Theatrum Europaeum

Theatrum Europaeum
Titelkupfer des Theatrum Europaeum, Matthäus Merian zugeschrieben.

Theatrum Europaeum ist der Titel eines von Matthäus Merian begründeten und zwischen 1633 und 1738 in 21 Quartbänden erschienenen deutschsprachigen Geschichtswerkes. Besondere Bedeutung kommt der Reihe von Chroniken durch ihre zeitnah verfassten Schilderungen des Dreißigjährigen Krieges und der Regierungszeit Ludwigs XIV. sowie durch ihre 720 Kupfertafeln zu, von denen rund 140 von Merian selbst gestochen wurden. Der Umfang der Bände liegt zwischen rund 400 und 1500 Seiten.

Inhaltsverzeichnis

Publikationsgeschichte

Im Jahr 1633 publizierte der Kupferstecher und Verleger Matthäus Merian ein Werk mit dem Titel Historischer Chroniken Continuation oder Warhaffte Beschreibung aller … denckwürdigen Geschichten, so sich hin und wieder von 1629 biß 1633 zugetragen. Mit dem Wort Continuation (dt. „Fortsetzung“) knüpfte das Werk explizit an die Weltchronik Johann Ludwig Gottfrieds (um 1584–1633) an, die seit 1629 im selben Verlag erschien. Als Autor verpflichtete Merian den Elsässer Lehrer Johann Philipp Abele (zumeist: Abelin), der nach Gottfrieds Tod auch schon den letzten Band der Weltchronik geschrieben hatte. Die zwischen dem Ende der Gottfriedschen Chronik und der Continuation entstandene Lücke wurde 1635 mit einem weiteren Band geschlossen, der erstmals den späteren Titel der Reihe Theatrum Europaeum trug.

Zwei Jahre später ließ Merian den ersten Band von Johann Flitner (1618–1678) umarbeiten und begründete dies mit dem mangelnden Fleiß und der „Partheyligkeit“ Abeles. Der renommierte Merian-Experte Lucas Heinrich Wütherich bemerkt hierzu, man gewänne den „Eindruck, es sei ihm seine deutlich geäußerte politische Einstellung gegen die Kaiserlichen und für die Schweden nach Gustav Adolfs Tod und besonders nach der für die Protestanten folgenschweren Niederlage bei Nördlingen 1634 nachträglich verübelt worden.“ [1] Für den dritten und vierten Band gewann Merian Heinrich Oraeus und für den fünften Band den Arzt Johann Peter Lotichius (1598–1669) als Autoren. Die bis zu Merians Tod im Jahr 1650 erschienenen fünf Bände wurden in insgesamt elf Auflagen gedruckt, was darauf hindeutet, dass das Unternehmen wirtschaftlich äußerst erfolgreich war.

Nach Merians Tod wurde das Werk von seinen Nachfahren weitergeführt. Als Autor wurde Johann Georg Schleder verpflichtet, der die Reihe zunächst mit dem sechsten Band unter dem Titel Theatri Europaei Sechster und letzter Theil abschloss. Nach einer Unterbrechung von elf Jahren wurde die Reihe – offenbar aufgrund der immer noch vorhandenen Nachfrage – mit einem ebenfalls von Schleder verfassten siebten Band fortgesetzt. Auf Schleder folgten Martin Meyer und Wolfgang Jacob Geiger als Autoren, wobei letzterer nur den zweiten Teil des zehnten Bandes schrieb. Für die Bände elf bis fünfzehn ist kein Autor nachzuweisen. Für die Bände sechzehn bis einundzwanzig ist Daniel Schneider als Verfasser bezeugt. Der letzte Band wurde nach dem 1734 erfolgten Bankrott des Merianschen Verlagshauses von einem unbekannten Frankfurter Verleger im Jahr 1738 herausgegeben; danach wurde das Erscheinen eingestellt.

