Vietnam während des 2. Weltkrieges

Vietnam während des 2. Weltkrieges

Inhaltsverzeichnis

Kriegsbeginn

Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 verstärkte das Kolonialregime seine Repressionen gegen jede Bewegung, die ihr in irgendeiner Form Widerstand entgegenbrachte. Angesichts des Hitler-Stalin-Paktes gingen die Franzosen gegen Kommunisten besonders hart vor und zerschlugen alle kommunistischen Organisationen. Viele ihrer Anhänger flohen nach China, wohin auf Grund der französische Verfolgung auch das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Indochinas bereits übergesiedelt war. Im Übrigen waren die Auswirkungen des Kriegsausbruches in Indochina sehr gering.

Französisch-japanische Doppelherrschaft

Wesentlich beunruhigender wirkte aus der Perspektive der Kolonialfranzosen und auch vieler Vietnamesen das ständige Vordringen der japanischen Truppen in China. Zwei Monate nach dem Beginn des Krieges 1937 verlangte die japanische Regierung von den Franzosen die Kontrolle über die Eisenbahnlinie von Haiphong bis zur chinesischen Grenze, um die Lieferung von Kriegsmaterial für die Truppen Tschiang Kai-scheks über Indochina unterbinden zu können.

Vorerst wurde dieses Ansinnen jedoch vom 1938 eingesetzten Generalgouverneur Georges Catroux abgelehnt. Die Japaner unterließen es daraufhin, bis zur Kapitulation Frankreichs weitere Forderungen zu stellen, da sie sich nicht auf einen weiteren Krieg einlassen wollten. Nachdem jedoch das französische Mutterland im Juni 1940 kapituliert hatte, begann Japan auf die Kolonialregierung Druck auszuüben. Es wurde ein Ultimatum an Catroux gestellt, in dem mit einem Einmarsch japanischer Truppen gedroht wurde, wenn die Hilfslieferungen an die Truppen Chiang-Kai-sheks nicht beendet würden. In Anbetracht der militärischen Isolierung Indochinas entschied der Generalgouverneur die Hilfslieferungen einzustellen. Catroux hatte gehofft, die britischen Truppen in Singapur für ein gemeinsames Vorgehen gegen Japan bewegen zu können.

Dazu kam es jedoch nicht mehr, denn die neue Regierung in Vichy ließ ihn bereits im Juli 1940 durch den Pétain ergebenen Admiral Decoux ablösen. Um die französische Souveränität in Indochina möglichst unversehrt zu bewahren, gab Decoux bedingungslos auch einem zweiten japanischen Ultimatum nach und gewährte den Japanern das Durchmarschrecht, die Stationierung von Truppen und die Benutzung von Flugplätzen. Durch weitere Stationierungsabkommen im Jahre 1941 verstärkten die Japaner ihre Truppen und brachten praktisch alle wichtigen Militärstützpunkte in Vietnam unter ihre Kontrolle. Auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit wurde organisiert, wobei Japan diverse Privilegien eingeräumt wurden. Für die Dauer von fünf Jahren wurde Vietnam somit einer französisch-japanischen Doppelherrschaft unterworfen. In Vietnam befand sich von 1941 bis zum Sommer 1943 und vom Herbst 1944 bis zum Kriegsende das Hauptquartier der japanischen Südarmeen unter Terauchi Hisaichi.

Die französische Kolonialverwaltung wurde dabei nicht angetastet, denn auf Grund der Kollaboration des Decoux-Regimes konnte sich Japan vorerst auf ein System indirekter Herrschaft beschränken. So überließ Tokio die innere Sicherheit dann auch ganz den Franzosen, die mit ungekannter Schärfe gegen Kommunisten sowie antikolonialistische und antijapanische Gruppen vorgingen. Am 9.März 1945 wurden die verbleibenden französischen Soldaten entwaffnet und zusammen mit den führenden Bürokraten interniert, da die japanischen Besatzer, deren Zuverlässigkeit angesichts der Erfolge der Alliierten anzweifelten. Es wurde mit Zustimmung Bao Dai das „unabhängige“ Vietnam ausgerufen. Unter Tran Trong Kim wurde eine Regierung gebildet, die aufgrund der Zeitumstände wenig aktuelle Macht ausüben konnte und sich nach der Kapitulation Japans auflöste.

