Thermogravimetrische Analyse

Thermogravimetrische Analyse

Die Thermogravimetrische Analyse (TGA), auch Thermogravimetrie genannt, ist eine analytische Methode bzw. Methode der Thermischen Analyse oder Thermoanalytik, bei der die Masseänderung einer Probe in Abhängigkeit von der Temperatur und Zeit gemessen wird. Die Probe wird dazu in einem kleinen Tiegel aus temperaturstabilem und inertem Material (z. B. Platin oder Aluminiumoxid) in einem Ofen auf Temperaturen bis zu 2400 °C erhitzt. Der Probenhalter ist an eine Mikrowaage gekoppelt, welche die Masseänderungen während des Aufheizvorgangs registriert. Ein Thermoelement dicht bei dem Tiegel misst die Temperatur. Moderne TGA-Geräte erlauben über einen angeschlossenen Computer eine Einstellung der Endtemperatur, Heizrate, des Gasstroms o. Ä.. Während der Analyse wird der Probenraum je nach Bedarf mit verschiedenen Gasen gespült. Meist verwendet man reinen Stickstoff, um eine Oxidation zu vermeiden (auf Vakuumdichtheit der gesamten Apparatur achten). In manchen Fällen wird jedoch auch mit Luft, Sauerstoff oder anderen Gasen gespült. Beim Erhitzen kann die Probe durch Zersetzungsreaktionen oder Verdampfen flüchtige Komponenten an die Umgebung abgeben oder aus der Umgebung z. B. durch Oxidation Reaktionspartner aufnehmen. Die Gewichtsabnahme bzw. -zunahme und die Temperatur, bei welcher die Gewichtsänderung stattfindet, kann spezifisch für eine untersuchte Probe sein. Daraus können Rückschlüsse auf die Zusammensetzung des Stoffes gezogen werden.

Inhaltsverzeichnis

Messprinzip

TGA-Messeinrichtung (Der Ofen ist zum Einbringen der Probe nach unten geschoben worden)

In der Thermogravimetrie wird die Massenänderung einer festen Probe während eines bekannten Heiz- oder Abkühlvorgangs beobachtet. Die häufigste Anwendung ist dabei ein Aufheizen der Probe mit einer konstanten Heizrate. Massenänderung können durch folgende Ursachen ausgelöst werden:

  • Massenverlust durch physikalische Prozesse (z. B. Verdampfen, Sublimieren)
  • Massenverlust einer Probe durch Zerfall (Zersetzung mit Bildung flüchtiger Produkte)
  • Massenverlust durch Reaktion (z. B. Reduktion)
  • Massenzunahme durch Reaktion (z. B. Oxidation)

Üblicherweise besteht eine Thermowaage aus folgenden Komponenten:

Ofen mit Temperaturreglung

Die wichtigste Eigenschaft, die der Ofen einer Thermowaage besitzen muss, ist die Erzeugung eines homogenen Temperaturfeldes am Ort der Probe, da schon geringe Temperaturschwankungen bei der Versuchsführung einen Einfluss auf die ausgegebene Kurve haben können. Dabei ist zu beachten, dass der homogene Bereich sich mit steigender Temperatur verkleinert.

Die Waage

Die am häufigsten verwendete Waage arbeitet nach dem Prinzip der elektromagnetischen Kompensation. Dabei wird der metallische Waagebalken durch zwei, auf beiden Seiten der Waagearme angebrachte elektromagnetische Spulen in immer derselben Position gehalten. Jede Auslenkung der Waage aus ihrer Ruheposition wird von einem photoelektrischen Sensor erfasst und die Spannung der Magnetspulen so geregelt, dass die Waage in der Anfangsposition gehalten wird. Um den auf die Magnetspulen wirkenden Strom möglichst gering zu halten, ist auf der dem Probenarm entgegengesetzten Seite ein Gegengewicht angebracht. Es entspricht in seiner Masse in etwa dem des Tiegels. Während der Messung wird die Änderung der Spannung gemessen, die sich linear zur Massenänderung verhält.

Die Gaszuleitungen

Die an der Thermowaage angebrachten Gaszuleitungen erlauben ein Beschicken der Apparatur (Ofen und Waagenkopf) mit verschiedenen Gasen und Gasgemischen. Als Inertgas wird meist Stickstoff verwendet. Anschlüsse und Design der Thermowaage müssen vakuumdicht sein, damit empfindliche Proben nicht mit eingebrachter Umgebungsluft (Sauerstoff) reagieren. Bei Kopplung der Thermowaage mit einem Massenspektrometer kann die Verwendung von Helium sinnvoller sein, da es nicht wie Stickstoff im Detektionsbereich der Masse von Kohlenmonoxid auftaucht. Mögliche Reaktionsgase sind synthetische Luft für Oxidationen oder Wasserstoff für Reduktionen.

Einflüsse auf die Messung

Es gibt eine Reihe von apparativen und physikalischen Effekten, die einen Einfluss auf die Versuchsergebnisse haben. Vor Versuchsbeginn wird daher häufig eine Blindmessung aufgenommen, da sich auf Grund von Temperatureffekten apparative Größen, wie die Leitfähigkeit der Spulen im Waagenkopf, die Dichte oder die Viskosität der verwendeten Gase ändern können.

