Sparschwemme

Sparschwemme

Sparschwemme[1][2], auch Ersparnisschwemme (englisch Saving glut, Savings glut), ist ein von Ben Bernanke 2005 geprägter Begriff[3], der eine Hypothese beschreibt, wonach weltweit ein Überhang an Ersparnissen im Vergleich zu den Investitionsmöglichkeiten besteht. Für die einzelne Volkswirtschaft erzeugt eine Ersparnisschwemme die Neigung, statt Investitionen Exportüberschüsse zu finanzieren. Laut Bernanke beobachtet man dies sowohl für die fortgeschrittenen Industrieländer als auch für Entwicklungsländer. Ein Empfängerland dieser Exportüberschüsse sind die USA, die ein starkes Außenhandelsdefizit aufweisen.

Inhaltsverzeichnis

Ursachen

Bernanke nennt verschiedene Ursachen für die Ersparnisschwemme.

In den Industriestaaten

  • Demographische Alterung: Da die Anzahl der Rentner im Vergleich zur Zahl der Erwerbstätigen demographisch bedingt zunimmt, muss mehr gespart werden.

Im Ergebnis versuchen reife Volkswirtschaften einen Außenhandelsüberschuss zu erzielen, sie exportieren so per Saldo Kapital.

Entwicklungsländer

  • "Kriegskassen" mit Devisen: Um Finanzkrisen abzufedern, sind eine Reihe von Schwellenländern dazu übergegangen, Devisen anzusammeln. Sollte es während Krisen zur Kapitalflucht kommen, kann mit Hilfe der Devisen die Zahlungsfähigkeit aufrechterhalten und der Wechselkurs verteidigt werden.[4]
  • Exportförderung, indem eine Aufwertung der Währung verhindert wird durch Aufkauf fremder Währungen (in der Regel der US-Dollar, dieses Währungssystem wird auch als Bretton-Woods-II-Regime bezeichnet).
  • Ölpreisanstieg: Ölexportierende Länder des Nahen Ostens und Russland, Nigeria und Venezuela erzielen Exportüberschüsse. Diese Einnahmen versuchen sie auf den Weltkapitalmärkten anzulegen.

USA als Importland

Die USA waren für ausländische Investoren nach Bernanke wegen neuer Technologien und steigender Produktivität attraktiv. Das in die USA fließende Kapital steigerte den Wert des Dollars, wodurch Importe in Dollar gerechnet billiger wurden und Exporte in ausländischer Währung gerechnet teurer. Dadurch stieg das Außenhandelsdefizit der USA. Niall Ferguson prägte speziell für dieses Regime zwischen USA und China den Begriff „Chimerica“.[5][6]

Die Folgen der Sparschwemme

  • Weltweit steigende Ungleichgewichte im Außenhandel
  • Niedrige Zinssätze: Geplante Ersparnisse, die höher sind als die geplanten Investitionen, führen zu einem Sinken des Zinssatzes.[1]
  • Steigende Vermögenspreise als Ergebnis niedriger Zinssätze.

Kritik

Die These einer Sparschwemme wird von Hans-Werner Sinn bezweifelt. Vielmehr hätten die USA mehr ausgegeben als eingenommen und sich deshalb stark im Ausland verschuldet. Die US-Regierung hätte die private Verschuldung in den USA gefördert, um den privaten Verbrauch zu stützen. Dies führte zu einer Verminderung der Ersparnisse in den USA. Die Ersparnis wurde aus dem Ausland bereitgestellt, aber auf eine nicht nachhaltige Weise.[2]

Weblinks

Fußnoten

  1. a b „Die globale Sparschwemme drückt den Realzins“ von Benedikt Fehr, F.A.Z., 7. Februar 2008, Nr. 32 / Seite 23
  2. a b Hans-Werner Sinn: Der Kasino-Kapitalismus. Econ-Verlag, 2009, ISBN 978-3-430-20084-4, S. 37
  3. a b http://www.federalreserve.gov/boarddocs/speeches/2005/200503102/default.htm Governor Ben S. Bernanke, The Global Saving Glut and the U.S. Current Account Deficit , Federalreserve.gov, März 2005, abgerufen 5. Juni 2009
  4. Annual Report of the Council of Economic Advisers. United States Government, Washington D.C. (March 2009). Abgerufen am 8. Oktober 2009.
  5. Niall Ferguson: The Ascent of Money. A Financial History of the World, Allen Lane, 2009
  6. “Das amerikanische Jahrhundert ist noch nicht zu Ende”, von Niall Ferguson 22. Oktober 2008 in Welt.Online, zu „Chimerica“ und „Sparschwemme“

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