Wundversorgung

Wundversorgung
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Vernähen einer Wunde an der Hand

Eine Wunde (lat. „Vulnus“, griech. „Trauma“) ist die Trennung des Gewebszusammenhangs an äußeren oder inneren Körperoberflächen mit oder ohne Gewebsverlust. Zumeist ist sie durch äußere Gewalt verursacht, kann aber auch alleinige Folge einer Krankheit sein, beispielsweise ein Geschwür (Ulkus).
Bei psychischer Schädigung wird umgangssprachlich im weiteren Sinn von einer psychischen Wunde, einem seelischen Trauma oder gar einer psychischen Narbe gesprochen (siehe Trauma (Psychologie)).

Inhaltsverzeichnis

Einteilung

Ursache

Narbig verheilte, mehrfache Schnittwunden am linken Unterarm, verursacht durch selbst verletzendes Verhalten. An zwei Narben erkennt man noch gut die Nahtein- und -ausstiche.
  1. durch äußere Gewalt
  2. durch Krankheit. Ursächlich hierbei sind:
    • Gefühlsstörungen oder Schmerzlosigkeit, die minimale Verletzungen oder andauernde Druckbelastungen nicht fühlen lassen: Koma, diabetische oder alkoholtoxische Neuropathie und vieles mehr
    • motorisches Unvermögen, einen selbständigen Lagerungswechsel zu vollziehen: motorische Lähmungen, Infantilität
    • Durchblutungsstörungen, die eine problemlose Heilung bereits von Bagatellwunden verhindern: arteriosklerotische oder diabetische Mikro- und Makroangiopathien

Wundarten

Man unterscheidet ursächlich folgende Wundarten:

  1. Mechanisch verursachte Wunden entstehen entweder durch scharfe Gewalt (Schnittwunde, Stich-, Hieb- oder Bisswunde) oder durch stumpfe Gewalt (Schürf- (Exkoriation), Riss-, Quetsch- oder Platzwunde, Schusswunde, Pfählung, Ablederungswunde (Decollement) (durch Scherkräfte verursacht), Skalpierung und Dekubitus (durch andauernden Druck zumeist an Auflagepunkten)).
  2. Sowohl durch scharfe als auch stumpfe Gewalt kann es zur teilweisen oder kompletten Abtrennung von Gliedmaßen kommen.
  3. Thermischen Wunde werden durch Verbrennungen, Verbrühungen oder Erfrierungen verursacht
  4. Chemische Wunden gleichen vielfach den Brandwunden. Hierzu gehören Verätzungen durch Säuren (Koagulatiosnekrose) oder Laugen (Kolliquationsnekrose).
  5. Aktinische oder Strahlenwunden kommen durch Verstrahlung durch ionisierende Strahlen wie Röntgenstrahlen oder durch radioaktive Isotope zustande. Strahlenwunden ähneln in manchem den Brandwunden, ihre Heilung ist jedoch viel problematischer, weil die Strahlenwirkung auf den Gesamtorganismus die Heilung zusätzlich negativ beeinflusst.

Topografie

Man unterscheidet topografisch (von der Lage her) äußere und innere Wunden: Letztere sind bei Schuss- oder tiefen Stichwunden durch Waffen aber auch bei spießenden Knochenbrüchen und bei Rasanztraumen (Kfz-Unfall) zu beobachten. Gefürchtet sind hierbei einerseits große Blutungen durch Gefäß- oder Herzverletzung oder Zerreißungen von Milz und Leber. Andererseits drohen Infektionen durch Eröffnung von keineswegs keimfreien Hohlorganen wie Darm oder Harnblase. Lebensbedrohende Funktionsstörungen bei Verletzungen von Gehirn, Herz oder Lunge sind drittens bei solchen Wundsetzungen anzutreffen.

Hingegen zählt die wahrscheinlich häufigste innere Verletzung, die Einblutung in lockeres Weichteilgewebe bei einer Prellung, sofern sie ohne gleichzeitige Durchtrennung der Körperoberfläche vorgefunden wird, per definitionem nicht zu den Wunden.

