Fieber unklarer Genese

Fieber unklarer Genese
Klassifikation nach ICD-10
R50 Fieber unbekannter Ursache
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Fieber unklarer Genese, auch Fieber unbekannter Ursache (engl. fever of unexplained origin (FUO), lat. febris e causa ignota (febris E.C.I.)) genannt, ist die Bezeichnung für eine zu verschiedenen Zeitpunkten gemessene Körpertemperatur von mehr als 38,3 °C über die Dauer von mehr als drei Wochen, ohne dass bei mehrfacher ärztlicher Diagnostik die Ursache bestimmt werden konnte.

Die Diagnose Fieber unklarer Genese ist keine eigenständige Krankheit, sondern vielmehr eine durch begrenzte diagnostische Möglichkeiten gestellte „Verlegenheitsdiagnose“. FUO ist – wie Fieber allgemein – ein Symptom vieler verschiedener Erkrankungen. In den meisten Fällen kann im weiteren Verlauf die dem Fieber zugrundeliegende Erkrankung diagnostiziert werden.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Ursprünglich wurde Fieber unklarer Genese 1961 durch Robert G. Petersdorf und Paul B. Beeson – die auch den angelsächsischen Begriff fever of unexplained origin prägten – wie folgt definiert:[1][2]

  • Der Patient ist mindestens drei Wochen krank.
  • Das Fieber war in dieser Zeit mehrfach höher als 38,3 °C.
  • Trotz intensiver Untersuchung im stationärer Aufenthalt von einer Woche kann keine das Fieber auslösende Erkrankung diagnostiziert werden.

30 Jahre nach dieser Definition wurde 1991 durch D. T. Durack und A. C. Street das dritte Kriterium des Fiebers unklarer Genese neu definiert, indem nun ein dreitägiger stationärer Krankenhausaufenthalt oder drei ambulante Besuche ausreichen.[3]

Außerdem nahmen sie dabei eine Einteilung in vier Klassen vor, die nach wie vor gültig ist:[2]

  1. klassisches Fieber unklarer Genese
  2. nosokomiales Fieber unklarer Genese
  3. neutropenisches Fieber unklarer Genese und Fieber unklarer Genese bei Immunsuppression
  4. Fieber unklarer Genese bei HIV-Patienten

Das klassische Fieber unklarer Genese lässt sich wiederum in fünf Kategorien unterteilen. In Infektionen, Krebserkrankungen, Autoimmunerkrankungen, Manipulationen (vorgetäuschtes Fieber, Medikamentenfieber), sowie ungeklärte Ursachen.

Autoimmunerkrankungen sind neueren Studien zufolge die häufigste Ursache für Fieber unklarer Genese.[4] Darunter fallen Bindegewebserkrankungen, Vaskulitiden und granulomatöse Erkrankungen. Krebserkrankungen sind ebenfalls eine sehr häufige Ursache für Fieber unklarer Genese. Lymphome und Leukämien sind dabei am häufigsten.[5]

Diagnose

Fieber unklarer Genese lässt sich anhand der Definition leicht durch wiederholte Messung der Körpertemperatur über den mindestens dreiwöchigen Zeitraum bestimmen. Allerdings ist Fieber nur ein Symptom einer Erkrankung und das primäre Ziel bei FUO ist es, die dem Fieber zugrundeliegende Erkrankung diagnostisch zu ermitteln, um eine geeignete Therapie einzuleiten. Allerdings existieren derzeit keine Leitlinien um die Ursache von FUO evidenzbasiert zu diagnostizieren. Eine detaillierte Medizin, klinische Untersuchung und Labordiagnostik sind die Basis für alle weiteren Untersuchungen.[6][7]

Ein hilfreiches, allerdings auch sehr aufwändiges, Diagnoseverfahren ist die Positronen-Emissions-Tomographie mit Fluordesoxyglucose (FDG-PET).[8][9][10][11] Mit diesem bildgebendem Verfahren lassen sich sowohl Krebserkrankungen, als auch Entzündungen und Infektionen lokalisieren.[12]

