Trockenmieter

Trockenmieter
Heinrich Zille: „Trockenwohner“

Als Trockenwohner wurden in der Zeit der Industrialisierung Personen bezeichnet, die in Neubauten lebten, deren Wände noch nicht ausgetrocknet waren.

Ein neu gebautes Haus benötigte typischerweise 3 Monate, bis es bewohnbar war - in dieser Zeit wurde es kostenlos oder zu niedriger Miete an Trockenwohner vermietet. Diese beheizten das Haus durch ihre Anwesenheit, bis der Mörtel getrocknet und das Haus zur vollen Miete vermietbar war.

Da die neue städtische Arbeiterklasse in der Industriezeit unter permanentem Wohnungmangel und überhöhten Mieten litt, stellte das Trockenwohnen eine Alternative zur Obdachlosigkeit dar. Die Feuchte der Häuser hatte jedoch negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Bewohner, die zudem alle 3 Monate die Wohnung wechseln mussten. Außerdem hatten die potenziellen Trockenwohner keine Möbel, um die Wohnung zu möblieren und keine Heizung zum Warmhalten der Wohnung.

Der Maler Otto Nagel beschreibt die Trockenwohner in seinem Werk über den „Milljöh“-Zeichner Heinrich Zille: „Die Rabitzwand feierte Triumphe. Die Bezeichnung „Schwindelbauten“ für Häuser, die aus mehr Schutt als Steinen errichtet waren, wurde zu einer geläufigen Redensart. Die Kategorie der „Trockenwohner“ entstand, Menschen, die bereit waren, in die noch nassen Bauten einzuziehen, um durch ihr Wohnen den Trockenprozeß zu beschleunigen, und damit gleichzeitig den Ruin ihrer Gesundheit. Diese Mieter waren meist, mit den Ärmsten der Armen, die gleichen Menschen, die jene Häuser erbaut hatten; durch die Witterung waren sie arbeitslos geworden und wohnten während dieser Arbeitslosenzeit eben als Trockenmieter.[1]

Auch Hans Fallada erwähnt in seinem 1953 erschienenen Roman "Ein Mann will nach oben" die Situation von Trockenwohnern in den Berliner Neubaugebieten um die Wende zum 20. Jahrhundert.

Siehe auch

Fußnoten

  1. Otto Nagel, ..., S. 146ff

Literatur

  • Otto Nagel: H. Zille. Veröffentlichung der Deutschen Akademie der Künste. Henschelverlag Berlin, 1970.
  • Gerhard A. Ritter / Klaus Tenfelde: Arbeiter im Deutschen Kaiserreich 1871-1914. Bonn, 1992. S.594

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Trockenmieter — Trockenmieterm ⇨Trockenwohner …   Wörterbuch der deutschen Umgangssprache

  • Trockenwohner — Heinrich Zille: „Trockenwohner“ Als Trockenwohner wurden in der Zeit der Industrialisierung Personen bezeichnet, die in Neubauten lebten, deren Wände noch nicht ausgetrocknet waren. Ein neu gebautes Haus benötigte typischerweise 3 Monate, bis es… …   Deutsch Wikipedia

  • Trockenwohner — Trockenwohner(Trockenmieter)pl BewohnervonNeubauwohnungen,ohneMiete(inderüblichenHöhe)zahlenzumüssen.⇨trocken16.Berlin1850ff …   Wörterbuch der deutschen Umgangssprache

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”