Eritherium

Eritherium
Eritherium
Zeitraum
Paläozän
60 Mio. Jahre
Fundorte
Systematik
Säugetiere (Mammalia)
Höhere Säugetiere (Eutheria)
Afrotheria
Rüsseltiere (Proboscidea)
Eritherium
Wissenschaftlicher Name
Eritherium
Gheerbrant, 2009
Art
  • Eritherium azzouzorum

Eritherium ist eine heute ausgestorbene Gattung der Rüsseltiere aus dem Paläozän des nördlichen Afrika und lebte vor rund 60 Millionen Jahren. Es ist der bisher stammesgeschichtlich älteste bekannte Vertreter dieser Säugetierordnung. Insgesamt handelte es sich um relativ kleine Tiere. Das Körpergewicht von Eritherium wurde auf 3 bis 8 kg rekonstruiert und lag damit vergleichsweise bei dem großer Schliefer, die zu den nächsten Verwandten der Rüsseltiere gehören.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Der Holotyp (Exemplarnummer MNHN PM69) befindet sich heute im Museum National d’Histoire Naturelle in Toulouse und umfasst einen Oberkiefer mit Ansätzen des Jochbeins und beiden Kieferästen, die jeweils die beiden hinteren Prämolaren (P3 und 4) und drei Molaren (M1-3) aufweisen. Das Stück ist etwa 6 cm lang, 5 cm breit und etwas mehr als 3 cm hoch. Darüber hinaus umfassen die Fossilien 15 weiter Fundobjekte, die Schädelknochen, wie Stirnbein und Nasenbein, Unterkieferfragmente sowie Zahnfunde des Ober- und Unterkiefers einschließen (Hypodigma).[1]

Die fragmentarische Überlieferung des Schädels lassen nur wenige Aussagen zum Aussehen von Eritherium zu, die meisten Informationen betreffen den Zahnbau und die Gebissmorphologie. Allgemein teilte Eritherium einige Gemeinsamkeiten in der Gebissstruktur mit anderen Paenungulata wie den ausgestorbenen Embrithopoda oder frühen Vertretern der Seekühe, die Zähne sind aber teilweise schon stärker spezialisiert als bei diesen. Die Bezahnung des Unterkiefers, die anhand zweier linker Fragmente rekonstruiert werden konnte, umfasste die vollständige ursprüngliche Zahnabfolge des Dauergebisses der Säugetiere mit drei Schneidezähnen, einem Eckzahn, vier Prämolaren und drei Molar]en. Die Zahnreihe war geschlossen und wies kein Diastema zwischen dem Eckzahn und den vorderen Backenzähnen auf. Dieses urtümliche Säugetiergebiss ist bisher einzigartig bei den Rüsseltieren, da schon bei den etwas jüngeren Formen Phosphatherium und Numidotherium der dritte Schneidezahn im Unterkiefer nicht mehr ausgebildet war und somit die beginnende Reduktion der Zahnanzahl in der Entwicklung dieser Säugetierordnung anzeigt.[1]

Die Molaren wiesen generell einen bunodonten, also mit kleinen Zahnschmelzhöckern auf der Kaufläche versehenen Aufbau auf. Zwischen diesen Höckern befanden sich aber Ansätze zur Bildung von zwei Querleisten auf den ersten beiden und drei auf dem hintersten, sehr kleinen Mahlzahn, was typisch für lophodonte Zähne ist. Die Prämolaren besaßen dagegen nur einen (im Unterkiefer) oder zwei (im Oberkiefer) Höcker. Der deutliche Unterschied zwischen den Molaren und Prälmolaren unterstreicht die Altertümlichkeit von Eritherium, da bei späteren Rüsseltieren die Vormahlzähne stark den Mahlzähnen gleichen, wie es schon beim etwas jüngeren Phosphatherium der Fall war.[2] Weiterhin war der erste Schneidezahn relativ groß und mit einer asymmetrischen Krone ausgebildet während der Eckzahn eine eher kleine Form hatte und schon Anzeichen einer Reduktion zeigte. Beides verbindet Eritherium mit anderen frühen Rüsseltieren. Eine Tendenz zur Bildung von Stoßzähnen aus den ersten oder zweiten Schneidezähnen scheint noch nicht stattgefunden zu haben. Ein weiteres primitives Charakteristikum war die kurze Symphyse des Unterkiefers. Die Rekonstruktion des oberen Schädelteils zeigte, das sich die Augenhöhle in der Höhe des vierten Prämolaren und des ersten Molaren befand und damit relativ weit vorn im Schädel lag. Zwar saß diese bei Phosphatherium noch weiter vorne, andere frühe Paenungulata hatten meist aber eine deutlich nach hinten versetzte Lage der Orbita.[1]

