Top-Down-Prozess

Top-Down-Prozess

Als Top-down (engl., etwa „von oben nach unten“) und Bottom-up (engl., etwa „von unten nach oben“) werden zwei entgegengesetzte Vorgehensweisen bezeichnet, die in verschiedenen Sinnzusammenhängen verwendet werden. Top-down bezeichnet eine Methodik bei der vom Abstrakten beginnend eine schrittweise Konkretisierung vorgenommen wird. Grundsätzlich werden damit zwei komplementäre Herangehensweisen an Problemstellungen bezeichnet, die entweder von allgemeinen Ansätzen auf spezielle Lösungen kommt (top down) oder umgekehrt.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung allgemein

  • In der Politik bezeichnet Bottom-up die von der politischen Basis ausgehende Wirkungsrichtung einer politischen Bewegung; Graswurzelbewegungen entstehen typischerweise in Bottom-up-Richtung; siehe auch Graswurzelrevolution; Top-down sind dagegen Kampagnen, die zentral koordiniert und finanziert werden. Ein Spezialfall ist das so genannte Astroturfing, wo eine Bottom-up-Bewegung nur vorgetäuscht wird.
  • In der Anthropologie und Soziologie werden Prozesse der Selbstorganisation in Sozialen Systemen als Bottom-up oder Agentur (agency) bzw. Top-down oder Struktur (structure) bezeichnet.
  • In der Informatik bezeichnet man einen Entwicklungsprozess für Software als Top-down, wenn der Entwurf mit abstrahierten Objekten beginnt, die dann konkretisiert werden; der Prozess ist Bottom-up, wenn die Software aus Einzelkomponenten zusammengesetzt wird. Zudem wird im Zusammenhang mit Compilerbau von Top-down und Bottom-up Parsern gesprochen (genauere Informationen unter Top-Down- und Bottom-Up-Design).
  • In der Managementtheorie bedeutet Top-down einen Führungsstil, der die Macht und Autorität des Managers betont (z. B. Frederick Taylor, Henry Gantt), während Bottom-up eher die Rolle des Managers darin sieht, die Arbeitskräfte durch psychologische Hilfsmittel zu überzeugen (z. B. Elton Mayo)
  • Im Marketing, speziell der Verkaufspsychologie die Dramaturgie des Verkaufsgespräches als Upselling (auch Top-Down-Selling) oder Bottom-Up-Selling, jeweils mit entgegengesetzt vollständig ausgestatteten Anfangsangeboten.
  • Als Planungsverfahren bezeichnet Bottom-up das Erstellen eines im Detail ausgearbeiteten Plans ohne herausfordernde Ziele, während Top-down das Erstellen von Zeit- und Kostenplanungen ohne Konkretisierung im Detail meint.
  • In die kognitive Psychologie wurden die Begriffe Ende der 40er Jahre von der Informatik übernommen. In der Wahrnehmungspsychologie bezeichnet ein Bottom-Up-Prozess eine kognitive Verarbeitung, die nur aufgrund der Analyse der Reizmerkmale (z. B. Helligkeit, Farbe, Ausrichtung, usw.) geschieht. Ein Top-Down-Prozess bezeichnet kognitive Einflüsse auf die Wahrnehmung. Diese Einflüsse können beispielsweise durch Vorwissen einer Person oder durch den bedeutungshaltigen Kontext, in dem die Reizinformation auftritt, beeinflusst werden. Die Funktion von Top-Down-Prozessen liegt darin, dass bekannte Reize oder Objekte schneller im passenden Zusammenhang gesehen werden können.
  • In der Ökologie wird als top-down ein Ökosystem verstanden, wo die Populationsdichte von Arten von Prädatoren gesteuert wird. Als klassisches Beispiel dient z. B. das marine Kelp-Ökosystem. Hier sind Seeotter die Haupträuber. Sie fressen Seeigel, die sich wiederum von Braunalgentangen ernähren. Verschwinden die Seeotter aus dem System, so vermehren sich die Seeigel überproportional stark und dezimieren die Tange. Als bottom-up dagegen wird ein Ökosystem verstanden, das hauptsächlich von den Ressourcen und der meist daraus resultierenden Primärproduktion (von Pflanzen, Phytoplankton und -benthos oder Makrophyten in Gewässerökosystemen durchgeführt) gesteuert wird. Werden die Nährstoffe in einem solchen System reduziert, so finden die darin lebenden Organismen nicht mehr genug Futter.
  • Innerhalb der Nanotechnik stellen die Prinzipien „Top-Down“ und „Bottom-Up“ fundamentale Grundprinzipien für die Erzeugung von Nanostrukturen dar. Mit „Top-Down“ werden Herstellungsverfahren bezeichnet, deren Ursprung und Methodik eher den Ansätzen aus Mikrosystemtechnik, wie z. B. Lithografie, entsprechen, während „Bottom-Up“ die physikalisch-chemischen Prinzipien der molekularen/atomaren Selbstassemblierung und Selbstorganisation ausnutzen.

Die Begriffe werden auch in anderen Disziplinen verwendet.

Bedeutung in der Wirtschaft

Beim Investment bezeichnet Bottom-up die Analyse „von unten nach oben“: Erst werden die einzelnen Unternehmen ausführlich untersucht, bevor die Aussichten ganzer Branchen und Marktregionen betrachtet werden. Zum Beispiel sucht die Investmentlegende Warren Buffett ihre Aktien durch die Bottom-up Strategie aus.

Top-down bezeichnet die Analyse „von oben nach unten“: Dabei werden zunächst das makroökonomische und das Branchenumfeld betrachtet, bevor einzelne Unternehmen analysiert werden. Zum Beispiel der Rohstoffexperte Jim Rogers wählt seine Aktien durch die Top-down Strategie aus.

Das Gegenstromverfahren ist eine Mischung aus Bottom-up und Top-down. Zuerst wird ein Rahmenplan für das Unternehmen erstellt, welcher dann unterteilt wird, dann Überprüfung auf Realisierbarkeit dieser Teilpläne anhand der unteren Ebenen des Unternehmens. Anschließend erfolgt der Rücklauf der korrigierten Pläne, sowie die Zusammenfassung zum übergeordneten Rahmenplan.

Siehe auch

Es gibt auch eine Beziehung zu den Begriffen Induktion (lat. inductio, „die Hereinführung“; Bottom-up) und Deduktion (lat.: deducere = herabführen; Top-down) in der Philosophie. Deduktion ist hier ein gedanklicher Vorgang von etwas Allgemeinem (z.B. Begriff „Menschheit“) zu etwas Besonderem (einem konkreten Individuum z. B. „Napoleon“). Die Induktion bezeichnet dann den umgekehrten Vorgang.

Dieser Vorgang kann sich sowohl auf Begriffe, als auch auf Sätze beziehen. Bei Sätzen spricht man dann von (induktiven, deduktiven) Schlüssen.

Literatur

  • James Hoopes: False Prophets, 2003 – Top-down und Bottom-up in der Management-Theorie
  • Robert J. Sternberg (2005): Cognitive Psychology (4th ed.). Belmont, CA: Wadsworth Publishing. ISBN 0534514219 – Top-down und Bottom-up in der kognitiven Psychologie

Weblinks

Braincast über Bottom-up und Top-down


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