Cecil Percival Taylor

Cecil Percival Taylor

Cecil Percival Taylor (* 15. März 1929 in New York) ist ein US-amerikanischer Jazz-Pianist, Komponist und Dichter. Er gilt als eine der großen inspirierenden Persönlichkeiten des frei improvisierten Jazz (zugleich mit dem bekannteren Ornette Coleman).

Cecil Taylor (Moers Festival 2008)

Inhaltsverzeichnis

Leben

Mit sechs Jahren begann er auf Drängen seiner Mutter mit dem Klavierunterricht. Er studierte dann in New York und zwischen 1947 und 1951 am New England Conservatory (unter anderem bei Henry Cowell). Nach erstem Anfängen in R&B- und in Swing-Bands zu Beginn der 1950er (etwa bei Hot Lips Page und Johnny Hodges) gründete er 1956 seine eigene Band mit dem Sopransaxophonisten Steve Lacy, dem Bassisten Buell Neidlinger und dem Schlagzeuger Dennis Charles. Bereits seine erste, 1956 veröffentlichte Platte Jazz Advance gilt heute als eine Innovation, in der er bereits die Freiheiten zeigt, die später zu seinem Markenzeichen als außergewöhnlicher Pianist werden sollten: Taylor ist bekannt für seine äußerst energetische, zudem körperbetonte Spielweise sowie seine außerordentlich komplexe Improvisationskunst, welche häufig Cluster und schwierige polyrhythmische Strukturen einbezieht. Seine Kunst beruht sowohl auf den Errungenschaften der Neuen Musik und des Modern Jazz (insbesondere von Bud Powell und Lennie Tristano) als auch auf der westafrikanischen Percussionsmusik[1]. Nach Joachim Ernst Berendt liegt „das eigentlich Überwältigende“ an seinen Improvisationen „in der physischen Kraft, mit der er spielt“.[2]

Projekte in den 1960ern brachten ihn in Kontakt mit John Coltrane und Archie Shepp. Trotz einer Anerkennung im Down Beat Poll hatte er beim amerikanischen Publikum zunächst keinen Erfolg und musste als Tellerwäscher arbeiten. Gil Evans bot Taylor die Möglichkeit, seine Musik auf dem Album Into the Hot (1961) zu präsentieren.[3] Den größten Anteil an seiner musikalischen Entwicklung hatte das umformierte Ensemble mit dem Altsaxophonisten Jimmy Lyons (von 1961 bis zu dessen Tod 1986) und Schlagzeugern wie Sunny Murray, mit dem Taylor 1962–1963 auf Europatournee ging und erstmals größere Anerkennung seines Publikums erhielt. Innerhalb dieser Gruppe, die ohne Bassist auftrat, entwickelten die Musiker häufig neue, äußerst expressive Formen des Ensemblespiels. Anstelle von Murray spielte dann Andrew Cyrille in dieser Unit. In den frühen 1970ern begann Taylor auch mit Piano-Soloauftritten und nahm mehrere Lehraufträge an amerikanischen Hochschulen an. Seine Konzerte umfassten zunehmend theatralische, performative Elemente.[4] Er schrieb Gedichte, die er auch im Rahmen seiner Konzerte rezitiert; auch trat er mit Max Roach und sogar mit Mary Lou Williams auf.

Nach dem Tode von Lyons wandte sich Taylor der kleineren Triobesetzung zu und arbeitete mit dem Bassisten William Parker zusammen, mit dem er Anfang der 1990er mit William Parker mit Tony Oxley im Feel Trio spielt. Darüber hinaus leitete er zahlreiche Projekte großer Bands. Seine Konzerte in Berlin 1988 bis 1999 wurden weitgehend durch das deutsche Label FMP veröffentlicht und so die Leistungen im Zusammenspiel mit europäischen Improvisatoren wie Derek Bailey, Evan Parker, Peter Kowald, Han Bennink oder Tristan Honsinger dokumentiert.

In den letzten Jahren war er auf Tournee mit Oxley und dem Trompeter Bill Dixon. Die meisten seiner Aufnahmen der letzten Jahrzehnte veröffentlichten kleine europäische Labels, ausgenommen das eher untypische Album Momentum Space (mit Dewey Redman und Elvin Jones) bei Verve/Gitanes. Das klassische Label Bridge veröffentlichte seine Platte Algonquin, ein 1998 in der Library of Congress aufgenommenes Duett mit dem Geiger Mat Maneri.

