United Nations Peacekeeping Force

United Nations Peacekeeping Force
Norwegischer Blauhelm-Soldat während der Belagerung von Sarajevo
Nepalesische UN-Soldaten während des Einsatzes in Somalia 1993

Als Friedenstruppen der Vereinten Nationen oder UN-Friedenstruppen, umgangssprachlich Blauhelmsoldaten, werden von den Mitgliedsländern der Vereinten Nationen (UN) für friedenssichernde und -erhaltende Einsätze (engl. peacekeeping) bereitgestellte Militäreinheiten bezeichnet, die unter dem Kommando der UN stehen. Seit 1948 sind sie in den verschiedenen Konfliktregionen in aller Welt im Einsatz. Für ihr Engagement zur Sicherung des Weltfriedens erhielten die UN-Blauhelme 1988 den Friedensnobelpreis. Die bewaffneten Einsätze der Vereinten Nationen erfordern einen Beschluss des UN-Sicherheitsrates und werden nach Beobachtermission, Friedensmission und Friedenserzwingung nach Kapitel VII der UN-Charta unterschieden.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Militärangehörige als Vermittler wurden erstmals 1947 im Rahmen der United Nations Special Committee on the Balkans (UNSCOB) entsandt.

Der erste Einsatz von unbewaffneten UN-Militärbeobachtern erfolgte 1948 im Rahmen der Organisation der Vereinten Nationen zur Überwachung des Waffenstillstands (UNTSO) im Palästinakrieg.

Im Zuge der Suezkrise 1956 wurde mit der Noteinsatztruppe der Vereinten Nationen (UNEF) erstmals eine bewaffnete Einheit aufgestellt.

Die während der Kongokrise 1960 entsandte Operation der Vereinten Nationen in Kongo (ONUC) verwendete auf Anregung von UN-Generalsekretär Dag Hammarskjöld erstmals die blauen Helme und die Aufschrift „UN“ auf ihren Militärfahrzeugen.

Eine Liste aller UN-Missionen befindet sich unter UN-Missionen.

Friedensmissionen

Die Friedensmission bzw. friedenserhaltende Mission ist eine Form des Einsatzes militärischer Kräfte durch die Vereinten Nationen. Sie ist zu unterscheiden von der Beobachtermission und der Friedenserzwingung nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen. Wie alle bewaffneten Einsätze der Vereinten Nationen setzt sie eine entsprechende Resolution des UN-Sicherheitsrates voraus, die Art, Umfang und Dauer des Einsatzes festlegt.

Eine Friedensmission der Vereinten Nationen findet immer nur mit Zustimmung der Regierung des Gastlandes statt, in dem ihre Einheiten tätig werden, oder aber mit allen dort bestehenden Konfliktparteien. Diese Regelung soll verhindern, dass die Blauhelme zwischen die Fronten geraten und Teil des Konflikts werden. Ihre Truppen haben niemals einen Kampfauftrag, sind aber bewaffnet und zumindest in gewissem Umfang berechtigt, von ihrer Waffe Gebrauch zu machen. So sind sie ermächtigt, grundsätzlich sich selbst und teilweise auch ihre Stellung zu verteidigen sowie ihre Bewegungsfreiheit zu gewährleisten. Zu den Instrumenten einer Friedensmission zählen die Einsetzung von Untersuchungskommissionen, Vermittlungen zwischen Konfliktparteien, Anrufung des internationalen Gerichtshofes in Den Haag soweit sich diesem beide Streitparteien unterworfen haben, die Bildung von UN-kontrollierten Pufferzonen, die Entsendung von Wahlbeobachtern wie z. B. bei der Mission der Vereinten Nationen in Osttimor (UNAMET).

Friedensmissionen der Vereinten Nationen dienten bisher zumeist der humanitären Hilfe, der Überwachung eines Waffenstillstandes wie z. B. die Friedenstruppe der Vereinten Nationen in Zypern (UNFICY), der Entwaffnung von Bürgerkriegsparteien wie die Operation der Vereinten Nationen in Mosambik (ONUMOZ) oder der Sicherung eines Dekolonisierungprozesses wie z. B. die Sicherheitstruppe der Vereinten Nationen in West-Neuguinea (UNSF). In diesem Sinne dient eine Friedensmission als Friedenssicherung oder Polizei- und Ordnungmacht der Weltorganisation. Je nach Mandat gelten Friedensmissionen als Inbegriff der Ohnmacht wie z. B. die Interimstruppe der Vereinten Nationen in Libanon (UNIFIL) oder als entscheidender Erfolg wie die Mission der Vereinten Nationen in Sierra Leone (UNAMSIL). Zu den weiteren Aufgaben können die Unterstützung der staatlichen Bürokratie oder Unterstützung beim Demokratisierungsprozess zählen.

