Wortbildungsmorphem

Wortbildungsmorphem

Ein Wortbildungsmorphem ist ein unselbständiges Morphem, das zusammen mit einem lexikalischen Morphem ein neues Wort bildet.

Statt vom Wortbildungsmorphem spricht man auch vom Derivationsmorphem oder Formationsmorphem[1].

Wortbildungsmorpheme sind insbesondere Vorsilben (Präfixe) oder Nachsilben (Suffixe):

  • Beispiel (Präfix) {be-}: be-erben, be-singen, be-dauern, be-weinen ...
  • Beispiel (Suffix) {-ung}: Satz-ung, Beobacht-ung, Bewunder-ung, Bild-ung ...

Die Wortbildungsmorpheme sind von den Flexionsmorphemen zu unterscheiden, die der Durchführung der Flexion dienen. In der formalen Hinsicht der Stellung zu einem lexikalischen Grundmorphem sind die Flexionsmorpheme allerdings wie die Wortbildungsmorpheme Prä-, Suf- oder Infixe, d.h. Affixe.

Die systematische Einordnung der Wortbildungsmorpheme ist umstritten oder unklar: Wortbildungsmorpheme werden vielfach den grammatischen Morphemen zugerechnet[2]. Grammatische Morpheme werden jedoch als Morpheme mit nur grammatischer oder struktureller Bedeutung definiert [3]. Für Wortbildungsmorpheme wird aber eingeräumt, dass sie "auch semantische Modifikationen" [4] bewirken können. Andere unterscheiden daher lexikalische Morpheme, grammatische Morpheme und Wortbildungsmorpheme [5] oder qualifizieren das Wortbildungsmorphem explizit als "gebundenes lexikalisches Morphem" [6].

Die Wortbildungsmorpheme generell führen vielfach zu einem Genus- oder Wortartwechsel[7], die Suffixe immer[8].

  • Beispiel: Kind - kind-isch, kind-lich[9].

Der Unterschied bzw. der Übergang von Lexemen zu Affixen ist bei diachronischer Betrachtung fließend und bei synchronischer Betrachtung entweder abgeschlossen oder nicht abgeschlossen.

  • Beispiel (abgeschlossener Übergang): Im Althochdeutschen war das Wort scaf ein Lexem mit der Bedeutung Beschaffenheit, Ordnung, Plan. Heute ist es als -schaft ein Suffix [10] (z.B.: Bot-schaft, Hinterlassen-schaft ...).

Für die deutsche Sprache wird von ungefähr circa 3000 lexikalischen, 16 grammatischen und 100 Wortbildungsmorphemen ausgegangen[11].

Bei der abstrakten Beschreibung der Konstituentenstruktur eines zusammengesetzten Wortes benutzt man auch Abkürzungen wie WBM (für Wortbildungsmorphem) oder D (für Derivationsmorphem):

  • Beispiel[12]: Ver-bind-ung (D-K-D = Derivationsmorphem - Kernmorphem - Derivationsmorphem);
Ver-bind-ung-en (D-K-D-F = Derivationsmorphem - Kernmorphem - Derivationsmorphem - Flexionsmorphem)

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Terminologisch verwirrend wird teilweise einerseits vom Wortbildungsmorphem und in gegensätzlicher Bedeutung von wortbildendem Morphem im Sinne eines lexikalischen Morphems gesprochen, so Schlaefer, Michael: Lexikologie und Lexikographie. 2009, S. 20
  2. So z.B. Bogdal, Michael: BA-Studium Germanistik: ein Lehrbuch. Reinbek bei Hamburg, Rowohlt 2008, S. 32; Karatas: Morphologie. In: Volmert (Hrsg.): Grundkurs Sprachwissenschaft. 5. Aufl. (2005), S. 88 oder auch hier derzeit in Morphem
  3. So z.B. Kürschner: Grammatisches Kompendium. 4.Aufl. (2003), S. 64
  4. Schlaefer, Michael: Lexikologie und Lexikographie. 2009, S. 21
  5. So Langemann/Felgentreu (Hrsg.): Duden. Basiswissen Schule: Deutsch. 2. Aufl. (2006), S. 44
  6. So Kürschner: Grammatisches Kompendium. 4.Aufl. (2003), S. 66
  7. So Schlaefer, Michael: Lexikologie und Lexikographie. 2009, S. 21
  8. So Gadler, Praktische Linguistik, 3. Aufl. (1998), S. 105
  9. Nach Schlaefer, Michael: Lexikologie und Lexikographie. 2009, S. 21
  10. Nach Schlaefer, Michael: Lexikologie und Lexikographie. 2009, S. 21
  11. So Langemann/Felgentreu (Hrsg.): Duden, Basiswissen Schule: Deutsch. 2. Aufl. (2006), S. 44
  12. Nach Karatas: Morphologie. in: Volmert (Hrsg.), Grundkurs Sprachwissenschaft, 5. Aufl. (2005), S. 97.

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