie Marjana Domaškojc dichteten illegale Lyrik und ließen die demokratische sorbische Literatur weiterleben. Zu Zeiten der DDR wurde die sorbische Literatur wieder stark gefördert, jedoch vor allem im Sinne des „Aufbaus des Sozialismus“.

Vertreter der sorbischen Gegenwartsliteratur sind etwa Jurij Brězan, Kito Lorenc, Jurij Koch, Angela Stachowa, Róža Domašcyna, Jan Cyž, Marja Krawcec und Marja Brězanec.

Weblinks

Literatur

  • Petr Malink: Die sorbische Literatur. 2 Bände, Bautzen 1958‒59.
  • Elisabeth Pribič-Nonnenmacher: Die Literatur der Sorben, in: Kindlers Literatur Lexikon im dtv in 24 Bänden, Band 2, Seite 402, München 1974, ISBN3-423-03142-5

Siehe auch


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