Komplexität

Es wird die einfache Wunde von der komplizierten Wunde unterschieden.

Eine einfache Wunde ist eine Verletzung von Haut, Unterhaut (Fettschicht), gebenenfalls von Faszie (bindegewebige Körperhülle) und Muskel. Auch eine Läsion der Schleimhaut ohne Perforation wird dieser Gruppe zugeordnet. Hier ist die Heilung oft einfach und sicher zu erreichen.

Eine komplizierte Wunde schließt eine Verletzung von Sehnenscheiden, Sehnen, Gelenken, Gefäßen oder Nerven mit ein. Ebenso gehören Wunden mit Organverletzung und Höhleneröffnung (Leibeshöhle, Brustkorb, Schädel) in diese Gruppe. Die Heilung erfordert hohes ärztliches Können und sollte von keinem Laien versucht werden.

Heilungsverlauf

Primär heilende (p. p. = per primam intentionem) Wunden kommen nur bei sauberen Wunden, deren Ränder nicht klaffen, vor.

Sekundär heilende (p. s. = per secundam intentionem) Wunden sind solche, bei denen ein Gewebsdefekt vorliegt, den der Organismus durch neu zu bildendes Bindegewebe (Narbe) und Überhäutung schließen muss, oder solche mit einer Verkeimung, welche die primäre Heilung verhindert. Diese Wunden sind bakteriell infiziert (mit Bakterien besiedelt). Die Keimart kann durch einen Wundabstrich identifiziert und die Wirksamkeit von Antibiotika mittels Antibio- oder Resistogramm vorhergesagt werden.

Heilung unter Schorf ist ein Sonderfall. Unter Schorf heilen nur sehr oberflächliche Wunden, bei denen nur die Epidermis verloren ging. Hierbei wächst die Epidermis von Rande her unter den Schorf und schließt den Defekt. Deshalb tritt hier niemals eine Narbe ein.

Infektionsgefahr

Das größte Risiko haben Verletzungen durch kontaminierte Instrumente beim Pathologen, Abdecker, Schlachter, Fischer oder Verletzungen an kontaminierten Laborglasscherben (Mikrobiologe). Man fürchtet zu Recht eine Kontamination mit Keimen, die bereits eine Menschen- oder Tierpassage hinter sich haben und virulenter geworden sind. In diese Risikogruppe gehören ebenso Nadelstichverletzungen des medizinischem Personals und Süchtiger (durch benutzte Kanülen). Bei letzteren ist eine Übertragung von HIV und Hepatitis möglich.

In eine ganz andere Gruppe werden verschmutzte Wunden mit Gartenerde oder Straßenstaub oder gar im Schützengraben erworbene eingeordnet. Hier droht eine Infektion mit ruhenden Sporen (Tetanus oder Gasbrand).

Eine weitere Gruppe beinhaltet Maschinenverletzungen wie an Förderbändern, Walzen, Mähmaschinen oder Getrieben. Die Gewebezerstörung und folgende Durchblutungsdrosselung begünstigt das Angehen jeglicher Wundkeime.

Das geringste Infektionsrisiko in der Gruppe der Gelegenheitswunden bietet die Schnittverletzung durch ein unbenutztes, sauberes Küchenmesser.

Wundheilung

Hauptartikel: Wundheilung

Die Wundheilung ist ein natürlicher biologischer Prozess und beginnt bereits Minuten nach der Wundsetzung. Das Ziel von Heilungsmaßnahmen ist eine völlige, funktionelle wie kosmetische Wiederherstellung (restitutio ad integrum), die in vollem Umfang nur selten zu erreichen ist. Oft bleibt eine sichtbare Narbe zurück (Defektheilung).

Dem Arzt obliegt es dabei lediglich, durch Optimierung der Bedingungen Beschwerden (Wundschmerz) zu lindern, einer Komplikation oder Infektion vorzubeugen, eine Verzögerung zu verhindern und das kosmetische Resultat so optimal wie möglich zu gestalten. Eine echte Wundheilungsbeschleunigung gibt es noch nicht. Beim Verbandwechsel beobachten Ärzte oder Pflegepersonen den Heilungsfortschritt, reinigen die Wundumgebung und bedarfsweise das Wundgebiet und schützen die Wunde durch eine künstliche Abdeckung.