Systematik

Als bisher ältester Vertreter der Rüsseltiere steht Eritherium an der Basis des stammesgeschichtlichen Entwicklung dieser Ordnung. Systematisch wurde es noch keiner bestimmten Familie innerhalb der Rüsseltiere zugewiesen. Eritherium stellt aber die Schwesterklade zur Entwicklungslinie von Phosphatherium, Numidotherium und Moeritherium dar und formt weiterhin mit diesen und Daouitherium eingeschlossen eine der bisher vollständigsten Sequenzen aus der Frühgeschichte einer Säugetierordnung. Die Entdeckung dieses Rüsseltiers ermöglichte es nun die Entwicklungslinie der heutigen Elefanten bis ins späte Paläozän zurückzuverfolgen. Dadurch gehören die Rüsseltiere neben den Raubtieren und den Nagetiere zu den ältesten "modernen" Säugetierordnungen, die bis heute überlebt haben.[1]

Weiteren kladistischen Untersuchungen zufolge bilden die Seekühe und Desmostylia die nächste äußere Schwestergruppe. Mit diesen und den Embrithopoda sowie den Schliefern formen die Rüsseltiere die Gruppe der Paenungulata. Deren stammesgeschichtlich älteren Vertreter besaßen teilweise auch bunodont bis teils lophodont aufgebaute Molaren, allerdings bestehen hier z. T. noch beträchtliche Überlieferungslücken. Jedoch scheinen derartige Molaren der ursprüngliche Morphotyp in dieser taxonomischen Einheit gewesen zu sein. Da er auch bei den stammesgeschichtlich älteren Formen der Rüsselspringer auftrat, kann angenommen werden, dass ein solcher Zahnbau charakteristisch für frühe Afrotheria war.[1]

Entdeckungsgeschichte

Die Funde von Eritherium stammen aus den Sidi Chennane-Phosphatminen im Ouled Abdoun-Phosphatbecken in Marokko. Diese liegen nur 10 bis 20 km südlich von Grand Daoui, von wo bereits 1996 mit Phosphatherium und 2002 mit Daouitherium zwei sehr frühe Vertreter der Rüsseltiere beschrieben worden waren.[3] Die Fossilien lagen im lower bone bed ("Unteres Knochenbett") der bed IIa-Phosphatschicht der lokalen Stratigraphie. Diese Fundschicht enthielt auch eine Begleitfauna mit dem frühesten Nachweis der fleischfressenden Hyaenodontidae, vor allem aber aufgrund der charakteristischen Plattenkiemer-Fauna (u. a. Hologinglymostoma, Palaeogaleus) können sie in die geochronologische Phase Seelandium (vor 61,1 bis 57,8 Millionen Jahren) gestellt werden.

Mit der Art Eritherium azzouzorum gibt es nur einen Vertreter innerhalb dieser Gattung. Erstmals beschrieben wurden Gattung und Art von Emmanuel Gheerbrant im Jahr 2009. Der Name Eritherium geht aus dem Griechischen hervor und bedeutet eρυ (eri, alt) und θηρίον (thērion, Tier), während der Artname azzouzorum die Einwohner des Ortes Ouled Azzouz nahe der Mine Sidi Chennane ehrt, die ein Großteil der Fossilien entdeckt hatten.[1]

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Emmanuel Gheerbrant: Paleocene emergence of elephant relatives and the rapid radiation of African ungulates. In: PNAS. 106 (6), 2009, S. 10717-10721
  2. Jan van der Made: The evolution of the elephants and their relatives in the context of a changing climate and geography. In: Harald Meller (Hrsg.): Elefantenreich - Eine Fossilwelt in Europa. Halle/Saale 2010, ISBN 978-3-939414-48-3, S. 340–360.
  3. Emmanuel Gheerbrant, Jean Sudre, Henri Cappetta, Mohamed Iarochène, Mbarek Amaghzaz und Baâdi Bouya: A new large mammal from the Ypresian of Morocco: Evidence of surprising diversity of early proboscideans. In: Acta Palaeontologica Polonica. 47 (3), 2002, S. 493–506.

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