Wabi Sabi

Wabi Sabi

Wabi-Sabi (jap. 侘寂) ist ein ästhetisches Konzept (Konzept der Wahrnehmung von Schönheit), das in Japan entstand. Eng mit dem Zen-Buddhismus verbunden, ist es eine Entsprechung zur ersten der buddhistischen Vier Edlen Wahrheiten, Dukkha.

Ursprünglich bedeutet "Wabi": sich elend, einsam und verloren fühlen. Dies wandelte sich zur Freude an der Herbheit des Einsam-Stillen. Aber erst in der Verbindung mit "Sabi": alt sein, Patina zeigen, über Reife verfügen, entstand die eigentlich nicht übersetzbare Begriffseinheit, die den Maßstab der japanischen Kunstbewertung bildet. Nicht die offenkundige Schönheit ist das Höchste, sondern die verhüllte, nicht der unmittelbare Glanz der Sonne, sondern der gebrochene des Mondes. Der bemooste Fels, das grasbewachsene Strohdach, die knorrige Kiefer, der leicht berostete Teekessel, das und ähnliches sind die Symbole dieses Schönheitsideals. Es geht um die Hoheit, die sich in der Hülle des Unscheinbaren verbirgt, die herbe Schlichtheit, die dem Verstehenden doch alle Reize des Schönen offenbaren (Gundert).

In den Wäldern drüben,
tief unter der Last des Schnees,
ist letzte Nacht
ein Pflaumenzweig erblüht.

In diesem berühmten Vers spürt der Verständige das "Sabi" und "Wabi", besitzt mit diesem Verständnis den Schlüssel zu den scheinbar unscheinbaren Werten japanischer Poesie und Kunst.

Inhaltsverzeichnis

Erläuterung

Eine Wabi-Sabi-Qualität von Objekten besteht in Präsenz und stiller Autorität ohne Züge von Überheblichkeit. Wabi-Sabi-Objekte tangieren oft die Vergänglichkeit und die Einsamkeit des Seins oder wehmütige Traurigkeit. Hierin spiegelt sich ihre innere Verwandtschaft zum Zen wider.

Wabi-Sabi lädt dazu ein, kleine Dinge neu zu entdecken und die Harmonie des Unscheinbaren in der Natur zu empfinden. Es ist gegenwartsorientiert und vertraut mit Uneindeutigkeit und bestehenden Widersprüchlichkeiten. Nicht-Perfektion nimmt eine neue Bedeutung an und wird Grundlage eines Schönheitsideals von individuellen Lösungen und organischen Formen.

Geschichte

Der Begriff Wabi-Sabi wurde im 16. Jahrhundert von dem japanischen Tee-Meister und Zen-Mönch Sen no Rikyu eingeführt. Die entsprechende Denkweise war aber bereits im ganzen japanischen Mittelalter (also ungefähr ab dem 12. Jahrhundert) weit verbreitet. Auch im japanischen Altertum (7. bis 11. Jahrhundert) finden sich bereits einige Ansätze in dieser Richtung, die aber neben anderen Idealen zurückstehen mussten.

Wabi-sabi in der japanischen Kunst

Viele japanische Kunstrichtungen in den letzten 1000 Jahren wurden von Zen beeinflusst, insbesondere von der Akzeptanz und Kontemplation der Unvollkommenheit, des ständigen Flusses und der Impermanenz aller Dinge. Solche Künste können die Ästhetik des Wabi-sabi exemplarisch zeigen. Dazu zählen beispielsweise:

Zitate

Nach Leonard Koren ist wabi-sabi das auffälligste und charakteristischste Merkmal der traditionellen japanischen Schönheit. Es "nimmt etwa die gleiche Position im Pantheon der japanischen ästhetischen Werte ein, wie die Ideale des antiken Griechenlands von Schönheit und Perfektion dies im Westen tun." Andrew Juniper erklärt: "Wenn ein Objekt oder ein Ausdruck in uns ein Gefühl der tiefen Melancholie und eines spirituellen Sehnens hervorruft, dann kann man sagen, dieses Objekt sei Wabi sabi." Richard R. Powell fasst Wabi-Sabi so zusammen: "Es nährt alles, was authentisch ist, da es drei einfache Wahrheiten anerkennt: nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt."

"Beschränke alles auf das Wesentliche, aber entferne nicht die Poesie. Halte die Dinge sauber und unbelastet, aber lasse sie nicht steril werden."

Westlicher Gebrauch zur Produktwerbung

In den 1990ern wurde das Konzept von Softwareprogrammierern ausgeliehen und in agiler Softwareentwicklung und Wiki wiki implementiert, um den Zustand der fortwährenden Imperfektion dieser Produkte oder Methoden zu beschreiben. Der deutsche Uhrenhersteller Klaus Ulbrich (Temption) beruft sich mit seinen Modellen ebenfalls auf Wabi-Sabi als wesentliche Inspiration.[1]

Literatur

  • Leonard Koren: Wabi-sabi für Künstler, Architekten und Designer. Japans Philosophie der Bescheidenheit. Wasmuth, Tübingen 2000, ISBN 3-80303-064-1
  • Hans Schwalbe: "Japan". Prestel, München 1979, ISBN 3-7913-04860
  • Andrew Juniper: "Wabi Sabi: The Japanese Art of Impermanence", Tuttle Publishing, 2003. ISBN 0804834822.
  • Richard R. Powell: "Wabi Sabi Simple", Adams Media 2004, ISBN 1593371780.
  • Christopher A. Weidner: "Wabi Sabi: Nicht perfekt und trotzdem glücklich! Der asiatische Weg zu mehr Gelassenheit.", München: Knaur 2007, ISBN 9783426644591.

Siehe auch

Quellen

  1. Temption (Uhren-Wiki)

Weblinks


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