Es werden – nicht einheitlich und unwidersprochen – drei bis fünf Phasen der Wundheilung unterschieden, die zeitlich überlappend nacheinander auftreten, auf klassischen lichtmikroskopischen Untersuchungen basieren und für das bloße Auge nur bei sekundär heilenden Wunden sichtbar sind. Ausgangspunkt jeder Wundheilung ist eine Störung des Blutflusses durch Kapillarverletzungen. Die initiale Blutung leitet eine Blutgerinnung ein, das zerstörte Blutgefäß wird durch ein Gerinnsel (Blutpfropf) verschlossen.

  • Es beginnt mit der Latenzphase oder Ruhephase, da anscheinend keine makro- und mikroskopisch sichtbaren weiteren Reaktionen eintreten. (In vielen Einteilungsschemata wird sie der folgenden Phase zugeordnet, da sie meist kurz und nur schlecht abzugrenzen ist.)
  • Exsudationsphase, Reinigungs-, Inflammations- oder Entzündungsphase: Bei der Gerinnselbildung wird ein Fibrinnetz gebildet, welches ein Verkleben aneinanderliegender Wundränder ermöglicht. Klares Wundsekret, welches aus Serum besteht, ist mit Entzündungszellen durchsetzt. Unter sauberen Verhältnissen sollte diese Phase nicht länger als ein bis drei Tage dauern. Überschießendes Wundsekret (Exsudat, „austretende Flüssigkeit“) kann bei sekundär heilenden Wunden Fremdkörper und Keime aus der Wunde „herausschwemmen“. Im Verlauf dieser Phase nimmt die Mitose (Zellteilung) im Wundgebiet zu. Monozyten reifen in dem Wundgebiet zu Makrophagen, die Zelltrümmer und Pfropf abräumen. Fibroblasten, die sich aus eingewanderten, aber auch aus im Wundrand ortsständigen Bindegewebszellen entwickeln und durch Zellteilung vermehren, vollbringen in der folgenden Phase die eigentliche Aufbauarbeit. Hierzu ist ein feuchtes Wundmilieu nötig, welches durch moderne Verbandsstoffe nachgebildet wird.
  • Proliferationsphase, Granulationsphase: Durch Bildung (Proliferation) von neuem Bindegewebe wird der Wunddefekt zunehmend aufgefüllt, es entsteht das sichtbar grob gekörnte Füllbindegewebe (Granulationsgewebe). Hand in Hand mit der zellreichen Auffüllung eines Wunddefektes geht der Abbau des Fibrinnetz durch (Fibrinolyse) einher. Zugleich nimmt durch einsprossende Haarkapillaren der Gefäßreichtum zu (Angiogenese/Vaskularisation). Bei sehr kleinen Wunden kann diese Phase schon nach wenigen Stunden beginnen. Im allgemeinen dauert sie vom vierten bis zum zwölften Tag. Ungefähr zwischen dem sechsten und zehnten Tag beginnt die Ausreifung der kollagenen Fasern. Der gesamte Ablauf ist sehr komplex und unterliegt dem Einfluss zahlreicher Wachstumsfaktoren (Zytokine). Das Granulationsgewebe kann sich nur zeitgemäß entwickeln, wenn keine allgemeine oder örtliche Mangelernährung (keine Mangeldurchblutung) und keine unkorrigierte Stoffwechselerkrankungen das Wachstum behindern.
  • In der Regenerationsphase wird die Wunde an der Oberfläche durch Epithelisation geschlossen (Deckgewebe der Epidermis als Epithelgewebe). Der Durchmesser einer gut granulierenden Wunde schließt sich zu einem Drittel ausschließlich durch Schrumpfung, zu zwei Dritteln durch Neubildung (Zellteilung von Oberflächenzellen und Zellwanderung auf der „Gleitbahn“ verflüssigten Fibrins) vom Wundrand her zur Wundmitte. Das darunter gelegene Granulationsgewebe bildet zunehmend Kollagenfasern aus, womit die Wiederherstellung aller Hautschichten nahezu abgeschlossen ist. Da keine elastischen Fasern gebildet werden, verfügt das Narbengewebe über keine Elastizität und ist unvermeidbar „minderwertig“. Deswegen wird in der Therapieplanung eine minimale Narbe angestrebt wird. Die Regenerationsphase dauert etwa ab dem dreizehnten Tag bis zu mehreren Wochen.
  • Manchmal extra bezeichnet wird die Maturation („Reifung“) als weitere funktionelle Anpassung des Narbengewebes an die örtlich verschiedenen Anforderungen. Die weitere Zunahme der Reißfestigkeit des Narbengewebes hängt von der Vernetzung, Verfestigung und Ausrichtung der Kollagenfasern ab. Der Wassergehalt des Gewebes nimmt ab, die anfänglich das Hautniveau gering überstehende Narbe schrumpft regelhaft unter Hautniveau. Auch nimmt der Gefäßreichtum des Narbengewebes ab. Die ursprünglich frisch rote Narbe wird weiß. Dieser Prozess dauert ein bis zwei Jahre.

