Şuşa

Şuşa
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Stadtwappen
 
Stadtwappen aus der Zeit des Russischen Reiches (1843)
 
Von Aserbaidschan verwendetes Wappen (de jure)
 
Von der Republik Bergkarabach verwendetes Wappen (de facto)
Şuşa (Republik Bergkarabach)
Red pog.svg
Lage der Stadt in der Republik Bergkarabach nach der Verwaltungseinteilung der Regierung der Republik Bergkarabach
Lage der Stadt in Aserbaidschan nach der Verwaltungseinteilung der aserbaidschanischen Regierung

Şuşa (kyrillischschriftliches aserbaidschanisch und russisch Шуша/Schuscha; armenisch Շուշի/Schuschi) ist eine Stadt in Bergkarabach, umstritten zwischen Aserbaidschan und der international nicht anerkannten Republik Bergkarabach. 2009 hatte die Stadt 3191 Einwohner.[1] Sie liegt auf einer Höhe von 1.500 m über dem Meeresspiegel.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Stadt wurde 1752 vom Herrscher des Khanats Karabach Panah-Ali Khan als Festung Panachabad gegründet. Später wurde es nach einer nahe gelegenen Siedlung in Şuşa benannt und bis 1822 zum administrativen Zentrum des Khanats erhoben. 1805 wurde das Khanat Karabach von Russland unter Protektorat gestellt und verblieb darin bis 1917.[2]

Aga Mohammed Khan belagerte 1797 die Hauptstadt des Khanat Karabach Schuscha und nahm sie nach längeren Kämpfen mit einer Kriegslist ein. Im Massaker, das der Schah in Schuscha anordnete, wurde auch der Dichter und Wesir Molla Pənah Vaqif getötet. Schah Aga Muhammed-Khan selbst wurde in Schuscha von rivalisierenden Landsleuten ermordet[2].[3]

Bis zum Ersten Weltkrieg war Schuscha ein wichtiges kulturelles und wirtschaftliches Zentrum sowohl der Armenier als auch der Aserbaidschaner.[4][5] Die Volkszählung des Russischen Reiches 1897 ergab für die Stadt 25.881 Einwohner, davon 14.420 Armenier, 10.778 „Tataren“ (Aserbaidschaner) und 359 Russen.[6] Es gab eine russisch-orthodoxe und fünf armenisch-gregorianische Kirchen, zwei schiitische Moscheen, eine Realschule, Seiden- und Baumwollweberei sowie bedeutenden Handel.[7]

Ende März 1920 wurde während des Schuscha-Pogroms das armenische Viertel der Stadt von aserbaidschanischen und türkischen Truppen zerstört und ein großer Teil der armenischen Einwohner ermordet. Die Zahlen der Todesopfer gehen weit auseinander und liegen zwischen 500[8][9] und 20.000[10] bzw. 30.000.[11] Die Große Sowjetische Enzyklopädie von 1970 gibt 2096 Todesopfer an.[12] Ein Teil der Armenier konnte fliehen; es blieben kaum überlebende Armenier in der Stadt zurück.[13][14][15][16]

1959 hatte Schuscha nur 6117 Einwohner.[17] Die Große Sowjetische Enzyklopädie von 1978 gibt einen Anteil von 91,7 % Aserbaidschanern an der Bevölkerung an.[12] Nach der sowjetischen Volkszählung vom 12. Januar 1989 lebten in Şuşa 16.767 Aseris und 290 Armenier.[5][18]

Im Bergkarabachkonflikt war Şuşa der wichtigste Stützpunkt der Aserbaidschaner in Bergkarabach: Von hier aus wurde das tiefer gelegene Stepanakert wirkungsvoll unter Beschuss genommen. Die Aserbaidschaner wurden bei der Verteidigung der Stadt auch von einer tschetschenischen Einheit unter Schamil Salmanowitsch Bassajew unterstützt. Trotzdem nahmen am 8. und 9. Mai 1992 armenische Verbände mit Şuşa die letzte Stadt Bergkarabachs ein. Bassajew war einer der letzten, welche die Stellung vor dem Fall der Stadt verließen.[19] Im Zuge dessen wurden praktisch alle aserbaidschanischen Einwohner vertrieben.[20]

Durch die Migrationsbewegungen in Folge dem Bergharabach-Konflikt änderte sich das Bevölkerungsverhältnis drastisch. Von den heute nur noch etwas über 3000 Einwohnern sind die meisten Armenier. In aserbaidschanischen Statistiken findet man noch heute so hohe Einwohnerangaben wie 28.300 Einwohner.[21]

Nach Auffassung der Vereinten Nationen und der Europäischen Union gehören die gesamte Region und damit auch die Stadt Şuşa zu Aserbaidschan.

 
Die Burg von Schuscha
 
Obere Moschee (Yuxarı Gövhar Ağa məscidi), Zustand nach Einnahme durch die Armenier
 
Erlöserkirche (Ghasantschezoz-Kathedrale), Zustand nach Restauration durch die Armenier
 
Panzerdenkmal zur Erinnerung an die armenische Einnahme der Stadt 1992

Kultur

Seit 1840 ist Şuşa wegen seiner Architektur und als Kurort bekannt. Şuşa gilt außerdem als eines der Zentren der aserbaidschanischen und kaukasischen Teppichherstellung. Die Stadt ist bekannt für ihre Komponisten und Sänger, wie die Komponisten Üzeyir Hacıbəyov, Schöpfer der ersten Oper in der Geschichte des moslemischen Orients, und Niyazi, sowie die Sänger Bülbül und Khan Schuschinski. Aus Şuşa stammen die aserbaidschanische Dichterin Xurşidbanu Natəvan; der Dichter Molla Pənah Vaqif wirkte dort. Die Stadt ist deshalb als „aserbaidschanisches Musikkonservatorium“ bekannt.[22]

Die Erlöserkirche (Ghasantschezoz-Kathedrale, 1858–1887) und die Grüne Kirche (Kanatsch Scham, 1818) in Şuşa sind von großer religiöser Bedeutung für die Armenier.