Insgesamt gibt es im Hinblick auf die Einsatzmodalitäten der verschiedenen Missionen Unterschiede, aber die von der Anlage her gegebenen Möglichkeiten des Vorgehens mit Waffengewalt schafft Situationen, in denen Raum für die Anwendung des Kriegsvölkerrecht besteht. Da die Vereinten Nationen eine internationale Organisation sind, den Abkommen über das Kriegsvölkerrecht aber nur Staaten beitreten können, ist vor allem der rechtliche Status der Friedensmissionen in vielen konkreten rechtlichen Fragen noch offen und ungeklärt.

Statistik

UN-Friedenseinsätze weltweit (blau: laufend; türkis: abgeschlossen)

Zum Stichtag 31. Januar 2007 waren nach Angaben der UN-Abteilung für Friedenssicherungseinsätze (DPKO) 81.992 Militärbeobachter, Soldaten und Polizisten (davon ca. 1300 Frauen) aus 114 Staaten, hauptsächlich aus Entwicklungsländern, in 15 Einsätzen zur Friedenssicherung aktiv. Die größten Truppensteller sind mit jeweils über 9000 Einheiten Pakistan, Bangladesch und Indien, Deutschland rangiert mit 1113 auf Platz 20 (Stand: Januar 2007). Mehr als die Hälfte des DPKO-Budgets wird von den USA (27 %), Japan (19 %) und Deutschland (9 %) gestellt.

Bis zum 30. November 2008 haben 2468 Angehörige von UN-Friedensmissionen ihr Leben während des Einsatzes verloren, davon 1938 Soldaten, 188 örtliche Mitarbeiter, 137 Polizisten, 122 ausländische Zivilangestellte, 75 Militärbeobachter sowie acht weitere Einsatzkräfte. Die meisten Todesopfer kamen aus Indien (128), Ghana (122), Kanada (114), Pakistan und Großbritannien (je 99), Frankreich (98) und Bangladesh (93). Aus Österreich wurden im Rahmen von Blauhelm-Missionen bisher 42 Menschen getötet, aus Deutschland elf und aus der Schweiz drei.

Während des Koreakrieges 1950 haben sich zahlreiche UN-Soldaten in der Umgebung des Hanta-Flusses mit einem bis dahin unbekannten Virus infiziert, das dann nach diesem als Hanta-Virus (Typ Hantaan-Virus) bezeichnet wurde.

Probleme und Kritik

UN-Soldaten in einem gepanzerten Truppentransporter 1993

Trotz guter Absichten hat die Vergangenheit gezeigt, dass die UN-Blauhelme nicht immer den Frieden sichern konnten. Es hat sich herausgestellt, dass das Bereitstellen von Truppen durch die UN-Mitglieder auf freiwilliger Basis nicht funktioniert. Zwar werden regelmäßig rund 150.000 Mann theoretisch als verfügbar gemeldet, wenn es aber um konkrete Einsätze geht, wird von den Regierungen nur ein Bruchteil der offiziell verfügbaren Truppen bereitgestellt.

In der Praxis stellt sich auch die Einbindung möglichst vieler Länder in die Friedenstruppe als nicht effektiv heraus. Unklare Befehlsstrukturen, Sprachbarrieren und mangelnde Zusammenarbeit (aus technischen oder menschlichen Unzulänglichkeiten) führen zu Desorganisation. Deshalb sollten für eine optimale Organisation möglichst wenig Länder in einem Einsatz eingebunden werden.

Aber auch die Bürokratie des UN-Sicherheitsrates selbst, der als einziges UN-Organ Mandate zu Blauhelmeinsätzen erteilen kann, war in der Vergangenheit Ziel von Kritik. Als 1994 in Ruanda angesichts von Massakern schnell gehandelt werden musste, brauchte der Sicherheitsrat drei Wochen, um die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Schuld an missglückten Blauhelmeinsätzen waren in der Vergangenheit auch falsche Mandate, mit denen die Friedenstruppen ausgestattet wurden. Oft konnten sie sich durch mangelnde Bewaffnung noch nicht einmal selbst verteidigen, und wurden als Geiseln genommen. Auch kam es immer wieder vor, dass Blauhelme zur Friedenserhaltung in noch brodelnde Krisenherde geschickt wurden: Man schickt Streitkräfte zur Erhaltung eines Friedens, der überhaupt nicht existiert (France Soir). Dadurch wurden die Blauhelme ständig in die Auseinandersetzungen verwickelt.

