Diederik Stapel

Diederik Stapel

Diederik Alexander Stapel (* 19. Oktober 1966 in Oegstgeest) ist ein ehemaliger Hochschullehrer und niederländischer Sozialpsychologe.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Diederik Stapel studierte an der Universität von Amsterdam Psychologie und Kommunikationswissenschaften und schloss dieses Studium 1991 mit Auszeichnung ab. Danach unterhielt er Forschungskooperationen mit der Universität Chicago (1991-1992) und der Universität Michigan (1996) und arbeitete zeitweilig als Berater. Er promovierte 1997, ebenfalls mit Auszeichnung, im Fach Sozialpsychologie an der Universität von Amsterdam. Ab 1998 wurde seine Forschung durch ein fünfjähriges Stipendium der Königlich-Niederländischen Akademie der Wissenschaften finanziert.

Im Jahr 2000 wurde Diederik Stapel als Professor für Kognitive Sozialpsychologie an die Universität Groningen berufen. 2002 wurden ihm Forschungsfördermittel aus dem 'Pionier'-Programm der Niederländischen Organisation für Wissenschaftliche Forschung bewilligt. Seit 2007 lehrte er an der Universität von Tilburg.[1]

Diederik Stapel veröffentlichte während seiner wissenschaftlichen Karriere über 100 Aufsätze und war Herausgeber von Büchern und internationalen Fachzeitschriften. Viele seiner Veröffentlichungen haben weltweit ein breites Medienecho gefunden.[2] Ein Beispiel dafür ist die im März 2011 zusammen mit Siegwart Lindenberg in der Zeitschrift Science publizierte Studie, nach der unordentliche Umgebungen die Verwendung von Stereotypen und Diskriminierung befördern.[3] Für Aufsehen sorgte auch eine 2011 von Diederik Stapel und Kollegen veröffentlichte Presseerklärung mit der Behauptung, dass Menschen, die daran denken Fleisch zu essen, sich weniger sozial verhielten als andere Menschen.[2]

Wissenschaftliches Fehlverhalten

Im September 2011 wurde bekannt, dass Diederik Stapel Forschungsdaten gefälscht hat. Nachwuchswissenschaftler aus Stapels Forschungsabteilung hatten sich an den Rektor der Universität Tilburg, Philip Eijlander, gewandt und diesen über ihren Verdacht informiert, dass Stapels Daten nicht echt seien. Von Eijlander mit diesen Vorwürfen konfrontiert, gab Diederik Stapel zu Daten erfunden zu haben. Daraufhin wurde er von seinen Aufgaben suspendiert und wird nach Aussage von Eijlander nicht wieder in den Universitätsbetrieb zurückkehren. Eine Kommission unter der Leitung von Willem Levelt wurde damit beauftragt, das Ausmaß der Fälschungen zu ermitteln. Es gilt nicht nur als wahrscheinlich, dass die Daten der Fleisch-Untersuchung fingiert sind[4], laut Aussage von Levelt beruht auch die Science-Veröffentlichung zur Wirkung von Unordentlichkeit auf Stereotypisierung auf fingierten Daten.[5] Am 9. November 2011 gab er seinen Doktortitel freiwillig an die Universität Amsterdam mit der Erklärung zurück, dass sein Verhalten der letzten Jahre nicht mit den Pflichten, die sich aus dem Doktorgrad ergeben, vereinbar ist.[6]

In einem Zwischenbericht[7] stellte die Kommission fest, dass Diederik Stapel in großem Umfang Daten gefälscht hat. Mindestens 30 Artikel, die in den wichtigsten sozialpsychologischen Zeitschriften veröffentlicht worden sind, enthalten fiktive Daten. Über 150 weitere Publikationen werden noch untersucht. Der Betrug reicht mindestens bis ins Jahr 2004 zurück. Allem Anschein nach hat Stapel die Fälschungen allein und ohne Mitwisser durchgeführt. Die Tatsache dass die Datenfälschungen nicht früher entdeckt wurden, führt die Kommission auf die ausgeklügelte Fälschungsmethode, bewusste Manipulation von Nachwuchswissenschaftlern, Machtmissbrauch und unzureichende wissenschaftliche Kritik zurück. Der Zwischenbericht benennt die bereits als Fälschung erkannten Studien nicht; erst wenn die Untersuchungen abgeschlossen sind, soll eine Liste der gefälschten Arbeiten veröffentlicht werden.[8]

Auszeichnungen

  • 1998 Jos-Jaspars-Preis der European Association of Experimental Social Psychology
  • 2007 Early Career Award der Society for Personality and Social Psychology
  • 2009 Career Trajectory Award der Society for Experimental Social Psychology[1] - wegen des wissenschaftlichen Fehlverhaltens zurückgezogen[9]

Schriften (Auswahl)

  • D.A. Stapel, W. Koomen: I, we, and the effects of others on me: How self-construal level moderates social comparison effects. In: Journal of Personality and Social Psychology. 80, Nr. 5, April 2001, S. 766-781, doi:10.1037//0022-3514.80.5.766.
  • D.A. Stapel, W. Koomen: When we wonder what it all means: Interpretation goals facilitate accessibility and stereotyping effects.. In: Personality and Social Psychology Bulletin. 27, Nr. 8, 2001, S. 915-929, doi:10.1177/0146167201278001.
  • D.A. Stapel, A. Tesser: Self-activation increases social comparison. In: Journal of Personality and Social Psychology. 81, Nr. 4, September 2001, S. 742-750, doi:10.1037/0022-3514.81.4.742.
  • D.A. Stapel, W. Koomen, K.I. Ruys: The effects of diffuse and distinct affect.. In: Journal of Personality and Social Psychology. 83, Nr. 1, Juni 2002, S. 60-74, doi:10.1037/0022-3514.83.1.60.
  • D.A. Stapel: Making sense of hot cognition: Why and when description influences our feelings and judgments. In: J.P. Forgas, K.D. Williams, W. von Hippel (Hrsg.): Social judgments: Implicit and explicit processes. Cambridge University Press, New York, NY, USA 2003, ISBN 978-0521822480, S. 227-250.

Einzelnachweise

  1. a b Diederik Stapel folgt Theo Verhallen als Dekan an der Tilburger Schule für Sozial- und Verhaltenswissenschaften Universität Tilburg, 07. Juli 2010
  2. a b Schmutz, Unordnung, Fälschung Sozialpsychologe erfand spektakuläre Studien Tagesspiegel, 13. September 2011
  3. Diederik A. Stapel, Siegwart Lindenberg: Coping with Chaos: How Disordered Contexts Promote Stereotyping and Discrimination. In: Science. 332, Nr. 6026, 8. März 2011, S. 251-253, doi:10.1126/science.1201068.
  4. Holländische Uni entlässt Sozialpsychologen wg. Datenfälschung ScienceInsider, 7. September 2011
  5. Diederik Stapel verzon list na list en duldde geen enkele tegenspraak Trouw, 1. November 2011
  6. Diederik Stapel doet vrijwillig afstand van doctorstitel
  7. Presseerklärung zum Interim-Report der Levelt-Kommission über den Fall Stapel Universität Tilburg, 31. Oktober 2011
  8. Ewen Callway: Report finds massive fraud at Dutch universities. In: Nature, Band 479, 2011, S. 15, doi:10.1038/479015a
  9. Career Trajectory Award Recipients. Society of Experimental Social Psychology. Abgerufen am 1 November 2011.

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