Fritz Wandel

Fritz Wandel

Fritz Wandel (* 2. Mai 1898 in Ebersbach an der Fils; † 29. April 1956 in Reutlingen) war als Unterbezirksleiter des württembergischen Landesverbands („Bezirks“) der KPD im Verwaltungsgebiet des Oberamts Reutlingen (bzw. des späteren Landkreises) Anfang der 1930er Jahre und nach 1945 ein kommunistischer Parteifunktionär und Regionalpolitiker, beispielsweise als Mitglied des Reutlinger Gemeinderates von 1931 bis 1933 und von 1945 bis 1948.

Am 31. Januar 1933 war er als Kundgebungs-Hauptredner einer der Anführer des Mössinger Generalstreiks, dem einzigen Arbeiteraufstand im Deutschen Reich gegen die „MachtergreifungAdolf Hitlers und dessen Partei, der NSDAP.

Nach der Zerschlagung dieser ersten kollektiven Widerstandsaktion gegen den Nationalsozialismus an der Macht war Wandel zur polizeilichen Fahndung ausgeschrieben. Er hielt sich für etwa fünf Wochen versteckt, bis er Anfang März 1933 entdeckt und festgenommen, schließlich zu 4½ Jahren Einzelhaft verurteilt wurde. Im Anschluss an diese formell „verbüßte“ Haftzeit galt er den Machthabern weiterhin als kommunistischer NS-Gegner, und wurde bis 1943 als sogenannter „Schutzhäftling“ für weitere ca. sechs Jahre im KZ Dachau interniert. Nur wenige Wochen nach seiner für ihn selbst überraschenden Entlassung aus Dachau wurde Wandel – nachdem der Versuch der Gestapo, ihn (bei Nicht-Kooperation) unter Androhung von Repressionen gegen seine Familie als Spitzel in Reutlinger Widerstandskreisen anzuheuern, ohne verwertbare Ergebnisse geblieben war – bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs im Strafbataillon 999 zum militärischen Kriegseinsatz in die Wehrmacht des NS-Regimes gezwungen.

Nach dem Krieg und dem Ende der NS-Diktatur war Wandel zwischen 1945 und 1948 erneut Reutlinger Gemeinderatsmitglied für die KPD. Als „Dritter Stellvertreter“ des neuen Oberbürgermeisters Oskar Kalbfell (SPD) und Leiter des Wohnungsamtes war er an entscheidender Stelle am demokratischen Wiederaufbau der unter französischer Besatzung stehenden Stadt Reutlingen beteiligt. Des Weiteren war er Mitbegründer des Reutlinger Kreisverbandes der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und dessen erster Vorsitzender.

1948 trat er krankheitsbedingt von seinen politischen Ämtern zurück und arbeitete noch einige Jahre als Angestellter der Reutlinger Friedhofsverwaltung.

Er starb wenige Tage vor seinem 58. Geburtstag Ende April 1956.

Inhaltsverzeichnis

Familie, persönlicher Hintergrund

Fritz Wandel stammte aus einer Arbeiterfamilie, die zunächst in Ebersbach an der Fils beheimatet war. Er war das älteste von acht Kindern. Als Fritz etwa zwei Jahre alt war, zog die Familie nach Reutlingen um.

Er galt als intelligent, musste die Schule jedoch nach dem Tod des Vaters bereits mit 12 Jahren abbrechen, um mit Tagelöhnerarbeiten zum Lebensunterhalt der verbliebenen Familie beizutragen.

1916 wurde er ins Militär des Kaiserreichs eingezogen, und war Infanterist im Ersten Weltkrieg. Er geriet in Kriegsgefangenschaft, aus der er 1919 nach Reutlingen zurückkehrte.

In den 1920er Jahren arbeitete er die meiste Zeit in der Maschinenfabrik zum Bruderhaus. Er trat der Gewerkschaft bei und wurde Mitglied der KPD. Seine rhetorische Begabung und sein starkes politisches Engagement trugen dazu bei, dass er sich bis Ende der 1920er Jahre zu einem der bedeutendsten Repräsentanten der Reutlinger Arbeiterbewegung dieser Zeit entwickelte.

1923 heiratete Wandel Klara Wurster, die später eine Gastwirtschaft vor Ort betrieb. Aus der Ehe waren ein Sohn (geb. 1923) und eine Tochter (geb. 1929) hervorgegangen.

Publizistisches Werk

Literatur

  • Stadtverwaltung Reutlingen/Schul-, Kultur- und Sportamt/Heimatmuseum und Stadtarchiv (Herausgeber): „Reutlingen 1930 - 1950. Nationalsozialismus und Nachkriegszeit“; Katalog und Buch mit Hintergrundbeschreibungen zur gleichnamigen Ausstellung von 1995, ISBN 3-927228-61-3
  • Paul Landmesser, Peter Pächler, IG Metall Reutlingen (Herausgeber): „Wir lernen im Vorwärtsgehen! - Dokumente zur Geschichte der Arbeiterbewegung in Reutlingen 1844 - 1949“; Distel-Verlag, Heilbronn 1990, ISBN 3-923208-25-1
  • Hans-Joachim Althaus (Herausgeber) u.a.: „Da ist nirgends nichts gewesen außer hier - Das rote Mössingen im Generalstreik gegen Hitler. Geschichte eines schwäbischen Arbeiterdorfes“; Rotbuch-Verlag Berlin 1982, ISBN 3-88022-242-8

Weblinks


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