Therapie

Solange nicht die Ursache des Fieber ermittelt wurde und der Patient nicht akut krank ist, sind therapeutische Maßnahmen weitgehend sinnlos. Unspezifische Therapiemaßnahmen haben nur einen geringen Nutzen und sind für die Diagnosestellung meist eher hinderlich.[13]

Prognose

Die Ursache für FUO sind sehr vielschichtiger Natur. Entsprechend stark hängt die Prognose von der das Fieber verursachenden Erkrankung ab. Wurde nach über sechs Monaten keine Erkrankung diagnostiziert, so ist die Prognose im allgemeinen gut.[14]

Siehe auch

Literatur

  • W. Handrick: Fieber unklarer Genese: Definition, Hinweise, diagnostisches Vorgehen. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2006, ISBN 3-804-72287-3
  • D. C. Knockaert: Recurrent fevers of unknown origin. In: Infect Dis Clin North Am 21, 2007, S. 1189–1211. PMID 18061093 (Review)
  • M. J. Kortbus und K. C. Lee: Sinusitis and fever of unknown origin. In: Otolaryngol Clin North Am 37, 2004, S. 339–346. PMID 15064066 (Review)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. R. G. Petersdorf und P. B. Beeson: Fever of unexplained origin: report on 100 cases. In: Medicine 40, 1961, S. 1–30. PMID 13734791
  2. a b F. Thalhammer: DFP-Allgemeinmedizin: Fieber unbekannter Ursache In: Ärztemagazin 2, 2008
  3. D. T. Durack und A. C. Street: Fever of unknown origin-reexamined and redefined. In: Curr Clin Top Infect Dis 11, 1991, S. 35–51. PMID 1651090 (Review)
  4. S. Vanderschueren u. a.: From prolonged febrile illness to fever of unknown origin: the challenge continues. In: Arch Intern Med 163, 2003, S. 1033–1041. PMID 12742800
  5. H. Burgmann:Fieber unklarer Genese. In: Infektbiologie 1, 2008, S. 44–45.
  6. E. Märler-Hermann und J. F. Riemann: Fieber unklarer Genese. In: Der Internist 50, 2009, S. 653–655. doi:10.1007/s00108-009-2412-0
  7. J. Williams und R. Bellamy R.: Fever of unknown origin. In: Clin Med 8, 2008, S. 526–530. PMID 18975488 (Review)
  8. D. C. Knockaert: Fever of unknown origin in adults: 40 years on. In: J Intern Med 253, 2003, S. 263–275. PMID 12603493 (Review)
  9. E. Andres, L. Federici, A. Imperiale: Value of 18 FDG-PET/CT in clinical practice in patients with fever of unknown origin and unexplained prolonged inflammatory syndrome. In: Eur J Radiol 75, 2010, S. 122–122, PMID 19497693.
  10. L. Federici u. a.: Value of (18)F-FDG-PET/CT in patients with fever of unknown origin and unexplained prolonged inflammatory syndrome: a single centre analysis experience. In: Int J Clin Pract 2008 [Epub ahead of print] PMID 18479364
  11. J. Meller u. a.: FDG-PET in patients with fever of unknown origin: the importance of diagnosing large vessel vasculitis. In: Q J Nucl Med Mol Imaging 53, 2009, S. 51–63. PMID 19182728
  12. C. P. Bleeker-Rovers u. a.: Fever of unknown origin. In: Semin Nucl Med 39, 2009, S. 81–87. PMID 19187801 (Review)
  13. D. A. Warrell u. a. (Herausgeber): The Oxford Textbook of Medicine. Oxford University Press, 2003, ISBN 0-19-262922-0
  14. C. S. Bryan und D. Ahuja: Fever of unknown origin: is there a role for empiric therapy? In: Infect Dis Clin North Am 21, 2007, S. 1213–1220. PMID 18061094 (Review)
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