Gerti Deutsch

Gerti Deutsch

Gerti Deutsch (* 1908 in Wien; † 1979 in Leamington Spa[1]) war eine österreichische Fotografin. Sie lebte und arbeitete hauptsächlich in Österreich und England.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Aufgewachsen als einziges Kind einer jüdischen Familie[2] verließ sie mit 16 die Schule, um an der Wiener Musikakademie zu studieren. Ihr Karriereziel Pianistin konnte sie jedoch aufgrund einer Neuritis nicht erreichen und wandte sich daraufhin der Fotografie zu.[3] Ihre fotografische Ausbildung erhielt sie zwischen 1933 und 1934 an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. [4]

Nach Aufenthalten in Paris und London– sie glaubte dort als Frau beruflich ernster genommen zu werden als in ihrer Heimat[2] – kehrte Gerti Deutsch kurz nach Wien zurück, übersiedelte danach jedoch wegen des zunehmend schlechten Klimas für Juden und den besseren Berufsaussichten dauerhaft nach London. 1936 hatte sie ihre erste Ausstellung im Österreichischen Kulturverein in London [5] , einem Vorläufer des Österreichischen Kulturforums, und begann 1938 als freiberufliche Fotojournalistin und Redaktionsfotografin der Picture Post zu arbeiten[6], deren damaligen stellvertretenden Chefredakteur Tom Hopkinson sie im selben Jahr heiratete. Dieser Ehe entstammen die beiden Töchter Nicolette (heute: Nicolette Roeske) und Amanda.[7]

Im Zeitraum zwischen 1937 und den frühen 1960er Jahren, als sie sich aus der Fotografie zurückzog und 1969 London verließ [8] , um in Salzburg zu leben[2], produzierte sie zahlreiche Fotoreportagen – zuerst in der Picture Post, nach deren Schließung 1957 auch u. a. in Nova, Holiday, Queen, Harper's Bazaar und The Tatler und den Schweizer Magazinen Atlantis und L'Oeil[9]. Zu ihren wichtigen Reportagen zählen u. a.: Ihr erster Tag in England (1938) über die Flüchtlingstransporte jüdischer Kinder aus Nazideutschland nach England und ihre Dokumentation des besetzten Nachkriegs-Wien (1948). In den 1950er Jahren kooperierte sie öfter mit der - ebenfalls aus Österreich emigrierten - Fotografin Inge Morath. In Deutschs Nachlass finden sich zahlreiche Fotografien, die von beiden Fotografinnen signiert sind; über das genaue Ausmaß der Kooperation ist leider nichts erhalten.[10]. Im Nachlaß finden sich auch mehrere Entwürfe zu nicht verwirklichten Buchprojekten, erhalten in Form von Maquetten. Wegen ihrer großen Liebe zur Musik porträtierte sie immer wieder Größen der Musikwelt wie Yehudi Menuhin, Benjamin Britten[2], Arturo Toscanini, Wilhelm Furtwängler, Herbert von Karajan [11] oder Irmgard Seefried [12] , oft in Salzburg oder Wien.[13]

Während ihrer Lebenszeit hatte Gerti Deutsch zwei große Ausstellungen: die erste 1957 über Österreich im „Austrian Institute“, die zweite 1962 über Japan in der „Trade Fair“ in der Londoner Olympia-Messehalle.[9] Nach ihrer Wiederentdeckung gab es eine Ausstellung im Österreichischen Kulturforum in London (Februar bis Mai 2010) [14] und in Berlin (Januar 2011), gefolgt von einer umfangreicheren in der Galerie Fotohof in Salzburg (Juni und Juli 2011) [15] Es existiert derzeit keine vollständige Liste der Arbeiten von Gerti Deutsch.[16]

Monografie

  • Kurt Kaindl. "Die Fotografin Gerti Deutsch. Arbeiten 1935-1965". 2011 Fotohof edition, Salzburg. ISBN 978-3-902675-54-5. (erschienen in deutscher und englischer Ausgabe)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Anna Auer und Kunsthalle Wien.Übersee. Flucht und Emigration Österreichischer Fotografen 1920 - 1940. Wien: Kunsthalle Wien. 1997. S.259
  2. a b c d http://www.camdennewjournal.com/feature-exhibition-gerti-deutsch-%E2%80%93-images-austria-and-england-1932%E2%80%931952
  3. Nicolette Roeske, Amanda Hopkinson. Einleitung zur Begleitbroschüre zur Ausstellung "Photographs by Gerti Deutsch" im Österreichischen Kulturforum London. 2010. S. 6
  4. Amanda Hopkinson, "Gerti Deutsch of Vienna". In: Kurt Kaindl. "Die Fotografin Gerti Deutsch. Arbeiten 1935-1965". 2011 Fotohof edition, Salzburg. ISBN 978-3-902675-54-5. S.9f.
  5. Sabine Coelsch-Foisner. Gerti Deutsch - mit Bildern das Leben schreiben". In: Kurt Kaindl. "Die Fotografin Gerti Deutsch. Arbeiten 1935-1965". 2011 Fotohof edition, Salzburg. ISBN 978-3-902675-54-5. S. 138.
  6. Wolf Suschitzky, Geleitwort zur Begleitbroschüre zur Ausstellung "Photographs by Gerti Deutsch" im Österreichischen Kulturforum London. 2010. S. 2
  7. Nicolette Roeske, Amanda Hopkinson. Einleitung zur Begleitbroschüre zur Ausstellung "Photographs by Gerti Deutsch" im Österreichischen Kulturforum London. 2010. S. 6 und 7
  8. Amanda Hopkinson. "Gerti Deutsch of Vienna". In: Kurt Kaindl. "Die Fotografin Gerti Deutsch. Arbeiten 1935-1965". 2011 Fotohof edition, Salzburg. ISBN 978-3-902675-54-5. S.18.
  9. a b Nicolette Roeske, Amanda Hopkinson. Einleitung zur Begleitbroschüre zur Ausstellung "Photographs by Gerti Deutsch" im Österreichischen Kulturforum London. 2010. S. 7
  10. Kurt Kaindl. "Freie journalistische Arbeit und Zusammenarbeit mit Inge Morath". In: Kurt Kaindl. "Die Fotografin Gerti Deutsch. Arbeiten 1935-1965". 2011 Fotohof edition, Salzburg. ISBN 978-3-902675-54-5. S. 82.
  11. Sabine Coelsch-Foisner. Gerti Deutsch - mit Bildern das Leben schreiben". In: Kurt Kaindl. "Die Fotografin Gerti Deutsch. Arbeiten 1935-1965". 2011 Fotohof edition, Salzburg. ISBN 978-3-902675-54-5. S. 138.
  12. Kurt Kaindl. "Die Fotografin Gerti Deutsch. Arbeiten 1935-1965". 2011 Fotohof edition, Salzburg. ISBN 978-3-902675-54-5. S.99 und S. 71.
  13. Klaus Honnef, Frank Weyers.Und sie haben Deutschland verlassen... müssen. Köln: Prag. 1997. S. 132.
  14. Begleitbroschüre zur Ausstellung "Photographs by Gerti Deutsch" im Österreichischen Kulturforum London. 2010.
  15. http://www.fotohof.at/content.php?id=24&ausstellung=331&details=1
  16. Wolf Suschitzky, Geleitwort zur Begleitbroschüre zur Ausstellung "Photographs by Gerti Deutsch" im Österreichischen Kulturforum London. 2010. S. 3

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