VBK 142–215

VBK 142–215
VBK 142–215
GT6/GT8 in Karlsruhe
Nummerierung: 142–215
Anzahl: 33 GT6, 41 GT8
Hersteller: DWM/WU/BBC
Baujahr(e): 1959–1978
Ausmusterung: seit 1986
Achsformel: B'2'B' (GT6), B'2'2'B' (GT8)
Bauart: Sechsachsiger/Achtachsiger Straßenbahn-Einrichtungs-Gelenktriebwagen
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge: 19.300mm (GT6), 26.008 mm (GT8)
Höhe: 3196 mm
Breite: 2373 mm
Drehzapfenabstand: 6000 bzw. 6713 mm
Drehgestellachsstand: 1800 mm
Leermasse: 22,8-23,1 t (GT6), 29,67 t (GT8)
Höchstgeschwindigkeit: zunächst 60 km/h, später 70 km/h
Stundenleistung: 240 kW, 300 kW (2 x 120 kW, 2 x 150 kW)
Beschleunigung: 1,0 m/s²
Bremsverzögerung: 1,2 m/s²
Raddurchmesser: 680/600 mm (neu/abgenutzt)
Stromsystem: 750 V DC
Stromübertragung: Oberleitung
Anzahl der Fahrmotoren: zwei
Antrieb: Gleichstrommotor
Bremse: Selbsterregte Widerstandsbremse, Druckluftfederspeicherbremse, Gliedermagnet-Schienenbremse
Zugheizung: elektrisch
Steuerung: elektro-pneumatisch (fünf Fahrzeuge), Nockenfahrschalter (übrige), zwei Fahrzeuge umgebaut auf Choppersteuerung
Kupplungstyp: BSI-Kompaktkupplung (nur einige Fahrzeuge)
Sitzplätze: 39–41 (GT6), 69–70 (GT8)
Stehplätze: 104–149 (GT6), 150–179 (GT8)
Fußbodenhöhe: 900 mm

Die Straßenbahntriebwagen 142 bis 215 der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) sind eine Serie von 74 Gelenkwagen, die in den Jahren 1959 bis 1978 von der DWM und der Waggon Union an die VBK zum Einsatz im Karlsruher Straßenbahnnetz geliefert wurden. Bis 1972 lösten die Gelenktriebwagen die zweiachsigen Fahrzeuge der Karlsruher Straßenbahn vollständig ab und bildeten bis zur Lieferung der Niederflurwagen in den 1990er Jahren das Rückgrat im Betrieb. Die Ausmusterung der Gelenktriebwagen erfolgt seit 1986. Einige Fahrzeuge wurden an die Straßenbahn Timișoara in Rumänien sowie die Straßenbahn Minsk in Weißrussland abgegeben. Trotz ihrer großen Ähnlichkeit zum Duewag-Einheitswagen handelt es sich nicht um Lizenzbauten.

Inhaltsverzeichnis

Technik

Aufbau

Der Achtachser 209 in der Innenstadt
Heckansicht

Bei den Fahrzeugen handelt es sich um zwei- (GT6) bzw. dreiteilige (GT8) Einrichtungs-Gelenktriebwagen. Sie besitzen konventionelle Drehgestelle an Bug und Heck, während sich die Wagenteile in der Mitte auf Jakobsdrehgestellen abstützen und durch Gelenkportale miteinander verbunden sind, so dass die Fahrzeuge durchgehend begehbar sind. Die Wagenkästen sind geschweißte Stahlkonstruktionen und orientieren sich in ihrer Form an der Gestaltung der Düwag-Gelenktriebwagen. Die Wagen verfügen über 4 Doppelfalttüren der Düwag-Bauart. Bei den GT8 ist das Mittelteil ohne Türen ausgeführt.

Die Fahrzeuge werden von je zwei Gleichstrommotoren angetrieben, die im ersten und letzten Drehgestell eingebaut sind. Im Gegensatz zum Düwag-Tandemantrieb wurde ein Differential eingebaut, um Unterschiede der Raddurchmesser ausgleichen zu können. Die Antriebsleistung beträgt 2x120 kW bei den GT6 und 2x150 kW bei den GT8. Während die Fahrzeuge der ersten Lieferserie mit elektropneumatischer BBC-Schützensteuerung ausgerüstet sind, wurden in den weiteren Lieferserien hebelbetätigte Winkelfahrschalter eingebaut. Die Fahrzeuge sind mit einem Scherenstromabnehmer ausgestattet. Gebremst werden können die Fahrzeuge mit der Widerstands-, Druckluft-Federspeicher- und Magnetschienenbremse.

Die Fahrzeuge besaßen bis Anfang der 1970er Jahre BSI-Kompaktkupplungen zur Mitnahme von Beiwagen, danach nur noch Kupplungsstummel, auf die eine Notkupplung aufgesetzt werden kann. Einige Fahrzeuge wurden in den 1980er Jahren wieder mit BSI-Kompaktkupplungen für den Doppeltraktionsbetrieb ausgestattet.

