Willy Marxsen

Willy Marxsen
Willi Marxsen, ca. 1989, in der Pause einer neutestamentlichen Sozietät im Park des Landheimes "Haus Rothenberge" der Uni Münster
(Privatfoto)

Willi Marxsen (* 1. September 1919 in Kiel; † 18. Februar 1993 in Münster (Westfalen)) war ein evangelischer Theologe und Professor für Neutestamentliche Einleitungswissenschaft und Theologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.


Inhaltsverzeichnis

Biografie

Willi Marxsen wurde am 1. September 1919 in Kiel geboren. Er studierte 1945-1948 an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel evangelische Theologie. Seine Promotion erfolgte 1948 zum Thema: "Die Einsetzungsberichte zum Abendmahl". 1949-1953 war er zunächst Vikar und anschließend Pastor an der Kirche St. Aegidien in Lübeck. 1953-1956 war Marxsen Studieninspektor am Predigerseminar in Preetz.

Willi Marxsen habilitierte sich 1954 mit der Schrift "Der Evangelist Markus. Studien zur Redaktionsgeschichte des Evangeliums", die 1956 veröffentlicht wurde. Im Jahre 1956 wechselte Marxsen an die Kirchliche Hochschule Bethel, an der er eine Professur für Neues Testament innehatte und an die er für das WS 1984/85 noch einmal für ein Gastsemester zurückkehrte.

1961 folgte Marxsen einem Ruf nach Münster an die Westfälische Wilhelms-Universität. Dort war Professor Marxsen bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1984 Inhaber eines Lehrstuhls für Neutestamentliche Einleitungswissenschaft und Theologie.

1963 wurde Marxsen Ehrendoktor der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel ("D. theol."), die Universität Dubuque in Iowa, USA, verlieh ihm die Würde eines Ehrendoktors ("Doctor of Divinity, Honorary Degree") im Jahre 1987. Auch nach seiner Emeritierung widmete sich Willi Marxsen der Lehre und Forschung, hielt Vorlesungen und Seminare, veröffentlichte und ging auf Vortragsreisen.

Er starb in Münster (Westfalen) am 18. Februar 1993.

Theologie

Willi Marxsens im Jahre 1956 veröffentlichte Habilitationsschrift "Der Evangelist Markus. Studien zur Redaktionsgeschichte des Evangeliums" machte den Autor neben Hans Conzelmann und Günther Bornkamm zum eigentlichen Initiator der redaktionsgeschichtlichen Methode innerhalb der deutschsprachigen und internationalen Exegese. Der Begriff Redaktionsgeschichte geht auf Marxsen zurück und wird z.B. im englischen, französischen, italienischen und spanischen wissenschaftlichen Sprachgebrauch als Fachbegriff nicht übersetzt, sondern auch als Redaktionsgeschichte bezeichnet. Marxsens Anliegen dabei war es insbesondere, die vorfindlichen neutestamentlichen Schriften auf das Wirken von Redaktoren zu untersuchen, die mit eigenen theologischen Positionen Texte oder Textsammlungen zusammengeführt, bearbeitet und dabei in ihrer Aussage verändert haben. Die Endfassungen der neutestamentlichen Schriften sah Marxsen als von Redaktoren mit eigenen theologischen Interessen komponierte Werke.

Willi Marxsen lenkte ausgehend von der von ihm äußerst kritisch gesehenen Frage nach dem "historischen Jesus" (Leben-Jesu-Forschung) sein Augenmerk besonders auf die Auferstehungsthematik. Hier führte er die Differenzierung zwischen dem "Jesus-Kerygma" und dem "Christus-Kerygma" ein. In dieser Position unterschied er sich von Rudolf Bultmann. Bultmann sah den Beginn des Christentums erst nach Kreuzigung und Auferstehung Jesu (Christus-Kerygma), für Marxsen gab es eine ungebrochene Kontinuität zwischen dem durch das Wirken des Menschen Jesus schon zu dessen Lebzeiten hervorgerufenen Glauben und dem nachösterlichen christlichen Glauben (Jesus-Kerygma). Marxsen formulierte in seinen Lehrveranstaltungen sinngemäß stets: "Ostern bedeutet, dass der am Kreuz 'gescheiterte' Glaube neu gewagt wurde", wobei er die Inhalte des nachösterlichen Glaubens als im Prinzip die gleichen sah wie diejenigen zur Zeit des Lebens und Wirkens Jesu. Er bezeichnete die Auferstehung Jesu als "Widerfahrnis des Sehens" gegenüber seinen Jüngern und als ein "zeitgebundenes Interpretament".

