Fort Tscha der Festung Warschau

Fort Tscha der Festung Warschau
Nachträglich angebauter Schornstein an Kasematte im Wall

Das Fort Tscha der Festung Warschau (russisch: „Щ“, als Kürzel für Fort „Szczęśliwice“) war eines der Artillerieforts der Warschauer Befestigungsanlagen des 19. Jahrhunderts. Es wurde Ende der 1880er Jahre als Bestandteil des innereren Fortgürtels errichtet und gehört heute zum Warschauer Stadtteil Ochota. Das Fort ist verhältnismäßig gut erhalten und wird derzeit nicht genutzt. Es ist frei zugänglich und dem Verfall durch Witterung und Vandalismus ausgesetzt.

Die in deutschen Militärkarten verwendete Bezeichnung „Tscha“ entspricht einer Vereinfachung der deutschen Transkription des russischen Buchstabens Щ, eigentlich Schtsch(a). Das ist in russischer Schreibweise der Anfangsbuchstabe der nahe gelegenen damaligen Ortschaft Szczesliwice, heute in Warschau eingemeindet.

Lage

Das Fort liegt heute zwischen den Straßen Śmigłowca, Drawska, Zadumana und Aleja Jerozolimskie. Es umfasst mit dem noch vorhandenen Graben eine Fläche von rund 70.000 Quadratmetern. Zusammen mit den Außenbereichen betrug es knapp 34 Hektar. Das Fort liegt etwa auf einer Höhe von 110 Metern über Meeresspiegel, der Höhenunterschied in der Anlage betrug 11 Meter.

Das Fort gehörte zum inneren Verteidigungsgürtel der vom Zarenregime Ende des 19. Jahrhunderts errichteten Warschauer Stadtbefestigung. Ursprüngliche Aufgabe des Forts war die Verteidigung der südwestlichen Flanke der Stadt und die Sicherung der Bahnlinie und Straße nach Krakau.

Geschichte

Das genaue Baudatum von Fort Tscha ist nicht bekannt, es wird in den Jahren 1886 bis 1890 im Rahmen der Anlage der weiteren vier großen Artillerieforts des inneren Gürtels errichtet worden sein.

Das Fort hatte den hier typischen fünfeckigen Grundriss, war mit einem Wall und einem zunächst trockenen Graben ausgestattet. Im Wall befanden sich Ziegelstein-Kasematten, außerdem gab es geschützte Unterstände. Ebenfalls aus Ziegelmauerwerk bestanden Front und Schultern der Kaponnieren und Halbkaponnieren, die aus der Außenseite des Walls ragten. Im Rahmen der allgemeinen Modernisierung der Festungsanlagen in den 1890er Jahren wurde die Anlage zu einem Nachschubfort ausgebaut. Es entstanden zusätzliche geschützte Lagerräume. Dem Beschluss zur Schleifung aus dem Jahr 1909 wurde nur teilweise nachgekommen, neben der Entwaffnung wurden nur die Kaponnieren und einige Gebäude gesprengt; die beiden großen Kasematten im Frontwall blieben erhalten.

Im September 1939 wurde das Fort in einem frühen Stadium der Schlacht um Warschau von deutschen Truppen genommen. In der Nacht vom 25. auf den 26. September 1939 versuchte das 1. Bataillon des polnischen 56. Infanterie-Regiments unter dem Kommando von Major Wladyslaw Legutko die Rückeroberung der Anlage. Der Angriff brach im Feuer der deutschen Infanterie auf Höhe des Dorfes Szczesliwice zusammen. Auch weitere Versuche polnischer Einheiten, das Fort zu nehmen, scheiterten verlustreich.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Fort Tscha von der polnischen Armee übernommen, die es unter Anderem ebenfalls als Lager nutzte. Im hinteren Innenbereich des Forts wurden rund 150 Garagen angelegt, die - neben anderen Nachkriegsgebäuden - etwa im Jahr 2005 abgerissen wurden. Im unmittelbaren Außenbereich, getrennt durch den nun wassergefüllten Graben, entstanden Schrebergärten.

