Zollitsch

Zollitsch
Erzbischof Zollitsch

Robert Zollitsch (* 9. August 1938 in Filipowa (Filipovo), Königreich Jugoslawien, heute Serbien) ist seit 2003 Erzbischof von Freiburg und seit dem 18. Februar 2008 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Robert Zollitsch wurde 1938 in Filipowa (Filipovo), heute Bački Gračac, in der westlichen Batschka geboren. Er entstammt einer donauschwäbischen Familie. Im Herbst 1944 wurden 212 deutschstämmige Ortseinwohner durch die Jugoslawische Volksbefreiungsarmee ermordet. Unter den Ermordeten befand sich Zollitschs 16-jähriger Bruder[1]. Der sechsjährige Robert Zollitsch, seine Großmutter und drei Cousinen wurden in das Lager Gakovo[2] gebracht. Es befand sich im Gemeindegebiet von Sombor. Die restliche deutschstämmige Bevölkerung von Filipovo wurde größtenteils vertrieben. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Ort in Bački Gračac umbenannt. 1946 floh die Familie Zollitsch nach Deutschland und siedelte sich in Oberschüpf im Landkreis Tauberbischofsheim an. 1953 zog sie nach Mannheim-Rheinau.[3] 1960 legte Robert Zollitsch als Schüler des Studienheims St. Michael am Matthias-Grünewald-Gymnasium in Tauberbischofsheim die Reifeprüfung ab.

Robert Zollitsch studierte 1960 bis 1964 Katholische Theologie an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau und an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Am 27. Mai 1965 wurde er von Erzbischof Dr. Hermann Schäufele im Freiburger Münster zum Priester geweiht. Anschließend war er als Kaplan in Mannheim und Buchen tätig. Nach Tätigkeiten als Repetitor im Collegium Borromaeum und als Dozent am Priesterseminar St. Peter auf dem Schwarzwald wurde er im März 1974 in Freiburg mit einer Untersuchung zu „Amt und Funktion des Priesters in den ersten zwei Jahrhunderten“ zum Doktor der Theologie promoviert.

Von 1974 bis 1983 leitete er das Erzbischöfliche Theologische Konvikt Collegium Borromaeum in Freiburg. Von 1983 bis zu seiner Wahl zum Erzbischof war er Personalreferent der Erzdiözese Freiburg, 1984 wurde Robert Zollitsch zum Domkapitular ernannt. Nach dem gesundheitlich bedingten Rücktritt seines Amtsvorgängers Oskar Saier wurde er am 6. Juni 2003 durch das Domkapitel von Freiburg zum neuen Oberhirten gewählt und mit Schreiben vom 16. Juni 2003 von Papst Johannes Paul II. zum Erzbischof von Freiburg und Metropoliten der Oberrheinischen Kirchenprovinz ernannt. Am 20. Juli 2003 empfing er von Alterzbischof Oskar Saier die Bischofsweihe und wurde so feierlich in das Amt eingeführt. Sein Wahlspruch lautet In fidei communione (In der Gemeinschaft des Glaubens).

Seit 2006 ist Erzbischof Dr. Robert Zollitsch Großkanzler der Gustav-Siewerth-Akademie. Seit 2006 ist er Ehrenmitglied der katholischen Studentenverbindung K.D.St.V. Ferdinandea (Prag) Heidelberg im CV und seit 2009 der katholischen Studentenverbindung K.D.St.V. Wildenstein Freiburg im Breisgau im CV. Außerdem ist er Mitglied des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem und gehört der Gemeinschaft der Schönstatt-Diözesanpriester an.[4]

Zollitsch wurde am 12. Februar 2008 für eine sechsjährige Amtszeit zum Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz gewählt und trat dieses Amt am 18. Februar 2008 an.

