Taxi Scharia

Taxi Scharia

Taxi Sharia – Das Grauen hat vier Räder gilt als erste Comedyreihe in Deutschland, die sich in politisch inkorrekter Form über Migranten, insbesondere Türken in Deutschland, lustig machte, indem sie besonders sprachliche Defizite fokussierte.[1][2] Als Radiocomedy des SWR3 1998 erstgesendet[3] wurde die Reihe ein großer überregionaler Erfolg und fand noch Ende der neunziger Jahren viele Nachahmer sowohl im deutschen Radio- als auch Fernsehprogramm[4]. Linguisten sahen das Wort-Programm allerdings kritisch als „trendstiftend für die neue Respektlosigkeit gegenüber Ausländern“[5] an.

Die Hauptcharaktere der Radio Comedy sind der Taxifahrer Ützwurst, gesprochen von Sascha Zeus und der Fahrgast Osterwelle, den Michael Wirbitzky mimt.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

In der Serie von Folgen unter zwei Minuten Länge treten ein türkischer Taxifahrer namens Ützwurst (dieser Name stellt eine Verballhornung eines türkischen Namens dar) und ein Fahrgast mit Namen Osterwelle (Name und Sprechduktus legen nah, dass die Figur auf den Politiker Guido Westerwelle anspielen soll, allerdings lässt sie sich rein inhaltlich besser als „oberlehrerhaft-toleranter, liberal-ausländerfreundlicher Spießer“[6] beschreiben, der betont Hochdeutsch spricht.) auf. Darüber hinaus schaltet sich per Funk immer wieder die Taxi-Zentrale ins Spiel ein, die den Eindruck erweckt, dass sie nicht nur alles, was im Taxi gesprochen wird, mitbekommt sondern auch ansonsten - in Art einer übergeordneten Instanz - omniscient ist. Jede Ausgabe der Comedy beginnt mit der Frage des Fahrers „Wo du wolle?“. Aufgrund der großen Diskrepanz des dargestellten Sprachniveaus des Fahrgastes, der einen sehr elaborierten Code verwendet, und des Fahrers, der nur gebrochen deutsch spricht, kommt es in der Folge häufig zu Missverständnissen oder der Fahrer lässt den Fahrgast aufgrund eines anderen Anlasses an seiner eigenartigen Weltsicht teilhaben. Der abschließende Running-Gag ist zunächst stets, dass der Taxifahrer, ein großer Elvis-Fan und Verfechter der Elvis lebt-Theorie, egal welches Fahrziel der Fahrgast nennt, letztendlich am Ende immer „...fahre Memphis!“ sagt, womit sich der Fahrgast nicht einverstanden erklärt. Eine Stimme aus dem Off schließt dann mit Sätzen wie „Und so starten Ützwurst und Osterwelle zu einer weiteren Pilgerfahrt nach Memphis“. Dieser Gag wird später dadurch ausgetauscht, dass der Fahrgast auf Geheiß des Fahrers einen Raki trinken muss ("Türkische Sprichwort sage: >> Raki jeden Tagi <<", weil angeblich eine Schnapszahl im Verlauf des Gesprächs aufgetaucht sei.

Wirkung

Die Sendung war so erfolgreich, dass der SWR insgesamt drei CDs mit Folgen herausgab. Das Südwest Fernsehen brachte „Taxi Sharia“ auch als kurze Verfilmung. Weitere Hörfunksender erhielten vom SWR-Lizenzen für eine Ausstrahlung der Reihe, z.B. auch ein Privatsender wie Radio Hamburg. 2000 wurde eine CD-Ausgabe der Sendung überdies als „Comedy Produktion des Jahres“ für den ECHO nominiert.

„Taxi Sharia“ wird als der erste Vorbote für eine gegen Ende der 1990er nachfolgende regelrechte Flut von Ethno-Comedys, die sich zum Teil gleicher Muster bedienten, genannt. Zu ihnen gehörten zahlreiche weitere Radiocomedys, im Fernsehen waren Mundstuhls „Dragan & Alder“, Erkan & Stefan, Supa-Richie, die Michael Freidank-Produktionen direkt folgende Produktionen[7], später auch Was guckst du?!.[8] Nachfolgesendungen hatten zum Teil weiter das gebrochene Deutsch der Gastarbeiter-Generation im Fokus, übertrieben und erfanden aber auch vermehrt migrantische Jugendslangs. Wissenschaftler sehen in den Nachfolgesendungen einen wenig positiv prägenden Einfluss auf das Ausländerbild insbesondere von Jugendlichen.[9] Bis zum Auftauchen erster Migranten in den Massenmedien, die sich ähnlichen Humors bedienten (vgl. Kaya Yanar), schien die mit „Taxi Sharia“ beginnende Neuerung in der Rundfunkunterhaltung, nämlich, dass sich die deutsche Mehrheitsgesellschaft über die sogenannten Ausländer lustig macht, allerdings „ungeheuerlich“[10][11].

Tonträger

  • Wo du wolle? (CD 1)
  • Fahre Memphis – Die neue „Wo du wolle?“ (CD 2)
  • Mit 80 Sachen um die Welt (CD 3)

Einzelbelege

  1. Inci Dirim, Peter Auer: Linguistik & Impulse - Türkisch sprechen nicht nur die Türken, Über die Unschärfebeziehung von Sprache und Ethnie in Deutschland. de Gruyter 2004, S. 8
  2. Frank Heidemann, Alfonso de Toro: New Hybridities: Societies and Cultures in Transition. Georg Olms Verlag 2006, S. 1990
  3. Hueber: Deutsche Sprache. Institut für Deutsche Sprache 2002, S. 327
  4. Frank Heidemann, Alfonso de Toro: New Hybridities: Societies and Cultures in Transition. Georg Olms Verlag 2006, S. 1990
  5. Inci Dirim, Peter Auer: Linguistik & Impulse - Türkisch sprechen nicht nur die Türken, Über die Unschärfebeziehung von Sprache und Ethnie in Deutschland. de Gruyter 2004, S. 8
  6. Inci Dirim, Peter Auer: Linguistik & Impulse - Türkisch sprechen nicht nur die Türken, Über die Unschärfebeziehung von Sprache und Ethnie in Deutschland. de Gruyter 2004, S. 8
  7. Frank Heidemann, Alfonso de Toro: New Hybridities: Societies and Cultures in Transition. Georg Olms Verlag 2006, S. 1990
  8. Inci Dirim, Peter Auer: Linguistik & Impulse - Türkisch sprechen nicht nur die Türken, Über die Unschärfebeziehung von Sprache und Ethnie in Deutschland. de Gruyter 2004, S. 12
  9. Bernd Schorb: „Was guckst du, was denkst du?“ - der Einfluss des Fernsehens auf das Ausländerbild von Kindern im Alter von 9 bis 14 Jahren, Unabhängige Landesanstalt für Rundfunk und neue Medien 2003
  10. Inci Dirim, Peter Auer: Linguistik & Impulse - Türkisch sprechen nicht nur die Türken, Über die Unschärfebeziehung von Sprache und Ethnie in Deutschland. de Gruyter 2004, S. 12
  11. Karin Keding, Anika Struppert: Ethno-comedy im deutschen Fernsehen: Inhaltsanalyse und Rezipientenbefragung zu „Was guckst du?!“ Frank & Timme GmbH, 2006

Weblink


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