Tonarigumi

Tonarigumi
Armenspeisung durch Tonarigumi-Hausfrauen

Die Tonarigumi (jap. 隣組, dt. „Nachbarschaftsvereinigung“) war die kleinste Einheit der nationalen Mobilisierung des Kaiserreichs Japan im Zweiten Weltkrieg. Es war in Einheiten zu je 10-15 Haushalten zur Feuerbekämpfung, Zivilverteidigung und Inneren Sicherheit organisiert.[1]

Geschichte und Entwicklung

Gegenseitige Nachbarschaftshilfe existierte in Japan schon vor der Edo-Zeit. Sie wurde am 11. September 1940 durch einen Erlass des Innenministeriums unter dem Kabinett von Premierminister Konoe Fumimaro offiziell gemacht. Die Teilnahme war verpflichtend. Jede Einheit war in ihrem Gebiet zuständig für die Zuteilung von Lebensmittelrationen, verteilen von Staatsanleihen, Feuerbekämpfung, öffentliche Gesundheit und Zivilverteidigung. Jede Einheit war darüber hinaus verpflichtet, die Bewegung der nationalen geistigen Mobilisierung (Kokumin Seishin Sōdōin Undō) durch Verbreitung von Regierungspropaganda und der Organisation von und Teilnahme an patriotischen Kundgebungen, zu unterstützen.[2]

Die Regierung sah in der Tonarigumi außerdem ein Mittel zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Ein Netzwerk von Informanten wurde eingerichtet, welches quasi jede Einheit mit dem Tokkō verband und dazu diente, Gesetzesübertretungen und verdächtiges politisches Verhalten zu registrieren.[3]

Tonarigumi wurden auch in von Japan besetzten Gebieten wie Mandschukuo, Mengjiang und der Reorganisierten Republik China und später in weiteren besetzten Gebieten Südostasiens gegründet.[1]

Später im Pazifikkrieg wurden die Mitglieder der Tonarigumi teilweise einer militärischen Grundausbildung unterzogen und dienten als Flug- und Küstenbeobachter um einfliegende Feindflugzeuge und verdächtige Schiffe und Boote in Küstennähe zu melden. In der Endphase des Krieges wurde geplant, die Tonarigumi als zusätzliche Miliz im Falle einer feindlichen Invasion einzusetzen. Einige Tonarigumi nahmen an Kämpfen in Mandschukuo, Chōsen und Karafuto teil.

Formell wurde das Tonarigumi-System 1947 von der amerikanischen Besatzungsbehörde aufgelöst, überlebte aber teilweise bis heute in Form der Chōnaikai oder Jichikai. Diese sind unabhängige Freiwilligenvereinigungen, die jedoch einen quasi-behördlichen Status mit begrenzten administrativen und organisatorischen Rechten auf kommunaler Ebene haben wie beispielsweise dem organisieren von Nachbarschaftswachen und Katastrophenhilfe.[4]

Einzelnachweise

  1. a b I.C.B. Dear, M.R.D. Foot: The Oxford Companion to World War II. Oxford University Press, 2002
  2. Robert Pekkanen: Japan's Dual Civil Society. Members without advocates. Stanford University Press, 1979
  3. Haruko Taya Cook, Theodore F. Cook: Japan at War: An Oral History. The New Press, New York 1992
  4. Frank J. Schwarz, Susan J. Pharr: The State of Civil Society in Japan. Cambridge University Press, 2003
Japanische Namensreihenfolge Japanischer Name: Wie in Japan üblich, steht in diesem Artikel der Familienname vor dem Vornamen. Somit ist Konoe der Familienname, Fumimaro der Vorname.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Tonarigumi — The nihongo|Neighborhood Association|隣組|Tonarigumi was the smallest unit of the national mobilization program established by the Japanese government in World War II. It consisted of units consisting of 10 15 households organized for fire fighting …   Wikipedia

  • Tonari-gumi — Armen Speisung durch Tonarigumi Hausfrauen Die Tonarigumi (jap. 隣組, dt. „Nachbarschaftsvereinigung“) war die kleinste Einheit der nationalen Mobilisierung des Kaiserreichs Japan im Zweiten Weltkrieg. Es war in Einheiten zu je 10 15 Haushalten zur …   Deutsch Wikipedia

  • Taisei Yokusankai — Imperial Rule Assistance Association 大政翼賛会 Taisei Yokusankai Leader Fumimaro Konoe (12 October 1940 18 October 1941) Hideki Tōjō …   Wikipedia

  • Empire of Japan — This article is about the former absolute constitutional monarchy. For the current limited constitutional monarchy, see Japan. Greater Japanese Empire 大日本帝國 Dai Nippo …   Wikipedia

  • Japanese nationalism — (国家主義, Kokka shugi?) encompasses a broad range of ideas and sentiments harbored by the Japanese people over the last two centuries regarding their native country, its cultural nature, political form and historical destiny. It is useful to… …   Wikipedia

  • National Spiritual Mobilization Movement — Luxury is our Enemy banner by the National Spiritual Mobilization Movement National Spiritual Mobilization Movement (国民精神総動員運動, Kokumin Seishin Sōdōin Undo …   Wikipedia

  • Kokumin Seishin Sodoin Undo — „Luxus ist unser Gegner“: Plakat der Bewegung der nationalen geistigen Mobilisierung Die Bewegung der nationalen geistigen Mobilisierung (jap. 国民精神総動員運動 Kokumin Seishin Sōdōin Undo) war eine Organisation des Kaiserreichs Japan als Teil der… …   Deutsch Wikipedia

  • Kokumin Seishin Sōdōin Undo — „Luxus ist unser Gegner“: Plakat der Bewegung der nationalen geistigen Mobilisierung Die Bewegung der nationalen geistigen Mobilisierung (jap. 国民精神総動員運動 Kokumin Seishin Sōdōin Undo) war eine Organisation des Kaiserreichs Japan als Teil der… …   Deutsch Wikipedia

  • Tokkō — Einheit, 1938 Die Tokubetsu Kōtō Keisatsu (jap. 特別高等警察, dt. „Spezielle Höhere Polizei“), oft als Tokkō (特高) abgekürzt, war eine 1911 gegründete, japanische Polizeieinheit, deren Hauptaufgabe es war, politische Gruppen und Ideologien zu überwachen …   Deutsch Wikipedia

  • Tokubetsu Koto Keisatsu — Tokkō Einheit, 1938 Die Tokubetsu Kōtō Keisatsu (jap. 特別高等警察, dt. „Spezielle Höhere Polizei“), oft als Tokkō (特高) abgekürzt, war eine 1911 gegründete, japanische Polizeieinheit, deren Hauptaufgabe es war, politische Gruppen und Ideologien zu… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”