Wundbehandlung

Nur bei Gelegenheitswunden werden zwei Behandlungsphasen unterschieden, die provisorische und die definitive Wundversorgung.

temporäre oder provisorische Wundbehandlung

Sie ist Gegenstand der Erste Hilfe und trifft nicht auf Operationswunden zu. Die Gelegenheitswunde bedarf einer:

Die Wundabdeckung erfolgt mit einer Wundauflage beispielsweise aus Mull oder mit neueren Verbandsmaterialien und wird mit elastischen Binden fixiert. Bei einfachen Schürf- oder Schnittwunden kann Cyanacrylat-Klebstoff zur Wundabdeckung genutzt werden.
  • Sofortige Ruhigstellung.
Die Ruhigstellung im Rahmen der Erstversorgung erfolgt meist mit aufblasbaren oder anderen Lagerungsschienen.

definitive Wundversorgung

Dieser Abschnitt trifft auf alle Arten von Wunden zu. Auch hierbei sind die Schmerzbekämpfung und Blutstillung zur Schock-Prophylaxe zwingend und wichtig.

Die Schmerzbekämpfung

kann bei umfangreichen Verletzungen durch systemische, den gesamten Körper betreffende Analgesie erfolgen und wird durch die örtliche Betäubung im Rahmen der operativen Wundversorgung ergänzt oder es geschieht die gesamte Versorgung in Narkose.

Die operative Wundversorgung

schließt die definitive Blutstillung mittels Gefäßnaht oder Ligatur von Gefäßstümpfen ein.

Die operative Wundzurichtung bei Gelegenheitswunden
Die beiden folgenden alternativen Behandlungen werden nicht an aseptischen Operationswunden angewendet.
Man unterscheidet vom Aufwand, vom Heilungserfolg und von der Praktikabilität her:
  1. eine Wundtoilette nach Erich Lexer: Reinigung, Debridement ohne oder mit Verschluss
  2. die Wundausschneidung nach Paul Leopold Friedrich: totale Ausschneidung einschließlich Wundgrund, nur mit dem Messer, ohne oder mit Wundverschluss
Sie fußt auf Friedrichs Versuchen zur Wundheilung, der die zeitliche Ausbreitung von Keimen in verkeimten Wunden untersuchte und eine Ausschneidung innerhalb von sechs Stunden zwecks Vermeidung einer wirksamen Infektion postulierte. Aber sie ist bei Gelegenheitswunden oft nicht praktikabel. So wird niemand am Wundgrund einen Nerven oder wichtiges Gefäß ausschneiden.

Der Wundverschluss
Mit vier Stichen genähte Wunde
Eine geklammerte Wunde am Knie

Die Methoden des Verschlusse sind heute vielfältiger als vor einem Jahrhundert. Man kann die Wundränder:

  1. Annähern (adaptieren), z. B. mit Pflasterzügen (Steristrip®, Leukostrip®)
  2. Nähen (mit diversen Stichtechniken und Nadel-Ausführungen)
  3. Klammern und schließlich noch
  4. Kleben

Diese Verfahren können kombiniert vorkommen.