Dass die Japaner den kolonialen Status quo offiziell respektierten, hinderte sie jedoch nicht daran, vietnamesische Nationalisten sowohl ideologisch als auch finanziell und militärisch zu unterstützen. In erster Linie galt diese Unterstützung projapanischen Gruppierungen, die für die Unabhängigkeit Vietnams im Rahmen einer von Japan propagierten „Groß-Ostasiatischen Wohlstandssphäre“ eintraten. Außerdem begannen die Japaner mit der systematischen Ausplünderung des Landes. Neben Bodenschätzen requirierten sie mehrere Millionen Tonnen Reis, das Grundnahrungsmittel der Vietnamesen, zu willkürlich festgelegten Minimalpreisen. Größtenteils wurde er zu Treibstoff für Militärfahrzeuge verarbeitet oder in Kraftwerken verheizt. Als Folge dieser Politik brach eine allgemeine Hungersnot aus, die im letzten Kriegsjahr fast zwei Millionen Menschen das Leben kostete und zu einer verheerenden Inflation führte.

Die Việt Minh

Die einzige politische Gruppierung, die zu dieser Zeit sowohl gegen das vichytreue französische Kolonialregime als auch die Japaner kämpfte, war die Việt Minh (Liga für die Unabhängigkeit Vietnams). Sie hatte sich unter der maßgeblichen Beteiligung Ho Chi Minhs, der aus China zurückgekehrt war, im Mai 1941 gegründet. Ihr gehörten neben bürgerlichen Kräften vor allem junge, kommunistisch gesinnte Intellektuelle an.

In ihrem ersten Manifest vom 25. Oktober 1941 forderte sie neben der Zerstörung des faschistischen Kolonialismus und Imperialismus, die Zusammenarbeit mit allen demokratischen Ländern (in erster Linie waren damit Amerika und China gemeint), die Errichtung einer demokratischen Republik auf der Grundlage des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes, die Verstaatlichung der Industrie sowie die Schaffung eines Wohlfahrtsstaates.

Ihr Erfolg ist nicht zuletzt auf Ho Chi Minh selbst zurückzuführen, denn neben seinem großen Ansehen als international erfahrener Revolutionär besaß er außerdem ein überragendes Organisationstalent, die Fähigkeit, Menschen für seine Sache zu begeistern und damit die Integrationskraft, die ihn für die nächsten vier Jahre zum unumstrittenen Führer der vietnamesischen Widerstands- und Unabhängigkeitsbewegung machen sollte.

Der französische Widerstand

Auch unter den Franzosen begann sich der Widerstand gegen die Japaner zu organisieren. Nachdem das im Juni 1943 von de Gaulle gegründete Französische Komitee der Nationalen Befreiung von zahlreichen Alliierten als die rechtmäßige Regierung Frankreichs anerkannt wurde, bildeten sich auch in Indochina gaullistische Widerstandsgruppen.

Während die USA die Viet Minh bereits finanziell in ihrem Kampf gegen die Japaner unterstützten, lehnten die Gaullisten jede Zusammenarbeit ab, denn für sie war der Kampf gegen Japan nur eine Etappe auf dem Wege zur vollständigen Wiederherstellung des Kolonialregimes. Die Zusammenarbeit mit der Việt Minh, die aus ihren Erbfeinden bestand, war für sie einfach undenkbar. Doch zu einer militärischen Aktion gegen die Japaner, die von den Franzosen heimlich vorbereitet wurde, sollte es nicht mehr kommen. Gerüchte über die französischen Pläne, eine bevorstehende amerikanische Invasion in Indochina sowie die Bildung der provisorischen Regierung in Frankreich und die Niederlage Japans in der Schlacht um die Philippinen zwangen die Japaner unter Terauchi Hisaichi zum Handeln. Dabei kam ihnen zugute, das nach der Niederlage auf den Philippinen genügend Truppen in Indochina vorhanden waren, um die Franzosen zu ersetzen.

Um ihre Machtposition in Indochina zu behaupten, stellten sie Admiral Decoux am 9. März 1945 ein Ultimatum, die französischen Truppen sofort dem japanischen Oberkommando zu unterstellen. Als dieser ausweichend antwortete, entwaffneten sie innerhalb weniger Stunden die französischen Streitkräfte und besetzten alle strategisch wichtigen Punkte des Landes. Die Franzosen waren völlig überrascht worden, so dass sich nur wenige Einheiten der knapp 30.000 Mann starken Kolonialarmee mit Unterstützung der Vietminh nach China zurückziehen konnten.

Dieser militärischen Entmachtung des Kolonialregimes folgte in vielen Teilen des Landes die Auflösung der französischen Zivilverwaltung. Etwa 8.000 französische Zivilisten wurden in besonderen Stadtvierteln interniert. Wo die alten Verwaltungsstrukturen bestehen blieben, wurden die Leitungsfunktionen von den Japanern übernommen.

Siehe auch: Vietnam unter französischer Kolonialherrschaft, Augustrevolution, Vorgeschichte des Indochinakrieges


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