Tourismus

Şuşa war durch seine Lage im Hochgebirge und durch seine vielen Mineralquellen ein beliebter Kur- und Urlaubsort.

Söhne und Töchter der Stadt

Ein aserbaidschanisches Mädchen aus Schuscha (19. Jahrhundert)
  • Qasım bəy Zakir (1784–1857), aserbaidschanischer Dichter
  • Nikolai Sinin (1812–1880), russischer Chemiker
  • Iwan Lasarew (Hovhannes Lasarjan, 1820–1879), armenischstämmiger russischer General
  • Xurşidbanu Natəvan (1832–1897), aserbaidschanische Schriftstellerin
  • Mir Möhsün Nəvvab Qarabaği (1833–1918), aserbaidschanischer Schriftsteller, Komponist und Maler
  • Həsənəli xan Qaradaği (1848–1929), aserbaidschanischer Pädagoge, Historiker und Dichter
  • Murazan (Grigor Ter–Howahannisjan, 1854–1908), armenischer Schriftsteller
  • Nəcəf bəy Vəzirov (1854–1932), aserbaidschanischer Publizist und Dramaturg
  • Süleyman Sani Axundov (1875–1939), aserbaidschanischer Journalist und Schriftsteller
  • Hakob Gjurdschjan (1881–1948), armenischer Bildhauer
  • Üzeyir Hacıbəyov (1885–1948), aserbaidschanischer Komponist
  • Wagarsch Wagarschjan (1894–1959), armenischer Theaterschauspieler
  • Yusif Vəzir Çəmənzəminli (1887–1943), aserbaidschanischer Schriftsteller und Staatsmann
  • Murtuza Məmmədov (Bülbül, 1897–1961), aserbaidschanischer Opernsänger
  • Armen Tachtadschjan (1910–2009), armenisch-russischer Botaniker
  • Nelson Stepanjan (1913–1944) armenischer Militärflieger, zweifacher Held der Sowjetunion
  • Soltan Hacıbəyov (1919–1974), aserbaidschanischer Komponist
  • Lətif Səfərov (1920–1963), aserbaidschanischer Filmschauspieler und -regisseur
  • Sejran Ohanjan (* 1962), armenischer Generaloberst und Verteidigungsminister

Weblinks

 Commons: Şuşa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Results of 2005 census of the Nagorno-Karabakh Republic
  2. a b Johannes Rau: Der Berg-Karabach-Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan, S. 17-18, Verlag Dr. Köster 2007, ISBN 978-3-89574-629-1
  3. А.В. Потто (A. V. Potto): Утверждение русского владычества на Кавказе (Festigung der russischen Herrschaft im Kaukasus), Bd. 1, Tiflis 1904, S. 270.
  4. Leonidas Chrysanthopoulos: Caucasus Chronicles: Nation-Building and Diplomacy in Armenia, 1993-1994, S. 8, Gomidas Institute 2002, ISBN 1-884630-05-7
  5. a b Erich Feigl: Seidenstrasse durchs Feuerland, Die Geschichte Aserbaidschans, S. 87-89, Amalthea Signum Verlag, Wien 2008, ISBN 978-3-85002-667-3
  6. http://demoscope.ru/weekly/ssp/emp_lan_97_uezd.php?reg=397
  7. Brockhaus Konversations-Lexikon, 14. Auflage. Band 14, Eintrag Schuschá. Leipzig, Berlin, Wien 1895.
  8. Thomas de Waal. Black Garden: Armenia and Azerbaijan through Peace and War, ISBN 0-8147-1944-9
  9. Richard G. Hovannisian. The Republic of Armenia, Vol. III: From London to Sèvres, February–August 1920
  10. Lords Hansard, Text für 1. Juli 1997 (170701-19) [1]
  11. Игорь Бабанов, Константин Воеводский: Карабахский кризис, Санкт-Петербург, 1992
  12. a b Большая Советская Энциклопедия, третье издание (1978)
  13. World Directory of Minorities, S. 145 (Minority Rights Group, Miranda Bruce-Mitford)
  14. Kalli Raptis, Nagorno-Karabakh and the Eurasian Transport Corridor
  15. Commission de Refugies, France [2]
  16. Lords Hansard, Text für 1. Juli 1997 (170701-19) [3]
  17. http://www.webgeo.ru/db/1959/azer.htm
  18. Sowjetischer Census 12. Januar 1989, Nachweis der Volkszugehörigkeit und Sprache, Tafel 9 C, S. 389.
  19. Thomas De Waal (2003). Black Garden: Armenia and Azerbaijan Through Peace and War. New York: New York University Press, ISBN 0-8147-1945-7, S. 177–179
  20. US State Department - 1993 UN Security Council Resolutions on Nagorno-Karabakh
  21. Aserbaidschanische Statistikbehörde
  22. Johannes Rau: Der Berg-Karabach-Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan, S. 12, Verlag Dr. Köster 2007, ISBN 978-3-89574-629-1

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