Wirken

Erzbischof Zollitsch beim Blutritt

Schon als Personalreferent entwickelte er für die Neuorganisation der unteren pastoralen Ebene das Konzept der Seelsorgeeinheiten, das bis 2008 flächendeckend umgesetzt werden soll. Am 1. November 2005 setzte er – nach umfassenden Konsultationen – erstmals in der Geschichte der Erzdiözese Pastorale Leitlinien[5] in Kraft (Titel: „Den Aufbruch gestalten“). Seit dem Amtsantritt von Robert Zollitsch als Diözesanbischof wurden die Satzungen zahlreicher diözesaner Gremien und Einrichtungen neu gefasst (Pfarrgemeinderäte, Dekanate, Priesterrat). In einer Dekanatsreform zum 1. Januar 2008 wurde die Zahl der Dekanate von bisher 39 auf 26 verringert. Durch die Einführung eines jährlichen Diözesantages und die Förderung der überregionalen Treffen der Priester, der anderen hauptamtlichen Mitarbeiter in der Seelsorge und der Religionslehrer soll die Entwicklung des Diözesanbewusstseins gefördert werden. Das Jahr 2006 wurde mit einer Vielzahl von Veranstaltungen als Jahr der Berufung thematisch gestaltet. Die Priesterausbildung wurde neu geordnet: Das Priesterseminar wurde von St. Peter auf dem Schwarzwald in das Collegium Borromaeum nach Freiburg verlegt. Die Priesterausbildung wurde mit stärkerem Praxisbezug gestaltet. Im Februar 2008 betonte Zollitsch das Recht der Muslime auf Moscheen. Zollitsch ermahnte zu Ostern 2008 die Massenmedien und die Eltern, ihrer Verantwortung gerecht zu werden.[6]

Am 2. April 2008 nahm er am traditionellen Blutritt, der größten Reiterprozession Europas in Weingarten teil. In seiner Predigt im Pontifikalamt in der Basilika St. Martin rief er die versammelten Gläubigen dazu auf, verstärkt missionierend zu wirken und den Sonntag als unverzichtbares Merkmal des Christentums in einer zunehmend säkularen Umwelt zu verteidigen.

Kirchliche und gesellschaftliche Positionen

Zollitsch bezeichnet sich selber als „konservativ im guten Sinne“.[7] In einem Interview des Nachrichtenmagazins Der Spiegel sprach er sich „gegen Denkverbote“ beim Thema Zölibat aus und bezeichnete die Verbindung von Priestertum und Ehelosigkeit als nicht „theologisch notwendig“. Ferner vertrat er eine Öffnung der katholischen Kirche gegenüber neuen gesellschaftlichen Gruppierungen und kritisierte Äußerungen anderer Bischöfe zum Thema Kinderkrippen: „Begriffe wie Gebärmaschinen oder Herdprämie gehören nicht zu meinem Wortschatz und machen jede Diskussion im Ansatz kaputt. Wir brauchen Kinderkrippen, weil viele Eltern sie einfach benötigen.“

Auf Distanz ging er im gleichen Interview zur CDU, sie habe sich „stärker neoliberalen Thesen angenähert“ und stehe dabei „in der Gefahr, die soziale Marktwirtschaft oder das Soziale nicht mehr genügend im Blick zu haben.“ Die Nähe zwischen CDU und katholischer Kirche sei „deshalb geringer geworden“ und andere Parteien wie SPD und Grüne nähmen „Dinge, die uns wichtig sind, stärker auf als früher“.