Innenraum eines Fahrzeugs

Der Innenraum ist auf eine lange Lebensdauer ausgelegt. Die Wagen haben eine einfache 2+1 Reihenbestuhlung mit Stahlrohrstühlen und hölzernen Sitzflächen und Rückenlehnen. Der Fahrerplatz im Bug des Fahrzeugs ist nicht vom Fahrgastraum getrennt, lediglich ein Vorhang als Sicht- und Blendschutz ist vorhanden. Am Heck befindet sich ein Rangierfahrschalter. Ebenfalls im Heck befand sich bis Ende der 1960er-Jahre ein Schaffnersitz. Nach Einführung des Einmannbetriebs wurde dieser entfernt und durch einen Schaltschrank ersetzt. Für den Einmannbetrieb wurden Fahrscheinentwerter in der Nähe der Türen eingebaut. Der Fahrgastinformation dienen Liniennummernkästen am Bug und Heck der Fahrzeuge, eine Zielfilmanzeige am Bug sowie vier Seitenschilderkästen. In den letzten Jahren wurden die Fahrzeuge für das Rechnergestütztes Betriebsleitsystem ausgerüstet und erhielten teilweise einen Fahrkartenautomaten.

Umbau auf Choppersteuerung

1999 wurden die Wagen 211 und 215 einem umfangreichen Umbau unterzogen. Hierbei wurde die Schaltwerksteuerung durch eine elektronische Choppersteuerung ersetzt. Ferner wurde der Fahrgastraum modernisiert, der Fahrerplatz durch eine Glasscheibe vom Fahrgastraum abgetrennt und die Bestuhlung durch Stoffpolstersitze ersetzt. Die Typbezeichnung dieser beiden Fahrzeuge lautet seitdem GT8-60C. Die 60 steht dabei für die Höchstgeschwindigkeit, das C für die nachgerüstete Chopper-Steuerung.

Lackierung

Die Fahrzeuge waren bereits bei Anlieferung in den Karlsruher Stadtfarben gelb mit umlaufender breiter roter Zierlinie unterhalb der Fenster lackiert. Am Bug war die Unterkante des Wagenkastens mit einer Aluminiumleiste verziert. Dieser Anstrich wurde in den 1970er Jahren leicht verändert, indem die rote Zierlinie durch eine zweite, dünne Zierlinie ergänzt und die Schürze des Wagenkastens ebenfalls rot lackiert wurde. Die Aluminiumzierleisten entfielen und wurden durch stählerne Stoßfänger ersetzt, die zunächst in gelb, später in rot gehalten waren.

Als Zeichen der Verbundenheit mit der seinerzeit geteilten Stadt Berlin, zugleich Ort der Herstellung der Fahrzeuge, wurde jeder Wagen auf einen Berliner Stadtteil getauft. Äußerlich wurde dies deutlich durch den Berliner Bären und den Namen des Stadtteils, die vorne rechts und hinten rechts am Wagenkasten angebracht waren.

Geschichte

Beschaffung

Zur Erneuerung des überalterten Fahrzeugparks beschafften die Verkehrsbetrieb Karlsruhe ab 1959 sechsachsige Gelenktriebwagen von der DWM (später Waggon-Union) in Berlin. Die elektrische Ausrüstung lieferte BBC. Gegenüber den zuvor beschafften Vierachser-Großraumzügen versprachen die Gelenktriebwagen eine Steigerung der Transportkapazität bei gleichzeitiger Einsparung eines Beiwagenschaffners. Ab 1969 wurden einige Wagen in achtachsiger Ausführung geliefert und bereits gelieferte sechsachsige Fahrzeuge um ein Mittelteil zu achtachsigen Wagen verlängert. Die Fahrzeuge wurden in sechs Serien bis 1978 geliefert:

Typisch für die hier behandelte Baureihe sind die Berliner Wappen und Bezirksnamen als Hinweis auf den Produktionsstandort der Wagen
Lieferserie Wagen Baujahr Anzahl Bauart Umbau in GT8
1 142–146 1959 5 GT6
2 147–156 1961 10 GT6
3 157–176 1963–1964 20 GT6 1975 (nur 175, 176), 1991 (174, mit Mittelteil ex 196)
4 177–188 1969 12 GT8
4 189–199 1969 11 GT6 1975
5 200–208 1972 9 GT6 1975
6 209–215 1978 7 GT6 1980

Einsatzgeschichte

Die Fahrzeuge kamen zunächst auf der am stärksten belasteten Linie 1 (Durlach–Knielingen) zum Einsatz. Mit der Lieferung weiterer Fahrzeuge und der Ausstattung der Linienendpunkte mit Wendeschleifen wurde der Einsatz nach und nach auf alle Linien ausgedehnt. Wegen fehlender Zulassung nach Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung konnten die Fahrzeuge allerdings nicht auf der Albtalbahn und der Hardtbahn eingesetzt werden. Daher beschränkte sich ihr Einsatz auf der Linie A auf den Abschnitt zwischen Rüppurr, der Karlsruher Innenstadt und der Nordweststadt. Nach Ausmusterung der letzten Vorkriegsfahrzeuge im Jahr 1972 teilten sich die VBK-Gelenktriebwagen das Karlsruher Schienennetz nur noch mit den Vierachserzügen der 1950er Jahre sowie den Gelenktriebwagen der AVG.

