Chora (Philosophie)

Chora (Philosophie)

Chora (griechisch χώρα „Land, Materie, Raum“) ist ein von Platon im Timaios-Dialog „Über die Natur“ eingeführter Begriff der antiken griechischen Naturphilosophie, in dem Timaios von Lokri die Entstehung der Welt erklärt.

Die im Timaios-Dialog dargestellte Kosmogonie gliedert sich in mehrere Phasen oder Ebenen, von welchen die erste und grundlegende als "präkosmische Phase"[1] bzw. auch als "dritte Gattung"[2] bezeichnet werden kann. Diese Phase bzw. Gattung ist bereits eine Genesis, in der die Chora das "Worin" und das intelligible Sein das "Woher" repräsentieren, wobei das intelligible Sein sich in die Chora einprägt und diese dadurch in Bewegung setzt.[3] Präkosmisch ist diese Phase bzw. Gattung insofern, als in einer zweiten Phase der Demiurg in die Chora eingreift und dadurch erst die kosmischen Elemente Erde, Wasser, Luft, Feuer und Äther in Form der Platonischen Körper, sowie weiters auch die wahrnehmbaren gewöhnlichen Körper gebildet werden. Die Bezeichnung dritte Gattung rührt daher, weil für die Konstitution der Welt drei Ursachen notwendig sind: der Demiurg, die Ideen und drittens die Chora.[4]

Problematisch und umstritten ist die Bedeutung der Chora, denn Platon gibt teilweise widersprüchlich Hinweise. Mögliche Auslegungen sind:

  1. als "Amme des Werdens"
  2. als Raum
  3. als Materie
  4. als Identität von Raum und Materie
  5. als moderner Raumbegriff.

Für all diese Deutungen gibt es mehrere gut begründete Publikationen sowie auch Versuche diese zu harmonisieren.[5]

In der Chora bewegen sich nur gegenseitig unähnliche Abbilder bzw. Spuren der vier materiellen Elemente Erde, Feuer, Wasser und Luft. Durch die Einwirkung des Demiurgen nehmen diese jedoch die Gestalten der entsprechenden vier regelmäßigen Polyeder an und dienen als Grundbausteine der materiellen Welt, während mit dem fünften regelmäßigen Polyeder - dem den Äther verkörpernden Dodekaeder - die Welt ausgeschmückt wird.[6]

Literatur

  • Filip Karfik: Die Beseelung des Kosmos. Untersuchungen zur Kosmologie, Seelenlehre und Theologie in Platons Phaidon und Timaios. Saur, München 2004, ISBN 3-598-77811-2
  • Kyung Jik Lee: Der Begriff des Raumes im "Timaios" im Zusammenhang mit der Naturphilosophie und der Metaphysik Platons - Dissertation (online), Universität Konstanz, 1999

Einzelnachweise

  1. Filip Karfik, Seite 202
  2. Kyung Jik Lee, Seite 101.
  3. Filip Karfik, Seite 202
  4. Kyung Jik Lee, Seite 28.
  5. Kyung Jik Lee, Seite 101-120.
  6. Filip Karfik, Seite 203f.

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