Im Hinblick auf die Ökumene warb der Freiburger Erzbischof für eine bessere Beziehung zur evangelischen Kirche. Die römische Erklärung über das, was Kirche sei, habe Verstimmung bei den Protestanten ausgelöst. In einem Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel sagte er: Die evangelische Kirche „ist Kirche, aber eine andere. Nach katholischem Verständnis ist sie nicht im vollumfassenden Sinn Kirche. Sie ist Kirche. Ich kann ihr das nicht absprechen.“ [8]

Im Zusammenhang mit Homosexualität sprach er von einer „Veranlagung“ und einer „Realität“. Der Staat kann seiner Ansicht nach auch für diese Gruppe gesetzliche Regelungen wie etwa die Lebenspartnerschaft treffen. Den Begriff Ehe hält er in diesem Zusammenhang für falsch, „weil damit suggeriert wird, dass da etwas mit der Ehe zwischen Mann und Frau gleichgestellt wird.“[8]

Überdiözesane Ämter

Am 12. Februar 2008 wurde Zollitsch zum Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz gewählt. Das Amt trat er am 18. Februar an. Zollitsch ist Mitglied der Kommission für Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste (Kommission IV) der Deutschen Bischofskonferenz. Robert Zollitsch ist Mitglied des Universitätsbeirates der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Er ist Großkanzler der Gustav-Siewerth-Akademie und Bischöflicher Protektor des Caritas-Baby-Hospitals in Bethlehem.

Auszeichnungen und Ehrungen

Werke

  • Amt und Funktion des Priesters: eine Untersuchung zum Ursprung und zur Gestalt des Presbyterats in den ersten zwei Jahrhunderten (Freiburger theologische Studien, Bd. 97) [zugl. Dissertation Universität Freiburg]. Freiburg i. Br.; Basel; Wien: Herder Verlag, 1974. ISBN 3-451-17077-3 (formal falsche ISBN).
  • Zum Dienst der Ehrenamtlichen in den Pfarreien und Seelsorgeeinheiten. Freiburg i. Br.: Erzbischöfliches Ordinariat 2003
  • Aufbruch im Umbruch: Optionen für eine pastorale Schwerpunktsetzung in der Erzdiözese Freiburg. Freiburg i. Br.: Erzb. Seelsorgeamt 2003
  • Suchende Menschen finden den Stern. Ein Begleiter für die Advents- und Weihnachtszeit. Freiburg i. Br., 2008.

Literatur

  • Gerhard Kiefer: Robert Zollitsch. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Ein Porträt. Freiburg, 2008, ISBN 3-451-29940-2
  • Fridolin Keck (Hg.): Glauben gestalten – Glaubensgestalten. Mit Robert Zollitsch auf dem Weg. Freiburg, 2008

Weblinks

Quellen

  1. vergleiche Konradsblatt Online: Worauf kommt es an? Gespräch des Erzbischofs Robert Zollitsch mit Schülern der Alfred-Delp-Realschule in Ubstadt, Artikel vom 25. Februar 2007, abgerufen am 2. März 2008
  2. vgl.der-donauschwabe-mitteilungen.de, Gedenkstätten im ehemaligen Jugoslawien, abgerufen am 2. März 2008
  3. vgl.Pressemitteilungen der deutschen Bischofskonferenz, Lebenslauf des Erzbischofs Robert Zollitsch, Pressemitteilung vom 12. Februar 2008, abgerufen am 2. März 2008
  4. Welt Online vom 12. Februar 2008 schoenstatt.de News vom 15. Februar 2008
  5. Den Aufbruch gestalten. Erzdiözese Freiburg. Abgerufen am 16. Oktober 2006.
  6. In der Auferstehung ist das Neue Wirklichkeit – Osterbotschaft von Erzbischof Robert Zollitsch 2008
  7. domradio.de vom 18. Februar 2008
  8. a b Peter Wensierski, Stefan Berg: „Es wäre eine Revolution“ - Gespräch mit Erzbischof Robert Zollitsch, Der Spiegel, Nr. 8/2008, S. 54f.
  9. „Ehrenpromotion für Erzbischof Zollitsch“, Erzdiözese Freiburg, 28. Mai 2008
Vorgänger Amt Nachfolger

Oskar Saier
Erzbischof von Freiburg
seit 2003

---

Karl Kardinal Lehmann
Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz
seit 2008

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