Alan Gross

Alan Gross

Alan Phillip Gross (* 1949 oder 1950 in Baltimore, Maryland) ist ein US-amerikanischer IT-Spezialist, Sozialarbeiter und Entwicklungshelfer. Er wurde 2011 in Kuba unter anderem wegen Staatsgefährdung zu 15 Jahren Haft verurteilt.

Gross studierte an der University of Maryland sowie an der Virginia Commonwealth University Soziale Arbeit. Als Entwicklungshelfer war er später in über 50 Ländern der Welt tätig. Im Jahr 2001 gründete er die Firma Joint Business Development Center (JBDC). Diese will Internet an Orte bringen, wo es bisher nur wenig oder gar keinen Zugang gab. Seine Arbeit führte ihn unter anderem in Länder wie Irak, Afghanistan, Armenien und Kuwait. Laut Angaben eines Freundes sei Gross lediglich an der Verbesserung der Lebensbedingungen der Leute interessiert gewesen, nicht jedoch an deren Politik.[1]

Gross ist verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter.

Am 3. Dezember 2009 wurde Alan Gross bei der Ausreise vom Flughafen Havanna verhaftet. Laut Angaben seiner Frau war der Mann jüdischen Glaubens unterwegs, um „die Kommunikation innerhalb der jüdischen Gemeinde Kubas und deren Internetzugang zu verbessern“. Zu diesem Zweck war er zuvor bereits fünf mal mit Touristenvisum nach Kuba eingereist, was ein Verstoß gegen die kubanischen Einreisebestimmungen darstellt. Seine Firma, das JBDC, ist Dienstleister der US Agency for International Development (USAID).[2] Unter anderem hat er Satellitentelefone verteilt, deren Einfuhr nach Kuba ohne entsprechende staatliche Genehmigung[3] streng verboten ist. Auch die Verteilung von Geld und anderen Materialien, welche von der US-Regierung oder deren Repräsentanten stammen, unterliegt einer Strafandrohung von drei bis acht Jahren.

Nach Meinung des Ex-Interessenvertreters der USA in Kuba Wayne S. Smith und des kubanisch-jüdischen Politologen Arturo López-Levy von der University of Denver ist Gross Opfer der auch unter der Präsidentschaft von Barack Obama unglücklichen und überholten Politik der USA gegenüber Kuba. Er sei für eines der zahlreichen Programme zur „Förderung der Demokratie in Kuba“ unterwegs gewesen.[4] Aus kubanischer Sicht sei sein Verbrechen nicht gewesen, Jude zu sein oder der dortigen jüdischen Gemeinde geholfen zu haben, sondern auf dem Lohnzettel der US-Regierung gestanden zu haben. Diese sieht in ihm jedoch lediglich einen harmlosen Entwicklungshelfer.[2]

Im März 2011 wurde Gross wegen „Akte gegen die Unabhängigkeit und Integrität des nationalen Territoriums“ Kubas zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt,[5] was im August selben Jahres von Kubas Obersten Gerichtshof bestätigt wurde.[6]

Seitdem laufen zahlreiche diplomatische Bemühungen um Gross' Freilassung beziehungsweise für einen Gefangenenaustausch. New Mexicos Ex-Senator Bill Richardson reiste beispielsweise im September 2011 in „privater Mission“ nach Kuba. Sein Angebot war, dass die USA Kuba von der Liste der Terrorismus unterstützenden Staaten streicht, in der Kuba seit der Reagan-Ära aufgelistet ist. Die für Kuba anfallenden Vorteile wären jedoch eher gering gewesen. Sämtliche dort bestimmten Strafen sind auch Bestandteil des US-Embargos gegen Kuba.[7] Auch ein Austausch gegen die wegen Spionage zu langjährigen Haftstrafen in den USA verurteilten Miami Five war im Gespräch. Richardson musste jedoch mit leeren Händen nach Hause zurückkehren. Ihm wurde nicht einmal gestattet, Gross im Gefängnis zu besuchen.[1] Später machte Kubas Parlamentspräsident Ricardo Alarcón klar, dass Kuba Gross nicht unilateral freilassen werde.[8] Danach scheint nun auch die US-Regierung auf höchster Ebene einen Austausch Gross' gegen einen oder mehrere der Cuban Five mit den Kubanern zu verhandeln. Einen Austausch gegen den erst am 7. Oktober 2011 auf Bewährung freigelassenen, jedoch mit einem für die dreijährige Bewährungszeit gültigen Ausreiseverbot belegten kubanischstämmigen US-Amerikaner René González lehnte die kubanische Regierung anonymen Quellen zufolge jedoch als vollkommen unzureichend ab.[9] Ende Oktober 2011 äußerte auch Gross selbst gegenüber seinem aus Washington zu einem Haftbesuch angereisten Rabbiner den Wunsch, gegen die fünf kubanischen Spione ausgetauscht zu werden.[10]

Einzelnachweise

  1. a b Americans and Cubans Still Mired in Distrust, New York Times vom 15. September 2011 (englisch)
  2. a b Knut Henkel: Clintons Mann in Havanna, taz-blogs vom 5. Dezember 2010
  3. On Import (Entry) – Articles and Products subject to Requirements, Website des kubanischen Zolls, zugegriffen am 15. Oktober 2011 (spanisch)
  4. Knut Henkel: Naives Opfer oder versierter US-Spion?, taz.de vom 7. Februar 2011
  5. Alan Gross and the "Cyberwar", IPS-News vom 14. März 2011
  6. Tim Padgett: The Alan Gross Affair: The U.S. and Cuba Begin Their Dysfunctional Diplomatic Dance, TIME-Blogs vom 9. August 2011 (englisch)
  7. Fernando Ravsberg: La salida humanitaria, Cartas desde Cuba, Blogs de BBC Mundo vom 22. September 2011 (spanisch)
  8. AP Interview: Cuba official says no release for jailed American as humanitarian gesture, Associated Press in Washington Post vom 9. Oktober 2011 (englisch)
  9. Knut Henkel: Schwieriger Agententausch, taz.de vom 14. Oktober 2011
  10. David Shneyer: A report on my visit with Alan Gross im Blog Kehila Chadasha vom 2. November 2011, abgerufen am 8. November 2011 (englisch)

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