Bettelei

Bettelei
Dieser Artikel beschäftigt sich mit bettelnden Menschen. Das Heischverhalten von Tieren siehe unter „Betteln“. Das Wort „Bettler“ (auch: „Bettel“) bezeichnet ferner die Kartenspielansage, keinen Stich zu machen, etwa in Bauernschnapsen oder Königrufen.
Bettler-Skulptur (Santo Spirito Hospital, Rom)
Bettelndes Kind am Rande eines Einkaufszentrums in Djakarta
Slowakischer Bettler mit amputierten Beinen in München

Bettler sind Menschen, die ihren Lebensunterhalt ganz oder teilweise aus Almosen, milden Gaben anderer, bestreiten. Meistens wird um Geld gebettelt.

Inhaltsverzeichnis

Ursachen

Die Ursachen des Bettelns sind vielfältig, besonders in wirtschaftlich unterentwickelten Ländern sind Bettler verbreitet. Arbeitslosigkeit, Unfälle, Alter, Faulheit oder die Verweigerung von Sozialhilfe gelten als (weitere) Gründe.

Das Leben als Bettler kann auch selbst gewählt sein und hat bisweilen eine eigene Würde, besonders bei Bettelorden oder Einsiedlern.

Bettler am Wegesrand (Darstellung von 1568)

Geschichte

In früheren Jahrhunderten, als es noch keine Sozialversicherungen gab, wuchsen die Bettler in den europäischen Städten zu Scharen an. Die Kirche und private Wohlfahrtseinrichtungen nahmen sich ihrer an. Doch bereits im Mittelalter empfand die Obrigkeit das rasche Anwachsen als Gefahr für ihre Herrschaft: Man begann, durch polizeiliche Anordnung den unberechtigten Bettel zu unterdrücken, anerkannte aber andererseits bei gewissen hilflosen und gebrechlichen Personen durch Ausstellung behördlicher Bettelbriefe ein Recht auf Mildtätigkeit.

Als älteste Bettlerordnung in Deutschland gilt die Nürnberger von 1478. Außerdem sollten insbesondere der Reichsabschied von 1512, der Landfrieden von 1551 und die Reichspolizeiordnung von 1577 der Bettelei entgegenwirken. Zahlreiche landespolizeiliche Verordnungen sollten in den deutschen Territorien das Betteln eindämmen, zumal nach dem Dreißigjährigen Krieg. Die englische Gesetzgebung bestrafte im 16. Jahrhundert Bettler und Landstreicher sogar durch Auspeitschungen und Brandmarkungen.

Zum Bettelwesen für das ausgehende 19. Jahrhundert, insbesondere zum Einsatz von Kindern zur Bettelei schreibt Meyers Enzyklopädie von 1888:

Am allerwenigsten darf der Mißbrauch der Kinder zum Zweck des Bettelns geduldet werden. Das deutsche Strafgesetzbuch bestraft Bettelei als Polizeiübertretung mit Haft (§ 361), gewohnheitsmäßige Bettler und solche, welche unter Drohungen oder mit Waffen gebettelt haben, können nach verbüßter Haft bis zu 2 Jahren in ein Arbeitshaus eingesperrt werden (§ 362). Den selbst Bettelnden sind diejenigen gleichgestellt, welche Kinder zum Betteln anleiten oder ausschicken oder die ihrer Aufsicht untergebenen, zu ihrer Hausgenossenschaft gehörigen Personen vom Betteln abzuhalten unterlassen. Bettelei unter Vorspiegelung körperlicher Gebrechen oder unter Behauptung falscher Thatsachen wird als Betrug durch die Gerichte geahndet.

Aus religiöser Sicht ist die Unterstützung, Verpflegung und Beherbergung von Armen und Kranken ein Werk der Barmherzigkeit. Dabei ist Sachleistungen (Essen, warme Quartiere) der Vorzug zu geben, aus den oben genannten Bedingungen.

Die Erforschung der Genealogie der Bettler ist ein schwieriges Spezialgebiet, das sich auf oft umfangreiche Gerichts- und Polizeiakten, Steckbriefe usw. stützen kann.