Wundabdeckung

Eine i.e.S. offene Wundbehandlung ist nur in seltenen Fällen erlaubt. Eine verschlossene, also primärheilende Wunde kann aber mit einem Verbandsspray hinreichend vor erneuter Verschmutzung geschützt werden. Vielfach üblich sind aber noch immer sterile Mullpflaster in jedem Falle. Bei Defektwunden und insbesondere bei sekundärheilenden kommen trotz höherer Kosten neuere Verbandstoffe wie Hydrokolloid-haltige feuchte Verbände wie Produkte aus Meeresalgen zur Anwendung, die eine ungestörte biologische Wundheilung begünstigen oder silberhaltige Auflagen wegen deren oligodynamischer Wirkung, welche eine Infektbekämpfung fördern soll.

Ruhigstellung

Die Ruhigstellung ist ein zweischneidig Ding. Die biologische bedingte Heilung läuft in der Frühphase unter völliger Ruhe ungestörter ab. Infektionen durch unvermeidbare Kontamination scheinen seltener aufzutreten. Daher werden noch immer Schienen oder Gipse, mindestens aber immobilisierende Verbande aus weichem Material angelegt. Auf der anderen Seite ist die frühfunktionelle dosierte Mobilisation wichtig für das Gleiten von genähten Sehnen, für die Verhinderung von Kapselschrumpfungen der Gelenke, für den Erhalt muskulärer Kraft (sonst Katabolismus), ja sogar für das physische und psychische Befinden.

Tetanusprophylaxe

Weil eine noch immer mit mehr als 30% tödliche Infektion mit Tetanus durch einfache, unschädliche, und preiswerte Impfung vermieden werden kann, ist der Verletzte innerhalb von 6 bis 12 Stunden auf seinen Impfschutz belegbar zu überprüfen und ggf. zu immunisieren. Die prophylaktische Impfung im Verletzungsfall sollte nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) der Bundesärztekammer erfolgen.

Antibiose

Nicht jede Wunde heilt ungestört. Deshalb kann eine prophylaktische oder therapeutische Antibiose ebenfalls ein Bestandteil in der Wundbehandlung sein.

prophylaktische Antibiose
Eine vorbeugende Gabe ist bei einfachen Wunden schlichtweg unnötig, wegen der Begünstigung einer Antibiotikaresistenz besonders im Krankenhaus (siehe infektiöser Hospitalismus) abzulehnen und drittens kostspielig.
Anders sieht es bei Operationen an verkeimten Organen wie Dickdarm oder bei Risikooperationen wie am Herzen aus. Hier fordert man regulär eine standardisierte Antibiose, die auf randomisierten und anerkannten Studien fußt. Diese wird in aller Regel parenteral (intravenös oder intramuskulär) appliziert, wirkt also systemisch (=körperweit).

therapeutische Antibiose
Eine Wundheilungsstörung im Körperinneren nach schwerer, traumatischer Gewalteinwirkung kann zu einer Blutvergiftung (Sepsis) führen. In solchen Fällen sind therapeutische Antibiotikagaben unbestritten. Nur darf bei schwerer Verwundung nicht automatisch auf eine therapeutische Notwendigkeit geschlossen werden.

Wundheilungsstörung

Nicht nur septische (infektiöse) Wundheilungsstörungen sind problematisch. Auch Wunden bei Hämophilie (Bluterkrankheit) neigen zu gefährlichen Blutungen und erschwerter Wundheilung infolge Gerinnungsstörung durch fehlende oder insuffiziente Gerinnungsfaktoren im Blut.

Man kann Störungen der Wundheilung nach Zeit und Ursache tabellarisch einteilen.

