Brecht-Boykott

Brecht-Boykott

Wiener Brecht-Boykott wurde die Zeit ungefähr zwischen 1952 und 1963 genannt, in der kein namhaftes Wiener Theater den Autor Bertolt Brecht aufführte.

Brechts Theaterstücke wurden vor der nationalsozialistischen Herrschaft in den 1920er- und 1930er-Jahren sowie unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg gelegentlich auch in Wien aufgeführt, 1946 etwa Der gute Mensch von Sezuan mit Paula Wessely im Theater in der Josefstadt.

Zu einem Eklat kam es, als dem staatenlosen Brecht auf Empfehlung des Komponisten Gottfried von Einem am 12. April 1950 von der Salzburger Landesregierung die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen wurde, da er bereits seit 1948 in Ost-Berlin lebte und als Sympathisant des DDR-Regimes galt.

Im Klima des Kalten Krieges entspann sich eine polemische Pressekampagne gegen Werk und Person Brechts, die es den Wiener Theatern nahezu unmöglich machte, seine Stücke aufzuführen. Durch Brechts anfangs ablehnende Haltung gegenüber dem Volksaufstand des 17. Juni 1953 verstärkte sich seine westliche Gegnerschaft. Die Schriftsteller Hans Weigel und Friedrich Torberg wandten sich mit Entschiedenheit gegen Brecht-Aufführungen in Wien. Einzig das Neue Theater in der Scala, das sich im sowjetischen Besatzungssektor befand, widmete sich seinen Stücken. Es wurde jedoch von der Presse gemieden, sodass es 1956 schließen musste.

In der Spielzeit 1962/63 wagte sich das Wiener Volkstheater unter der Direktion von Leon Epp mit Mutter Courage und ihre Kinder erstmals an ein Stück von Bertolt Brecht, die Presse sprach von der „Blockadebrecher“-Premiere am 23. Februar 1963 mit Dorothea Neff und unter der Regie von Gustav Manker, der in der Folge auch Der kaukasische Kreidekreis inszenierte. 1963 kam es zu einer Aufweichung des Boykotts durch Bühnen außerhalb Wiens wie das Landestheater Linz. 1966 erfolgte erstmals eine Aufführung von Das Leben des Galilei in der Regie von Kurt Meisel im Burgtheater sowie mit Curd Jürgens in der Titelrolle.

Auch in der Bundesrepublik Deutschland wurde 1953 und nach dem Mauerbau von 1961 da und dort ein Brecht-Boykott propagiert, der sich jedoch nicht durchsetzen konnte.

Literatur

  • Kurt Palm: Vom Boykott zur Anerkennung. Brecht und Österreich. Wien, München: Löcker 1983. ISBN 3854090641

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