Besonderheiten

Brandbettel

Die auch heute noch gebräuchliche Benutzung der Bezeichnung Brandbrief als eine Ein- und Aufforderung zur schnellen Hilfe geht auf das als Brandbettelbrief bekannt gewordene Schriftstück zurück. Dieser Brandbettelbrief war ein Schreiben von Behörden, das sogenannten Abgebrannten, also Menschen die Hab und Gut und Haus durch einen Brand verloren hatten, zum Zwecke der Bettelei, die örtlich zum Teil streng verboten war, ausgegeben wurde. Da auch teilweise Missbrauch damit einherging, wurde mit Einführung der Feuerpflichtversicherungen die Brandbettelei abgeschafft.

Beruf in Indien

Bis in die 1980er Jahre wurde Bettler in den offiziellen indischen Statistiken als anerkannter Beruf geführt. Dort gibt es, wie in vielen armen asiatischen Ländern, „Bettelmafias“. Dies sind geheime Untergrundorganisationen, die Kinder kaufen oder entführen und zum Betteln zwingen.

Rechtslage

Deutschland

Betteln ist in Deutschland grundsätzlich erlaubt, doch Vortäuschung falscher Verhältnisse (z. B. "bin obdachlos", "Geldbörse gestohlen") kann einen Bettelbetrug darstellen und aufdringliches Betteln kann in Deutschland als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.[1] Bettler sind z. T. obdachlos.

Betteln ist in Deutschland steuerfrei, d. h. Einkünfte hieraus unterliegen nicht der Einkommensteuer.


Österreich

In Österreich gelten ähnliche Regeln wie in Deutschland. Jedoch muss bei Einkünften über 624,18€ Einkommenssteuer bezahlt werden. Das Betteln mit Kindern ist strengstens untersagt und wird mit Haftstrafen oder Sozialarbeitspflicht geahndet. Seit der Einführung dieses Gesetzes im Juni 2005 wurden rund 180 Menschen im Jahr verhaftet, etwa 1000 anders bestraft.

Einzelnachweis

  1. § 118 Abs. 1 OWiG

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Bettelei — 1. Bettelei erzeugt Betrügerei. 2. Bettelei ist das beste Gewerbe. Holl.: Daar is niets rijker dan de bedelarij. (Harrebomée, I, 36.) 3. Bettelei schmeckt wohl einem unverschämten Maul. – Sailer, 198 …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • Bettelei — Bet|te|lei 〈f. 18〉 1. das Betteln, öffentl. Erbitten von Almosen 2. anhaltendes, ständiges Betteln 3. lästiges Betteln u. Bitten ● hör endlich mit der Bettelei auf! * * * Bet|te|lei, die; , en (abwertend): 1. <o. Pl.> beständiges, als… …   Universal-Lexikon

  • Bettelei — Kötterei (de) …   Kölsch Dialekt Lexikon

  • Bettelei — Bet|te|lei (abwertend) …   Die deutsche Rechtschreibung

  • Bettler — in Teheran um 1880 B …   Deutsch Wikipedia

  • Bettelwesen — Bettelwesen. Beurteilung und Behandlung der Bettelei ist von jeher verschieden gewesen je nach dem Stande der Kultur und der Entwickelung des Armen wesens. Instinktiv pflegt man im Bettler zunächst einen beklagenswerten und unglücklichen Menschen …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Bettelwesen — Bettelwesen. Selten ist dringendes Bedürfniß des Nöthigsten, sondern gewöhnlich Luft zum Müßiggang u. Neigung, sich Gegenstände des Luxus zu erzeugen, die Ursache der Bettelei, wie denn die ärmsten Gegenden Europas, Schweben u. Norwegen, die… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Armenwesen — Armenwesen. Arm im Sinn der Gesetzgebung ist derjenige, der nicht im stande ist, die für den notwendigsten Lebensunterhalt erforderlichen Mittel zu beschaffen, und deshalb fremder Hilfe bedarf. Die Ursachen der Armut sind teils individuelle,… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Armenwesen — Armenwesen. Arme sind allediejenigen, welche nicht im Stande sind, sich selbst zu erhalten, sondern zur Erhaltung ihres Lebens unterstützt werden müssen. I. Die Armuth tritt in der menschlichen Gesellschaft auf als die Armuth der Einzelnen… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Kölner Gerichtswesen vom Mittelalter zur Neuzeit — Kölner Ratsherr im 16. Jahrhundert, zur typischen Amtstracht gehörten schwarzer Hut und Mantel …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”