Kopplungsmethoden

Zur Analyse der im Ofen verflüchtigten Substanzen oder der Reaktions- und Zersetzungsprodukte können an die Abgasleitungen weitere Analysengeräte angeschlossen werden. Am häufigsten werden hier Massenspektrometer oder IR-Spektrometer benutzt. Es existieren auch Aufbauten, bei denen zwischen Thermowaage und Spektrometer eine Trennung mittels Gaschromatographie (TG-GC-MS) erfolgt. Eine einfache Methode zur Analyse der Abgase ist die Verwendung von Absorptionsröhrchen. Mittels spezieller Desorptionsöfen können die Abgase dann auch räumlich getrennt an anderen Messsystemen analysiert werden.

Kalibrierung

Die Temperaturkalibrierung von Thermowaagen kann mittels Metallen oder Legierungen erfolgen, die bei einer definierten Temperatur eine Curie-Umwandlung zeigen. Geeignete Materialien können hier Nickel (Up. 360 °C) und Eisen (Up. 768 °C) sein. In der Praxis muss die Meßzelle im Einflussbereich eines starken externen Magnetfelds sein. Die Umwandlung wird als scheinbare Massenänderung detektiert. Die Temperaturabweichung ist heizratenabhängig. Die Temperaturkalibrierung muss also für verschiedene Heizraten durchgeführt werden. Es ergibt sich aber ein linearer Zusammenhang zwischen Temperaturabweichung und Heizrate. Die Temperaturabweichungen können von der Temperatur abhängig sein, was eine Kalibrierung bei verschiedenen Temperaturen und somit mit mehreren Kalibriersubstanzen notwendig macht (Mehrpunktkalibrierung).

Temperaturkalibrierung Thermische Analyse.png

Eine Massenkalibrierung erfolgt durch entsprechend geeignete (geeichte) Gewichte. Eine einfache Überprüfung der detektierten Massendifferenzen kann mittels Calciumoxalat-Monohydrat erfolgen. Die Verbindung zeigt unter inerten Bedingungen (kein Sauerstoff) drei definierte Abbaustufen:

1. Abgabe des Hydratwassers : \mathrm{ CaC_2O_4*H_2 O \longrightarrow \ } \mathrm{ \ CaC_2O_4 + H_2 O} mit Δm = 12,33 Ma%

2. Abgabe von Kohlenmonoxid unter Bildung von Calciumcarbonat: \mathrm{ CaC_2O_4 \longrightarrow \ } \mathrm{ \ CaCO_3 + CO} mit Δm = 19,17 Ma% bezogen auf Ausgangsmasse Calciumoxalat Monohydrat

3. Abgabe von Kohlendioxid unter Bildung von Calciumoxid: \mathrm{ CaCO_3 \longrightarrow \ } \mathrm{ \ CaO + CO_2} mit Δm = 30,01 Ma% bezogen auf Ausgangsmasse Calciumoxalat Monohydrat.

TGA-Messung am Calciumoxalat-Monohydrat

Literatur

  • DIN EN ISO 11358: Kunststoffe - Thermogravimetrie (TG) von Polymeren - Allgemeine Grundlagen (1997)
  • DIN 51006: Thermische Analyse (TA) - Thermogravimetrie (TG) - Grundlagen (2005)
  • ASTM D 3850: Prüfung der Verminderung der Isolierwirkung von Elektroisolierstoffen unter Wärmeeinwirkung mittels Thermogravimetrie (1994)
  • ISO 9924-1: Kautschuk und Kautschukerzeugnisse - Bestimmung der Zusammensetzung von Vulkanisaten und unvulkanisierten Compounds durch Thermogravimetrie - Teil 1: Butadien-, Ethylen-Propylen-Copolymer- und Terpolymer-, Isobuten-Isopren-, Isopren- und Styrol-Butadien-Kautschuk (2000)
  • ISO 9924-2: Kautschuk und Kautschukerzeugnisse - Bestimmung der Zusammensetzung von Vulkanisaten und unvulkanisierten Compounds durch Thermogravimetrie - Teil 2: Acrylnitril-Butadien- und Halogenbutyl-Kautschuk (2000)
  • ISO 21870: Einsatzstoffe für Kautschuk - Ruß - Bestimmung des Gewichtsverlustes durch Erhitzen mittels Thermogravimetrie (2005)
  • Gottfried W. Ehrenstein, Gabriela Riedel, Pia Trawiel: Praxis der thermischen Analyse von Kunststoffen. Hanser Verlag, 2003, ISBN 3-446-22340-1
  • Methoden der Thermischen Analyse - W.F. Hemminger/ H.K. Cammenga (ISBN 3-540-15049-8 Springer Verlag Berlin)
  • Principles of Thermal Analysis and Calorimetry - edited by P.J. Haines (ISBN 0-85404-610-0 The Royal Society of Chemistry 2002)

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