Charlotte Beradt

Charlotte Beradt

Charlotte Beradt (* 7. Dezember 1907 in Forst (Lausitz); † 15. Mai 1986 in New York, geborene Charlotte Aron, verheiratete Charlotte Pollack) war eine deutsche Journalistin und Publizistin.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Charlotte Aron wuchs in Berlin als Kaufmannstochter auf. Erste journalistische Erfahrungen sammelte sie als freie Mitarbeiterin bei verschiedenen Tageszeitungen und Zeitschriften. 1924 heiratete sie den Journalisten und Schriftsteller Heinz Pollack (1901–1972); die Ehe wurde 1933 geschieden. Seit 1930 zählte sie zu den Autoren von OssietzkysWeltbühne“. Beradt gehörte der KPD an, doch verließ sie die Partei unter dem Eindruck von deren Stalinisierung wieder.

Seit 1933 konnte sie ihren Beruf nicht mehr ausüben. 1938 schloss sie die Ehe mit dem Schriftsteller Martin Beradt (1881–1949) und verließ ein Jahr später mit ihm Deutschland. Über London reiste das Paar nach New York ins amerikanische Exil. Dort waren die beiden völlig mittellos. Die Situation wurde zudem durch die Erblindung des Ehemanns erschwert. Den Lebensunterhalt für beide verdiente Charlotte Beradt als Friseurin. Außerdem übersetzte sie Texte von Hannah Arendt, mit der sich eine Freundschaft entwickelte.

Erst seit 1945 konnte Charlotte Beradt wieder als Journalistin arbeiten. Ihre Beiträge erschienen in verschiedenen deutschen Zeitungen. Zudem erstellte sie Rundfunksendungen und wurde zu einer regelmäßigen freien Mitarbeiterin des Westdeutschen Rundfunks in Köln.

Ihr erstes eigenständiges Buch erschien 1966. Es dokumentiert eine größere Zahl politisch geprägter Träume aus der Zeit des Dritten Reichs, mit deren Sammlung Beradt bereits 1933 begonnen hatte. Das Buch stieß auf großes Interesse und wurde mehrfach neu gedruckt und ins Englische, Französische und Italienische übersetzt (Neuausgabe 1981 mit einem Nachwort von Reinhart Koselleck; der englischen Ausgabe von 1968 ist ein Nachwort von Bruno Bettelheim beigegeben). 1969 legte sie eine Biographie des sozialdemokratischen bzw. kommunistischen Politikers Paul Levi vor, dem sie persönlich noch begegnet war. 1973 veröffentlichte sie Rosa Luxemburgs Briefe an ihre Sekretärin und Freundin Mathilde Jacob.

Bis ins hohe Alter war Charlotte Beradt journalistisch aktiv. In Radiosendungen unter dem Titel „Diaries“ schilderte sie von 1962 bis 1978 autobiographische Erlebnisse. Sie trat auch als Übersetzerin und Theaterkritikerin hervor. In vielen Texten äußert sie sich politisch. Ihre besondere Sympathie galt der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung.

Werke

  • Das Dritte Reich des Traums, München: Nymphenburger Verlagshandlung, 1966
  • Das Dritte Reich des Traums. Mit einem Nachwort von Reinhart Koselleck, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1981 (Neuausgabe: Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1994).
    • Englische Ausgabe: The Third Reich of Dreams. The nightmares of a nation 1933-1939. Translation from the German by Adriane Gottwald. With an essay by Bruno Bettelheim, Chicago: Quadrangle Books, 1968.
    • Italienische Ausgabe: Il Terzo Reich dei sogni. Pref. di Reinhart Koselleck. Postf. di Bruno Bettelheim. Trad. di Ingrid Harbach, Torino: Einaudi, 1991.
    • Französische Ausgabe: Rêver sous le IIIe Reich. Préf. de Martine Leibovici. Postf. de Reinhart Koselleck et de François Gantheret. Trad. de l'allemand par Pierre Saint-Germain, Paris: Payot et Rivages, 2002.
  • Paul Levi. Ein demokratischer Sozialist in der Weimarer Republik, Frankfurt am Main: Europäische Verlagsanstalt, 1969.

Herausgeberin

  • Rosa Luxemburg im Gefängnis: Briefe und Dokumente aus den Jahren 1915–1918, Frankfurt am Main: Fischer, 1973 (Ungekürzte Ausgabe, Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1987).
  • Paul Levi: Zwischen Spartakus und Sozialdemokratie. Schriften, Aufsätze, Reden und Briefe, Frankfurt am Main: Europäische Verlagsanstalt / Wien: Europa-Verlag, 1969.

Übersetzungen

  • Hannah Arendt: Fragwürdige Traditionsbestände im politischen Denken der Gegenwart. Vier Essays. Aus dem Englischen übertragen von Charlotte Beradt, Frankfurt a. M.: Europ. Verlagsanstalt, 1957.
  • Hannah Arendt: Die Ungarische Revolution und der totalitäre Imperialismus. Übertr. aus d. Engl. von Charlotte Beradt, München: Piper, 1958.

Literatur

  • Renate Wall: Charlotte Beradt, in: Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen im Exil 1933–1945, Gießen: Haland & Wirth / Psychosozial-Verlag, 2004, S. 38–39 (Internetfassung).

Weblinks


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