Tollundmann

Tollundmann
Der Tollund-Mann im Silkeborg-Museum

Der Tollund-Mann (auch Tollundmann; dän. Tollundmanden) ist eine am 8. Mai 1950 in einem Hochmoor im Bjaeldskovdal, 10 km westlich von Silkeborg in Dänemark, von Viggo und Emil Højgaard entdeckte Moorleiche. Der Erhaltungszustand des Mannes war so gut, dass die Finder zunächst von einem zeitgenössischen Mordopfer ausgingen.

Inhaltsverzeichnis

Der Fund

Der Tollund-Mann lag in entspannter Haltung auf der Seite, die Beine an den Bauch gezogen. Sein Alter wurde auf etwa 40 Jahre geschätzt, mit 161 cm war er eher klein. Die Fingerabdrücke und Hautlinienmuster auf den Fußsohlen unterscheiden sich nicht von denen heutiger Menschen. Er wirkte gepflegt, seine Haare waren geschnitten. Besonders sein Gesicht ist gut erhalten, so dass die persönlichen Gesichtszüge, Falten, Bartstoppeln zu erkennen sind. Der Leichnam war bei der Auffindung bis auf einen Gürtel und eine Pelzkappe nackt. Das Fehlen von Oberbekleidung deutet jedoch darauf hin, dass er mit Textilien aus pflanzlichen Fasern, wie Flachs, Hanf oder Nesseln, bekleidet war, die durch das saure Milieu im Moor zersetzt wurden.

Wissenschaftliche Analyse

Durch C14-Untersuchungen wurde festgestellt, dass der Tollund-Mann um 350 v. Chr., also in der vorrömischen Eisenzeit, gelebt hat. Er dürfte Angehöriger eines Germanischen Stammes gewesen sein.

Die Pollenanalyse seines gut erhaltenen Mageninhalts ergab als Jahreszeit seines Todes den späten Winter oder das frühe Frühjahr. Der Mageninhalt, bestehend aus einem Brei oder einer Grütze ausschließlich aus Pflanzensamen, lässt vermuten, dass der Tollund-Mann wenige Stunden vor seinem Tod eine letzte Mahlzeit zu sich genommen hat.

Die Körperbestattung ist für die frühe Eisenzeit ungewöhnlich; normalerweise wurden die Toten in dieser Zeit verbrannt. Moore waren für die früheisenzeitlichen Menschen rituell bedeutsame Orte; viele Opfergaben und auch Tiere wurden in Mooren versenkt. Die Schlinge, die noch immer um seinen Hals liegt, zeugt von seinem gewaltsamen Tod durch Erhängen oder Erwürgen.

Der Tollund-Mann und seine Fundumstände sind nicht einzigartig; es finden sich viele Parallelen zu anderen Moorleichenfunden, zum Beispiel zur Frau von Elling, die nur 90 m entfernt gefunden wurde, oder dem 2 Jahre später gefundenen Grauballe-Mann, dessen Leiche im Museum von Moesgård bei Århus aufbewahrt wird.

Konservierung

Das Gesicht des Tollund-Manns

Moorleichen trocknen schnell ein und zerfallen, wenn sie dem schützenden Moor entnommen werden. Da das Gesicht des Tollund-Manns bis in kleinste Einzelheiten erhalten ist, und auch wegen der den heutigen Betrachter stark beeindruckenden Ruhe des wie schlafend wirkenden Leichnams, wurde beschlossen, die Leiche zu konservieren und museal der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts war die Konservierung mit Polyethylenglykol die einzige Möglichkeit, so dass nur der Kopf konserviert wurde, während der Körper eintrocknete. In späteren Jahren wurde der Körper komplett mit Silikon rekonstruiert, so dass der Tollund-Mann heute wieder so zu sehen ist, wie er durch die Jahrhunderte im Moor gelegen hat.

Heute befindet sich der Leichnam im Museum von Silkeborg in Jütland.

Literatur

  • Christian Fischer: Der Tollund-Mann und die Elling-Frau. Silkeborg Museum
  • Wijnand van der Sanden: Mumien aus dem Moor - Die vor- und frühgeschichtlichen Moorleichen aus Nordwesteuropa. Drents Museum / Batavian Lion International. Amsterdam 1996. ISBN 90-6707-416-0
  • Peter Vilhelm Glob: The Bog People. Iron Age Man preserved. Cornell University Press, 1969 ISBN 0-8014-0492-4. (Klassisches Buch über Moorleichen und ihre Deutung als Menschenopfer)
  • Tacitus: Germania. lat./dt., Reclam, Ditzingen 1972 u.ö. ISBN 3-15-009391-0
  • Peter Pieper: Moorleichen. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer (Hrsg.) Bd. 20. de Gruyter, Berlin – New York 2001. ISBN 3-11-017164-3

Links


56.1644444444449.39277777777787Koordinaten: 56° 9′ 52″ N, 9° 23′ 34″ O


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