Soutine

Soutine
Amedeo Modigliani: Chaim Soutine (1916), Privatsammlung

Chaim Soutine (* 1893 in Smilowitchi, Weißrussland; † 9. August 1943 in Paris; eigentlich Chaim Soutin) war ein französischer Maler litauisch-jüdischer Abstammung.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Chaim Soutine wurde 1893 in Smilowitchi geboren, einem weißrussischen Dorf in der Nähe von Minsk mit etwa 400 Einwohnern. Soutine war das zehnte von elf Kindern eines bettelarmen jüdischen Flickschneiders, nicht einmal eines Schneiders, wie es so oft heißt. Soutines Familie stand auf der untersten Stufe der sozialen Rangordnung. Sein Werk als Maler ist von schmerzhaften Erfahrungen gekennzeichnet, die er mit manch anderem im Ghetto teilte. Smilowitchi bestand aus einer tristen Ansammlung baufälliger Holzhäuser. Darüber spannte sich fast immer ein düsterer, graugrüner Himmel. Seine Mutter war früh gealtert, immer voller Sorgen und schweigsam, und ging nicht besonders liebevoll mit ihren zahlreichen Nachkommen um. Bereits im Alter von 13 Jahren zeichnete Soutine gern und machte auf jedem verfügbaren Fetzen Papier Skizzen oder bemalte die Wände mit Holzkohle. Auf Wunsch seines Vaters sollte er Schuster oder Schneider werden.

Schulzeit

1909 fuhren Soutine und sein Schulfreund Michel Kikoїne nach Minsk, um Künstler zu werden. Ihr erster Lehrer in Minsk war ein Mann namens Krüger, der Privatstunden gab und Erfolg in drei Monaten garantierte. 1910 ging Soutine nach Vilnius und immatrikulierte sich an der Kunstakademie Vilnius für ein dreijähriges Studium welches er 1913 abschloss. Er hatte es geschafft, in dieser Zeit genug Geld für eine Zugfahrkarte nach Frankreich zu sparen und kam noch im Juli in Paris an.

Pariser Zeit

Der Maler Pinchas Krémègne, mit dem Soutine in Wilna zusammen die Akademie besucht hatte, wohnte bereits in „La Ruche“ einem baufälligen, aus einer Vielzahl von Künstlerateliers bestehenden Gebäude in Montparnasse, einem Stadtteil von Paris. Krémègne führte Soutine in den Ateliers ein, wo zeitweise Alexander Archipenko, Marc Chagall, Moise Kisling, Fernand Léger, Henri Laurens, Amedeo Modigliani und Ossip Zadkine lebten und arbeiteten. Modigliani sollte später ein enger Freund und Förderer Soutines werden, der ihn seinem Mäzen und Kunsthändler Leopold Zborowski vorstellte.

Soutine schrieb sich für kurze Zeit in der Akademie Fernand Cormons ein, der Jahrzehnte vorher van Gogh und Henri de Toulouse-Lautrec unterrichtet hatte. Vorbilder fand Soutine bei El Greco, Velazquez und Rembrandt. Die stärksten Eindrücke erfuhr er jedoch durch Paul Cézanne, Vincent van Gogh und Pierre Bonnard. Ein weiterer wichtiger formaler Einfluss zeigt sich in verschiedenen Bildern, die Anfang 1918 entstanden sind. Bonnard zeigte ihm, wie man die Farbe noch „nass“ und in dichtstrukturierte Malweise verarbeitet.

1918 verließ er Paris, zum ersten Mal seit seiner Ankunft in Frankreich, und fuhr zusammen mit Modigliani nach Cagnes-sur-Mer in Südfrankreich.

Céret-Zeit

1919 besuchte er Céret in den französischen Pyrenäen nahe der spanischen Grenze, wohin er für etwa drei Jahre übersiedelte. In den nächsten drei Jahren, von 1919 bis 1922 sind etwa 200 Bilder entstanden. In Céret malte Soutine hauptsächlich Landschaften, aber einige Porträts nehmen in seinem Gesamtwerk einen besonderen Platz ein. Soutines stilistische Entwicklung in Céret zeigt sich aber am deutlichsten in seinen Landschaften. Während der Cagnes-Zeit, 1923 bis 1925 verbrachte er seine Zeit abwechselnd in Cagnes oder benachbarten Dörfern und in Paris. Er trifft in diesen Jahren Deborah Melnik, eine Jüdin, die er aus Wilna kannte. Kurz darauf wurde eine Tochter geboren. Soutine bestreitet die Vaterschaft und verlässt Mutter und Kind. Von 1925 bis 1929 lebte Soutine zum größten Teil in Paris. Seine Bilder aus dieser Zeit sind überwiegend Stillleben; tote Fasane, Truthähne, Kaninchen und Ochsenkadaver. Der berühmte Ankauf von Soutine Gemälden im Jahre 1923 durch Dr. Albert C. Barnes und weitere Ankäufe andere Sammler im Jahr darauf riefen eine Nachfrage nach seinen Bildern hervor. Damit hörten Soutines finanzielle Sorgen auf. 1932 stirbt Zborowski. Die Castaings werden Soutines Mäzene und Sammler.

