Unternehmensverbände

Unternehmensverbände

Der Interessenverband ist eine auf Dauer angelegte außenwirksame Vereinigung von Personen, Gruppen, Unternehmen oder Institutionen, mit dem Ziel spezielle Interessen durchzusetzen. Dauerhaftigkeit und gute Organisation grenzen Verbände von kurzweiligen Bürgerinitiativen und meist innerbetrieblichen Interessenvereinigungen ab.

Ziel der Vereinigung in einem Interessenverband ist die Bündelung und Regelung der gleich gerichteten oder ähnlichen Interessen, sowie deren Vertretung gegenüber anderen. Hierfür bedient er sich der Veröffentlichung und der direkten Einflussnahme. Bei der direkten Einflussnahme werden durch Vertreter des Interessenverbandes (Lobby) Hintergrundinformationen aus dem Sachgebiet des Interessenverbands an Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft herangetragen. Sofern die Interessenverbände auf die Gesetzgebung u.a. politische Akte direkt Einfluss zu nehmen suchen, nennt man sie auch Pressuregroups (deutsch: Druck 'ausübende' Gruppen).

In Deutschland hat jeder Mensch das Recht, Interessenverbände zu gründen. Diese unterstehen dem Vereinigungsrecht und Koalitionsrecht. Sie sind in Deutschland im Grundgesetz (Artikel 9, Abs.1) geschützt.

Inhaltsverzeichnis

Arten von Interessenverbänden

In allen Bereichen unterscheidet man zwischen 1. Verbänden von Einzelpersonen, Vereinen oft sehr ähnlich, wenn nicht sogar rechtlich als Verein geführt 2. Verbänden von Institutionen, in denen sich kleine Verbände zu einem Dachverband gruppieren

Aufgaben und Einbringung in der Politik

Verbände übernehmen Aufgaben für die Gesellschaft, für die Politik und ihre Mitglieder:

  • Interessenartikulation, das heißt Formulierung einzelner Interessen
  • Interessenaggregation, das heißt Verdichtung individueller Wünsche der Mitglieder zu einem entscheidungsfähigem Gruppenwillen
  • Interessenselektion, d. h. Auswahl bestimmter, gleichgesinnter und umsetzbaren Zielen (geht Hand in Hand mit Interessenaggregation)
  • Interessenpartizipation, d. h. gibt dem Bürger die Möglichkeit seine Wünsche und Interessen jenseits der Wahlen konkreter zum Ausdruck vor den Staatsgewalten zu bringen
  • Interessensvertreter versuchen, wo immer sie können, für ihre Gesichtspunkte zu werben und diese zur Geltung zu bringen (vgl.: Lobbyismus)
  • Staatliche Verwaltung wird von Verwaltung der Verbände kontrolliert (wenn Parlament und Parteien nicht mehr dazu in der Lage sind)
  • Verbandsvertreter sind in ihrer Partei für die jeweiligen Sachgebiete die wichtigsten Vertreter und haben erheblichen Einfluss auf Willensbildung in der Fraktion

Einflussaddressaten der Interessenverbände:

Unmittelbarer Einfluss auf:

- Öffentliche Meinung: Information, Stellungnahme, Demonstration, Eigene Medien

- Parteien: Stimmenpakete, Spenden, Personelle Durchsetzung

- Bundestag: Personelle Durchsetzung, Sachverstand

- Bundesregierung: Eingaben, Unterstützung (oder Sabotage) von Maßnahmen

- Ministerialverwaltung: Kontakte, Information, Eingaben, Personelle Durchsetzung

Mittelbarer Einfluss durch:
- öffentliche Meinung auf

- Bundesregierung
- Bundestag
- Parteien

- Parteien auf:

- Bundesregierung
- Bundestag
- Ministerialbürokratie

- Ministerialbürokratie auf Bundesregierung (Referentenentwurf -> Gesetzesentwurf)

Entstehung und Nichtentstehung

Die Gründung eines Interessenverbandes verursacht gerade am Anfang hohe Kosten. Nicht selten stand in der Vergangenheit bei der Gründung eines Interessenverbandes ein Mäzen, der den ersten Schritt tat. Fehlt diese Initialzündung, so werden Interessenverbände oftmals nicht gegründet.

Unterschiede zu Parteien

Im Gegensatz zu Parteien sind Verbände nicht darauf ausgerichtet, infolge von Wahlen Verantwortung in Form politischer Ämter zu übernehmen, sie bringen ihre Ziele und Forderungen indirekt ein. Die Tatsache, dass Verbände nicht auf eine große Anzahl von Wählern angewiesen sind, erlaubt es ihnen, eine deutlich spezialisiertere Meinung zu vertreten als insbesondere Volksparteien, die versuchen alle Wahlberechtigten anzusprechen. Dementsprechend werden sie juristisch nicht wie Parteien behandelt (u.a. keine Parteiprogrammpflicht), sondern in der Regel wie Vereine. Im Gegensatz zu Parteien nehmen Interessenverbände nicht an allgemeinen Wahlen teil.

Literatur

  • Ulrich von Alemann: Organisierte Interessen in der Bundesrepublik, Opladen 1989, ISBN 3810007900
  • Gunnar Bender, Lutz Reulecke: Handbuch des deutschen Lobbyisten. ISBN 3899810058
  • Brehm, Alexander: Sind Verbände noch zeitgemäß? Ein Vergleich zwischen dem Centralverband Deutscher Industrieller und dem Bundesverband der Deutschen Industrie e.V., polisphere library, ISBN : 978-3-938456-19-4, Berlin 2008.
  • Steffen Dagger, Christoph Greiner, Kirsten Leinert, Nadine Meliss, Anne Menzel (Hrsg.): Politikberatung in Deutschland, Verlag für Sozialwissenschaften, 2004, ISBN 3-531-14464-2 (Mit Beiträgen von Angela Merkel, Wolfgang Gerhardt, Peter Radunski, Wolf-Dieter Zumpfort etc.)
  • Steffen Dagger; Michael Kambeck (Hrg.): Politikberatung und Lobbying in Brüssel, VS-Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007. ISBN 3531153889
  • Jens Kirsch: Geographie des deutschen Verbandswesens: Mobilität und Immobilität der Interessenverbände im Zusammenhang mit dem Regierungsumzug, LIT Verlag, Münster 2003.
  • Thomas Leif, Rudolf Speth (Hrsg.): Die stille Macht. Lobbyismus in Deutschland. Westdeutscher Verlag, 2003, ISBN 3-531-14132-5
  • Martin Sebaldt, Alexander Straßner: Verbände in der Bundesrepublik Deutschland, Wiesbaden 2004, ISBN 3531135430
  • Klaus von Schilling: Das politisch-soziale System der Bundesrepublik Deutschland. Ein Landeskunde-Kompendium. Teil 2: Parteien und Verbände. SAXA Verlag Köln 2007, ISBN 978-3-939060-06-2
  • Günter Bentele, Tobias Liebert, Michael Vogt (Hrsg.): PR für Verbände und Organisationen. Fallstudien aus der Praxis. Neuwied, Kriftel: Luchterhand, 2001

Siehe auch


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