Wundheilungs-
störung
akute chronische
aseptische Wundhämatom
Serom
Wundrandnekrose
Wunddehiszenz
Platzbauch
hypertrophe Narbe
Keloid
atrophes Ulkus
septische pyogene W.
putride W.
anaerobe W.
toxische W.
viral toxische W.
Fistel
infiziertes Ulkus

Kurze Anmerkungen zu den in der Einteilung gelisteten:

akute Wundheilungsstörungen

aseptische Wundheilungsstörungen

Diese Heilungsstörungen der Wunde werden nicht durch Keime verursacht. Die bekanntesten sind:

  • Das Wundhämatom und -serom
    Ein Wundhämatom ist eine Ansammlung von Blut und Blutkoageln im Wundspalt, der hierdurch schmerzhaft auseinandergetrieben wird. Der Schmerz ist proportional zur Drucksteigerung im Gewebe. Kleine Mengen Blut werden vom Körper unter Bildung von farbigen Abbauprodukten des Hämoglobins, die in die Wundumgebung diffundieren und blaurot, dann violett, noch später grün sichtbar sind, beseitigt. Größere Koagel hingegen verflüssigen und sedimentieren. Der fast farblose Überstand wird als Serom bezeichnet.
    Verflüssigte Hämatome und Serome kann man bei Schmerz und exzessiver Größe mit einer Kanüle keimfrei punktieren. Die Gefahr einer Infektion ist mit Schmerzverlust und kosmetischer Verbesserung abzuwägen. Nicht entlastete, große Hämatome werden letztendlich narbig „organisiert“, was zur Funktionsminderung führen kann.
  • Die Wundrandnekrose
    Hierbei ist der Wundrand nicht mehr durchblutet, sondern ist abgestorben. Er sieht statt rosig gelb aus. Da dieser Zustand weder alle Schichten und noch den gesamten Nahtbereich betrifft, muss die Wunde nicht auseinanderweichen. Aber das nekrotische Gewebe „demarkiert“ sich und es resultiert unbehandelt eine sekundär heilende Wunde mit schlechtem Aussehen.
  • Die Wunddehiszenz oder der Nahtwich
    So wird das Auseinanderweichen der Wundränder bezeichnet. Zumeist wird diese Komplikation erst sichtbar, wenn zum allgemein üblichen Termin das Nahtmaterial entfernt wird. Bei zu großer Spannung ist es möglich, dass die Fäden am Wundrand vorzeitig ausreißen, also durchschneiden und deshalb die Wunde klafft. Wenn innere Wunden nicht heilen, also klaffen, wird von einer Nahtinsuffizienz gesprochen. Da hierbei Exkrete (Magen-, Darmsaft, Stuhl, Galle) in die freie Bauchhöhle gelangen, entsteht das gefährliche Krankheitsbild Peritonitis
  • Der Platzbauch
    Ein Platzbauch ist ein Spezialfall des Nahtinsuffizienz bezogen auf den Bauch. Er tritt oft erst einige Tage nach der Operation auf. Man unterscheidet zwei Formen, den offenen Platzbauch, bei dem alle Bauchwandschichten auseinandergewichen sind und Darm, Netz, Leber oder andere Organe sichtbar in der Wunde erscheinen. Hiervon muß man den gedeckten Platzbauch unterscheiden, bei dem hauptsächlich nur die tieferen, tragenden Bauchwandschichten (Faszien) auseinandergewichen sind. Da die Haut häufig nur eine kleine Lücke aufweist, wird dieser Zustand oft verkannt. Ein typisches Zeichen ist der Austritt von Bauchwasser wie ein Quell.
    Beide Formen werden von Ausnahmefällen abgesehen dringlich reoperiert. Mögliche Ursachen, die eine Bauchdrucksteigerung verursachten, werden beseitigt und das Abdomen erneut verschlossen. Die Dringlichkeit ergibt sich einerseits aus der zwingenden Notwendigkeit des Ausschlusses einer anderen unerwünschten Operationskomplikation im Leib und andererseits der Abwendung einer Bauchhöhleninfektion (Peritonitis).

septische Wundheilungsstörungen

Diese Gruppe wird zumeist nicht nach dem klinischen Erscheinungsbild, sondern nach den Erregergruppen eingeteilt:

  • pyogene Wundinfektionen
    Sie werden von den klassischen Eitererregern, wie Streptokokken oder Staphylokokken verursacht, die Blut oder zerfallenes Gewebe besiedeln, dann sich aber im umgebenden Gewebe ausbreiten. Aber auch Mischinfektionen sind nicht selten. Wir kennen Krankheitsbilder wie den Wundabszess oder die Phlegmone die von der Wunde ausgehend Gewebsspalten, wie beispielsweise Sehnenräume in der tiefen Hohlhand oder am Unterarm besiedeln.
  • putride Wundinfektionen
    Bei solchartigen Wundinfektionen spielen Fäulniserreger die wichtige Rolle. Der typische Eitergeruch fällt sogar dem Laien auf. Unter den Krankheitsbildern dominieren die Phlegmonen, die -verläufe sind wesentlich schwerer.
  • anaerob unspezifische Wundinfektionen
    Hier dominieren anaerobe Keime in einer Mischflora. Begünstigt treten solche Infektionen bei Durchblutungsstörungen auf.
  • anaerob toxische Wundinfektionen. Hier ragen zwei Krankheitsbilder mit sehr spezifischen Erregern heraus:
    Der Gasbrand und der Tetanus, detailliert in den beiden Hauptartikeln.
    Obwohl die Tetanusinfektion zu den Wundinfektionen zählt und hier genannt wird, muss angemerkt werden, dass die Wunde selbst oft heilt, es sich im eigentlichen Sinne um keine Wundheilungsstörung handelt.
    Das klinische Bild eines Gasbrandes ist eine schwerwiegende, lebensbedrohliche Wundinfektion.
  • Es gibt noch eine weitere Gruppe, die viral toxischen Wundinfektionen.
    Allgemein bekannt ist aber nur die Tollwut.

chronische Wundheilungsstörungen

  • Die Fistel
    Edle Metalle, keimfreie und chemisch stabile Kunststoffe, sogar bestimmte Gläser können nach Verletzungen oder Operationen im Organismus als sogenannte Fremdkörper (lat.plur. Corpora aliena) einheilen. Sind die Materialien hingegen unverträglich, wie Buntmetall oder große Mengen toten Knochengewebes (sogenannte Sequester) oder gar infiziert, kommt es zur eitrigen Sekretion, zunächst abgekapselt in einem Abszess. Später entleert sich der Eiter über nicht heilende, röhrenförmige Gewebespalten, die Fistel, an die Körperoberfläche, solange sich noch ursächliches Material im Körper befindet. Diese Art von Fistel, die sogenannte Röhrenfistel, besitzt (im Gegensatz zu einer Lippenfistel) keine innere Schleimhautauskleidung. Deshalb heilt sie nach Beseitigung ihrer Ursache schnell.

Siehe auch

Weblinks

Literatur

  • Liliane Juchli, M. v. Mügler, Dudli u. a.: Pflege. Praxis und Theorie der Gesundheits- und Krankenpflege. Thieme, Stuttgart, 1994, 7.Aufl., S. 1065 ff.
  • V. Kozon, N. Fortner, E. Donaty, Th. Wild: Standard zur Durchführung eines Wundverbandes. 2003. (PDF-Dateidownload )
  • P Mahrhofer, A Mayer: Verbinden oder nicht verbinden. Postoperatives Wundmanagement in Zeiten ausgeprägter Sparsamkeit im Gesundheitswesen. In: Speculum - Zeitschrift für Gynäkologie und Geburtshilfe 2006; 24 (2)8-11. (PDF-Dateidownload )
  • Universitätskrankenhaus Eppendorf: Standard zum Verbandswechsel. (PDF-Dateidownload )
  • GMS: Krankenhaushygiene Interdisziplinär. Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH). Band 1 (2006): Die infizierte Problemwunde. [mit 33 Beiträgen]. (PDF-Dateidownload)
  • Kujath, Peter; Michelsen, Angela: „Wunden – von der Physiologie zum Verband.“ Dtsch Arztebl 2008; 105(13): S. 239–48  Artikel

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