Hauptwerke

  • Die Einsetzungsberichte zum Abendmahl, Dissertation, Selbstanzeige erfolgte 1952, erschienen im Selbstverlag, Kiel
  • Der Evangelist Markus. Studien zur Redaktionsgeschichte des Evangeliums, Göttingen 1956
  • Exegese und Verkündigung. Zwei Vorträge, München 1956
  • Der "Frühkatholizismus" im Neuen Testament, Neukirchen-Vluyn 1958
  • Anfangsprobleme der Christologie, Gütersloh 1960
  • Das Abendmahl als christologisches Problem, Gütersloh 1963
  • Einleitung in das Neue Testament. Eine Einführung in ihre Probleme, Gütersloh 1963
  • Die Auferstehung Jesu als historisches und als theologisches Problem, Gütersloh 1964
  • Der Streit um die Bibel, Gladbeck 1965
  • Das Neue Testament als Buch der Kirche, Gütersloh 1966
  • Der Exeget als Theologe. Vorträge zum Neuen Testament, Gütersloh 1968
  • Die Auferstehung Jesu von Nazareth, Gütersloh 1968
  • Darf man kleine Kinder taufen? Eine falsche Fragestellung, Gütersloh 1969
  • Predigten, Gütersloh 1969
  • Die Sache Jesu geht weiter, Gütersloh 1976
  • Christologie - praktisch, Gütersloh 1978
  • Einleitung in das Neue Testament. Eine Einführung in ihre Probleme, 4., völlig neu bearbeitete Auflage, Gütersloh 1978
  • Der 1. Thessalonicherbrief, Zürich 1979
  • Predigten mit neutestamentlichen Texten, Gütersloh 1980
  • Der 2. Thessalonicherbrief, Zürich 1982
  • "Christliche" und christliche Ethik im Neuen Testament, Gütersloh 1989
  • Jesus and Easter. Did God Raise the Historical Jesus from the Dead?, Nashville, 1990
  • Jesus and the Church. The Beginnings of Christianity, Philadelphia 1992

Literatur

Dietrich-Alex Koch, Gerhard Sellin, Andreas Lindemann: Jesu Rede von Gott und ihre Nachgeschichte im frühen Christentum. Beiträge zur Verkündigung Jesu und zum Kerygma der Kirche. Festschrift für Willi Marxsen zum 70. Geburtstag, Gütersloh 1989

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • 18. Feber — Der 18. Februar (österr. Feber) ist der 49. Tag des Gregorianischen Kalenders, somit bleiben 316 Tage (in Schaltjahren 317 Tage) bis zum Jahresende. Historische Jahrestage Januar · Februar · März 1 2 …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Mars–Marz — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Persönlichkeiten (Schleswig-Holstein) — In dieser Liste der Persönlichkeiten (Schleswig Holstein) sollen diejenigen Persönlichkeiten genannt werden, die in Schleswig Holstein geboren, gewirkt oder gestorben sind und die in Geschichte, öffentlichem Leben, Politik, Wissenschaft,… …   Deutsch Wikipedia

  • List of classical pianists — This is an alphabetized list of notable pianists who play or played classical music. For a list of recorded classical pianists see List of classical pianists (recorded). If you add a name to the list below and know that the pianist recorded,… …   Wikipedia

  • 18. Februar — Der 18. Februar (österr. auch Feber) ist der 49. Tag des Gregorianischen Kalenders, somit bleiben 316 Tage (in Schaltjahren 317 Tage) bis zum Jahresende. Historische Jahrestage Januar · Februar · März 1 2 …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Persönlichkeiten der Stadt Münster — Diese Liste von Persönlichkeiten enthält Personen, die in einem besonderen Verhältnis zur Stadt Münster in Westfalen stehen. Dazu zählen insbesondere die zu Ehrenbürgern ernannten, sowie berühmte Personen, die in Münster geboren wurden oder in… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”