Letzte Jahre

Von 1930 bis 1935 verbrachte Soutine die Sommermonate in der Nähe von Chartres auf dem Landschloss seiner Gönner. 1935 Einzelausstellung in den USA im Chicago Arts Club. 1937 begegnet er Gerda Groth, einem deutschen Flüchtling, der er den Spitznamen „Mile Garde“ gibt. Am 15. Mai 1940 wird sie zusammen mit anderen Deutschen, die in Paris leben, in das Konzentrationslager Camp de Gurs in den Pyrenäen deportiert. Er lernt im November Marie-Berte Aurenche kennen, die ehemalige Frau von Max Ernst. Sie wird seine Gefährtin. Unter der deutschen Besatzung war Soutine als registrierter Jude gezwungen, außerhalb von Paris in anderen kleinen Orten Zuflucht zu suchen. Im August 1943 erlitt er einen schweren Magendurchbruch. Soutine starb am 9. August 1943 während der Operation. Am 11. August wird er auf dem Friedhof von Montparnasse beigesetzt. Unter den wenigen Trauergästen waren Pablo Picasso und Max Jacob.

Nachbetrachtung

Im Jahr 1964 wurden Arbeiten von ihm auf der documenta III in Kassel in der Abteilung Malerei gezeigt.

Literatur

  • Andrée Collié: Erinnerungen an Chaïm Soutine – 1944. Aus dem Französischen übersetzt von Elisabeth Edl. Basel: Piet Meyer Verlag 2008.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • SOUTINE (C.) — La brusque irruption, au sein de l’école de Paris, d’artistes issus des communautés juives de l’ancien monde slave et qu’aucune tradition artistique ne prédisposait à leur destin est un des événements caractéristiques du début du XXe siècle et… …   Encyclopédie Universelle

  • Soutine —   [su tin], Chaim, eigentlich C. Soutin [su tɛ̃], französischer Maler litauischer Herkunft, * Smilowitschi (bei Minsk) 1893, ✝ Paris 9. 8. 1943; lebte ab 1913 in Paris (Kontakte mit M. Chagall und A. Modigliani im Kreis der École de Paris), 1919… …   Universal-Lexikon

  • Soutine — Soutine, Chaim …   Enciclopedia Universal

  • Soutine — (Chaïm) (1893 1943) peintre français d origine lituanienne. Ses oeuvres expressionnistes sont travaillées en pleine pâte: série des Boeuf écorché (1925) …   Encyclopédie Universelle

  • Soutine — (izg. sutȋn), Chaïm (Hajim) (1894 1943) DEFINICIJA francuski slikar; osebujno ekspresionističko viđenje svijeta izraženo širokim potezima, s elementima groteske, fantastike i potištenosti (Autoportret) …   Hrvatski jezični portal

  • Soutine — [so͞o tēn′] Chaim [khī′im] 1894 1943; Fr. painter, born in Lithuania …   English World dictionary

  • Soutine — Chaïm Soutine Chaïm Soutine est un peintre français né en Biélorussie dans le village de Smilovitchi, près de Minsk en 1893[1]. Il est mort à Paris, le 9 août 1943. Il a développé précocement une vision et une technique de peinture très …   Wikipédia en Français

  • Soutine — noun French expressionist painter (born in Lithuania) (1893 1943) • Syn: ↑Chaim Soutine • Instance Hypernyms: ↑painter …   Useful english dictionary

  • SOUTINE, CHAIM — (1893–1943), Russian French painter. Soutine was born at Smilovitchi in Lithuania, the tenth of eleven children of a poor tailor. Chaim was interested in nothing but drawing, and at the age of fourteen he ran away, first   to Minsk, then to Vilna …   Encyclopedia of Judaism

  • Soutine, Chaim — born 1893/94?, Smilovichi, near Minsk, Russian Empire died Aug. 9, 1943, Paris, Fr. Russian born French painter. After studying art in Vilnius, he went to Paris in 1913 to study at the École des Beaux Arts. An art dealer enabled him to paint for… …   Universalium

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”