Ein weiteres markantes Beispiel war die UN-Resolution 819, durch die Srebrenica am 16. April 1993 zur UN-Schutzzone erklärt wurde. Zur Sicherung waren etwa 400 niederländische Blauhelm-Soldaten der Schutztruppe der Vereinten Nationen (UNPROFOR) unter dem Befehl von Thom Karremans eingesetzt. Am 19. April 1995 kapitulierte die Stadt Srebrenica gegenüber den bosnisch-serbischen Belagerern und die Blauhelm-Soldaten waren auf Grund ihres Mandates nicht in der Lage die Zivilbevölkerung zu schützen. In der Folge dieser Ereignisse kam es zum Massaker von Srebrenica.

Ein weiteres Problem machte im Jahr 2000 der Brahimi-Bericht deutlich. Er stellte fest, dass die Einsätze von 27.000 Blauhelmen in aller Welt im New Yorker UN-Hauptquartier, der Hauptabteilung Friedenssicherungseinsätze (DPKO), von nur 32 Militärexperten geplant, unterstützt und überwacht wurden, und dass für die 8000 Polizisten dort nur 9 Polizeioffiziere verantwortlich waren. Auch die Sonderstellung der US-amerikanischen Blauhelme war schon oft Anlass für Kritik. Die US-amerikanische Regierung fürchtet, dass es zu politisch motivierten Anklagen gegen die eigenen Truppen kommt, und besteht deshalb auf die Immunität ihrer eigenen Truppen.

Um einer Reihe der aufgezählten Probleme begegnen zu können, findet die Friedenssicherung durch die Vereinten Nationen immer häufiger im Rahmen von Unterauftragnehmern statt: Die UN vergeben hierbei einen Auftrag zur Friedenssicherung in Form eines vom Sicherheitsrat formulierten Mandats an einen externen Dienstleister. Entweder handelt es sich dabei um einen einzelnen Staat, eine Gruppe von Staaten oder eine weitere internationale Organisation. Dieses Vorgehen bietet auf der einen Seite Chancen für die Vereinten Nationen, beispielsweise werden so zusätzliche Ressourcen frei und die Hauptabteilung Friedenssicherungseinsätze kann von den organisatorischen Arbeiten einer Friedenssicherungsmission erleichtert werden. Auf der anderen Seite ist dies allerdings auch mit Risiken verbunden, so könnten Unterauftragnehmer beispielsweise vom Mandat abweichen und eigene Ziele verfolgen.[1]

Menschenrechtsorganisationen sehen in der Stationierung von Friedenstruppen auch die Ursache für stark steigenden Frauenhandel zur Zwangsprostitution in den jeweiligen Regionen. So ist zum Beispiel der Kosovo seit Entsendung von internationalen friedenserhaltenden Kräften (KFOR) und Einrichtung der Übergangsverwaltungsmission der Vereinten Nationen im Kosovo (UNMIK) zum Hauptziel für Frauen- und Mädchenhandel geworden, und die Zahl an registrierten Etablissements, in denen Frauen als Zwangsprostituierte arbeiten müssen, von 18 im Jahr 1999 auf über 200 Ende 2003 gestiegen. Verschärft wird diese Situation auch noch durch die Immunität der Soldaten, die sie im Falle von Menschenrechtsverletzungen vor gerichtlicher Verfolgung schützen. UNMIK hat das Problem mittlerweile erkannt und einige Maßnahmen gesetzt. So wurden unter anderem eine „schwarze Liste“ von rund 200 Bars und Nachtclubs erstellt, die UN-Mitarbeiter und Soldaten nicht besuchen dürfen. 2000 wurde auch eine UNMIK Spezialeinheit gegen Frauenhandel und Prostitution gegründet (TPIU). Diese Maßnahmen werden zwar begrüßt, reichen jedoch aus Sicht der Menschenrechtsorganisationen noch nicht aus.

Literatur

  • Francisca Landshuter: Die Friedensmissionen der Vereinten Nationen. Ein Sicherheitskonzept im Wandel, Berliner Studien zur Internationalen Politik und Gesellschaft Bd. 4, Weißensee Verlag Berlin, Berlin 2007, ISBN 9783899981124

Siehe auch

Referenzen

  1. Matthias Dembinski/Christian Förster: Die EU als Partnerin der Vereinten Nationen bei der Friedenssicherung. Zwischen universalen Normen und partikularen Interessen, HSFK-Report 7/07, Frankfurt a.M.: Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, 2007 Kostenloser Download

Weblinks


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