Auflagenübersicht

Band[2] Abgedeckter Zeitraum Autor Auflage
I. II. III. IV. V. VI.
1. 1618−1629 Joh. Phil. Abelin 1635 1643 1662 nach 1662
2. 1629−1633 Joh. Phil. Abelin und Joh. Flittner 1633 1637 1646 1679 nach 1679 (nach 1679)
3. 1633−1638 Hch. Oraeus[3] 1639 1644 1670 nach 1670 nach 1670
4. 1638−1643 I.P.A.[4] V.M. 1643 nach 1643 1648 1692
5. 1643−1647 Joh. Peter Lotichius 1647 1651 1707
6. 1647−1651 Joh. Georg Schleder 1652 1663 nach 1663
7. 1651−1658 Joh. Georg Schleder 1663 1685 nach 1685
8. 1658−1660 Martin Meyer 1667 1693
9. 1661−1665 Martin Meyer 1672 1699
10. 1666−1671 Martin Meyer und Wolfg. Jacob Geiger 1677 1703
11. 1672−1679 (anonym erschienen) 1682 wohl 1707
12. 1679−1687 (anonym erschienen) 1691 nach 1691
13. 1687−1691 (anonym erschienen) 1698
14. 1691−1695 (anonym erschienen) 1702
15. 1696−1700 (anonym erschienen) 1707
16. 1701−1703 Daniel Schneider (anonym erschienen) 1708 1717 nach 1717
17. 1704−1706 Daniel Schneider 1718 1720
18. 1707−1709 Daniel Schneider 1720
19. 1710−1712 Daniel Schneider 1723 nach 1723
20. 1713−1715 Daniel Schneider 1734
21. 1716−1718 Daniel Schneider und Gabriel Schweder 1738

Literatur

  • Lucas Heinrich Wüthrich: Abschnitt Theatrum Europaeum, in: Ders., Das druckgraphische Werk von Matthaeus Merian d. Ae., Band 3: Die großen Buchpublikationen, Teil 1: Die Merianbibel, Gottfrieds Chronik, Theatrum Europaeum, De Brys Reisen, Archontologia Cosmica, Basler Totentanz, Verlagskataloge (ohne die Topographien), Hamburg 1993, ISBN 3-455-08523-7, S. 113−272 (einschlägige Werkbeschreibung mit einem Verzeichnis der Auflagen, der Kupfertafeln, der Portraitstiche und verschiedenen Registern).
  • Hermann Bingel: Das Theatrum Europaeum. Ein Beitrag zur Publizistik des 17. und 18. Jahrhunderts, Berlin 1909 (Dissertation, auch online als digitale Fassung der Druckvorlage Schaan/Liechtenstein 1982 über die Universitätsbibliothek Augsburg im Format PDF verfügbar).
  • Ulrike Valeria Fuss: Matthaeus Merian der Ältere: Von der lieblichen Landschaft zum Kriegsschauplatz - Landschaft als Kulisse des 30jöhrigen Krieges, Frankfurt 2000, ISBN 978-3-631-35558-9 (siehe Kapitel: "Theatrum Europaeum: die Stadt als Kriegsschauplatz (Lützen, Koblenz, Augsburg)").

Weblinks

  • Theatrum Europaeum. Digitalisat der Universitätsbibliothek Augsburg. Der Inhalt jedes Bandes ist über ein Register erschlossen; einzelne Seiten können als Graustufenscans im Format PDF heruntergeladen werden; die 95 im ersten Band enthaltenen Druckgraphiken sind in einer separaten Zusammenstellung abrufbar.
 Commons: Engravings of Theatrum Europaeum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Wüthrich, Theatrum Europaeum, Einleitung, S. 113–118, hier S. 115.
  2. Alle Angaben nach Wüthrich, Theatrum Europaeum, S. 120.
  3. Nicht Abelin, wie im Titel angegeben, da dieser bereits am 12. September 1634 starb.
  4. Auch hier ist als Verfasser trotz der Verwendung der Initialen „I.P.A.“ (für Johann Philipp Abelius) Heinrich Oraeus von Assenheim anzunehmen.

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