Weblinks

 Commons: Fort Tscha ("Szczęśliwice") – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Fort M der Festung Warschau — Im Sommer 2010 komplett sanierte und zu Bürozwecken umfunktionierte Teile der ehemaligen Kasematten Das Fort M der Festung Warschau (auch Fort „Mokotów“ genannt) war Bestandteil des inneren Verteidigungsringes der Festung Warschau. Es wurde in… …   Deutsch Wikipedia

  • Fort IX der Festung Warschau — Westseite der Innenbauten, heute Auffahrt zur Ausstellung der Luftfahrzeuge Das Fort IX der Festung Warschau (auch Fort „Czerniaków“[1], „Dąbrowskiego“ oder „Sadyba“ genannt) ist eines der 19 Artillerieforts des äußeren Verteidigungsringes der… …   Deutsch Wikipedia

  • Fort VI der Festung Warschau — Vollgelaufene Kasematten Das Fort VI der Festung Warschau (auch Fort „Okęcie“ genannt) im Warschauer Stadtteil Włochy gehörte zum äußeren Verteidigungsgürtel der städtischen Befestigungsanlagen des 19. Jahrhunderts. Es wird heute gewerblich… …   Deutsch Wikipedia

  • Fort VIII der Festung Warschau — Kasematten vor Beginn der Bauarbeiten zur Neugestaltung des Areals im Sommer 2010 Das Fort VIII der Festung Warschau (auch Fort „Służew“ genannt) gehörte zum äußeren Verteidigungsgürtel der Warschauer Verteidigungsanlagen des 19. Jahrhunderts.… …   Deutsch Wikipedia

  • Fort Tsche der Festung Warschau — Das Fort Tsche (im Laufe der Jahre und in verschiedenen Sprachen auch „Ч“, „Cz“, „Czerniaków“, „Legionów Dąbrowskiego“, „Królikarnia“, „Mokotów II“ oder „Piłsudskiego“ genannt) liegt an der Idzikowskiego Straße[1] im Stadtteil Mokotów Stegny und… …   Deutsch Wikipedia

  • Fort V der Festung Warschau — Bombe vor den teilsanierten Kasematten Das Fort V der Festung Warschau (auch Fort „Włochy“ genannt) im Warschauer Stadtteil Włochy gehörte zum äußeren Verteidigungsgürtel der städtischen Befestigungsanlagen des 19. Jahrhunderts. Es wird heute zum …   Deutsch Wikipedia

  • Fort X der Festung Warschau — Blick von der Stadtautobahn 724 (Siekierski) Richtung Südosten (Verteidigungsrichtung) auf die Fortwälle Das Fort X der Festung Warschau (auch Fort „Augustówka“ oder „Siekierki“ genannt) war eines der Artillerie Forts des äußeren… …   Deutsch Wikipedia

  • Fort VIIA der Festung Warschau — Einer der Zugänge zu den guterhaltenen, betongedeckten Kasematten im Zentralbereich des Innenhofs früher vermutlich als Munitionslager genutzt Das Fort VIIA der Festung Warschau (auch Fort „Służewiec“ genannt) war ein kleines Artilleriefort im… …   Deutsch Wikipedia

  • Fort VII der Festung Warschau — Blick auf die heute unter Wasser stehenden Kasematten im Innenhof Die Ruine des Forts VII der Festung Warschau (auch Fort „Zbarż“ genannt) befindet sich im Warschauer Stadtteil Ochota Okęcie und war Bestandteil des äußeren Verteidigungsringes der …   Deutsch Wikipedia

  • Fort Tscha-M der Festung Warschau — Eine der wenigen noch sichtbaren Betonstrukturen des zu einem Park umgewidmeten Forts, 2010 Das Fort Tscha M der Festung Warschau (auch Fort „Rakowiec“ genannt) war eines der kleineren Forts des inneren Fortgürtels Warschaus und diente der… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”