Ab 1983 kamen die Wagen der ersten Lieferserie teilweise in Doppeltraktion auf den Linien 1 (Durlach–Knielingen) und 2 (Durlach–Rheinstrandsiedlung) zum Einsatz. Auch gemischte Doppeltraktionen mit den ehemaligen Gelenktriebwagen der AVG aus den Fahrzeugserien 1-21 und 22-25 wurden gebildet. Nachdem sich die Mehrfachtraktionen bewährt hatten, wurden die Wagen 165–174 ebenfalls für Doppeltraktionen ertüchtigt. Diese Fahrzeuge konnten jedoch aufgrund technischer Unterschiede (direktgesteuerte Winkelfahrschalter statt elektropneumatischer Steuerung) nur als führende Fahrzeuge einer Doppeltraktion eingesetzt werden.

Mit der Anlieferung der Stadtbahnwagen der Bauart GT6-80C und GT8-80C wurden die Gelenktriebwagen ab 1983 zunächst von der Linie A, ab 1987 auch von der Linie 2 verdrängt. Nach Lieferung der Niederflurwagen vom Typ GT6-70D/N und GT8-70D/N ab 1995 verkleinerte sich der Einsatzbereich der Gelenktriebwagen weiter. Seit dem Jahr 2005 bedienen sie nur noch die Linie 5 (Rintheim–Rheinhafen) und die Schulstraßenbahnlinien 16, 17 und 18 zur Europäischen Schule. Dieser Einsatzbereich wird voraussichtlich noch für einige Jahre bis zur Lieferung weiterer Niederflurwagen bestehen bleiben.

Ausmusterungen und Abgaben

Der ehemalige GT8 175 als Triebwagen 109 der Straßenbahn Timișoara neben einem aus Bremen stammenden Gelenkwagen, 2006

Abgesehen vom unfallbedingten Ausscheiden des Wagens 154 im Jahr 1967 begann die Ausmusterung der Wagen im Jahr 1986. 1995 wurden sechs GT6 an die Straßenbahn Timișoara abgegeben, 2000 folgten acht GT6 und drei GT8. 2002 wurden drei GT8 und 2003 sieben GT8 an die Straßenbahn Minsk abgegeben, wo sie auf die Spurweite von 1524 mm umgespurt wurden und bis 2009 eingesetzt wurden. Neun der Minsker Fahrzeuge wurden zwischenzeitlich verschrottet, der zehnte Wagen wird als Museumswagen eingesetzt. Im Jahr 2010 stehen in Karlsruhe nur noch GT8 der vierten, fünften und sechsten Lieferserie im Einsatz. Einige Fahrzeuge sind noch als Ersatzteilspender vorhanden. Die Wagen 167 (GT6) und 188 (GT8) sind als Museumswagen in Karlsruhe verblieben.

Einige Wagen wurden in den 1980er Jahren zu Sonderwagen umgebaut. So entstand aus den Vorderteilen der Wagen 158 und 164 ein sechsachsiges Zweirichtungsfahrzeug, das als Schienenschleifwagen ausgestattet wurde und das regelmäßig im Einsatz beobachtet werden kann. Aus Triebwagen 155 entstand 1990 ein Fahrradtransportwagen, der bis zu seiner Ausmusterung im Jahr 2005 zusammen mit einem Stadtbahnwagen als Fahrradexpress auf der Albtalbahn im Einsatz war. Das Vorderteil von Triebwagen 151 wurde zu einem Batteriebeiwagen umgebaut, um die Möglichkeit einer fahrdrahtunabhängigen Betriebsführung auf Eisenbahnstrecken zu untersuchen. Nach dem Ende der Probefahrten wurde das Fahrzeug 1991 verschrottet. Triebwagen 174 wurde im Jahr 2000 an die Feuerwehrschule Bruchsal abgegeben.

Literatur

  • Manfred Koch (Hrsg.): Unter Strom. Geschichte des öffentlichen Nahverkehrs in Karlsruhe. Badenia Verlag, Karlsruhe 2000, ISBN 3-7617-0324-4 (Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs 20).
  • Dieter Höltge: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 6: Baden. EK-Verlag, Freiburg (Breisgau) 1999, ISBN 3-88255-337-5.
  • Martin Pabst: Taschenbuch Deutsche Straßenbahn-Triebwagen. Band 2: Elektro-Triebwagen 1931 – heute. Franckh'sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1982, ISBN 3-440-05043-2.
  • Willi Diestelkamp: Einheits-Gelenktriebwagen der Verkehrsbetriebe Karlsruhe. In: Nahverkehrs-Praxis. 3/1978, ISSN 0342-9849.

Galerie


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