Taylor war immer an Ballett und Tanz interessiert. Seine Mutter, die in seinem Kindesalter starb, war Tänzerin und spielte auch Klavier und Geige. Er äußerte: "Ich suche auf dem Klavier die Sprünge eines Tänzers im Raum darzustellen". 1977 und 1979 arbeitete er mit der Tänzerin Dianne McIntyre zusammen. 1979 komponierte und spielte er die Musik für das Zwölfminutenballet "Tetra-Stomp: Eatin' Rain in Space" mit Michael Baryschnikow und Heather Watts.

Dokumentarfilm

Der aufwändigen und zugeneigten Arbeit des Filmemachers Christopher Felver aus dem kalifornischen Sausalito verdankt sich der 72-minütige Dokumentarfilm Cecil Taylor: All the Notes (USA 2004), der den kamerascheuen und interview-abgeneigten Pianisten in Selbstaussagen, musizierend und philosophierend abbildet. In zehnjähriger beharrlicher, unaufdringlicher Begleitung, die Kamera immer dabei, ließ er sich zum Auskunftgeben über sich selbst verführen.[5] Der Film hatte 2005 seine europäische Erstaufführung auf dem "Total Music Meeting" in der Kreuzberger Berlinischen Galerie.

Diskografie

  • The Cecil Taylor Quartet at Newport, 1957
  • The World of Cecil Taylor, 1960
  • New York City R&B, 1961
  • Jazz Composer’s Orchestra: Communications (mit Michael Mantler und anderen), 1968
  • The Great Concert (identisch mit Nuits de la Fondation Maeght), 1969
  • Cecil Taylor & Mary Lou Williams: Embraced, 1977
  • Cecil Taylor Unit, 1978
  • Cecil Taylor & Max Roach: Historic Concert, 1979
  • Fly! Fly! Fly!, 1980
  • Cecil Taylor Segments II/ Orchestra of two Continents, 1984
  • Live in Vienna, 1987
  • Tzotzil Mummers Tzotzil, 1987
  • Pleistozaen mit Wasser, 1988 (mit Derek Bailey)
  • Rememberance, 1988 (mit Louis Moholo)
  • Looking (Berlin Version) solo, 1989
  • Looking (The Feel Trio), 1989
  • The Light of Corona, 1996
  • Qu'a: Live at the Iridium, vol. 1 & 2, 1998
  • The Willisau Concert, 2000

Zitate

Improvisation ist ein Werkzeug der Verfeinerung, ein Versuch, den ›dunklen‹ Instinkt einzufangen.

Cecil Taylor[6]

Der Pianist und Pionier des modernen Jazz ... reiht Lauf an Lauf, wechselt dann abrupt die Tempi, stürzt sich in wilde Cluster, türmt sie zu komplexen Klanggebilden auf und steigert sie schliesslich in höchster Intensität, um sie alsbald wieder zu zerbröseln, zerplätschern zu lassen. Taylors Konzerte sind noch nach Jahrzehnten besondere Erlebnisse. Sie sind mit tiefem Sinn für Dramaturgie ausgestattet, was jegliche Kraftmeierei ausschliesst, die Taylor immer wieder angedichtet wird.

Reiner Kobe, Besprechung von Willisau Concert Jazz Podium 2002

Die Filzhämmer des gewaltigen Flügels verwandeln sich unter den Fingern, Handflächen, Ellenbogen und Unterarmen in die Trommeln der Dogon vom Nigerbogen und auch in die von Baby Dodds, Schlagzeuglegende aus New Orleans. Sein durchaus meditativer Anfang in Ashmumniem treibt bald zu auf eine rabiate Verdichtung des Materials. Der Klang wird gleichsam zum Metall auf einem Amboß, und Cecil Taylor formt es Schlag auf Schlag. Seine Faust wird zum Hammer, der auf die Tasten saust. Die Beherrschung von Glissandi und Cluster hat der eher zartgliedrige Amerikaner zu einer höchst subtilen und vitalen "Prügeltechnik" entwickelt.

Michael Naura: Der spitze Stein im Schuh der Spießer (1999)

Literatur

  • Buholzer/Rosenthal/Wilmer: Auf der Suche nach Cecil Taylor, Wolke Verlag Hofheim, 1990, ISBN 3-923997-38-8
  • A. B. Spellman: Four Jazz Lives, University of Michigan Press (Neuauflage von „Four Lives in the Bebop Business“, Pantheon 1966)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Kriterin Valerie Wilmer sprach davon, dass er das Piano wie „88 gestimmte Bongos“ spiele. Zit. n. Felix Klopothek, Cecil Taylor. In: Wolf Kampmann Reclams Jazzlexikon Stuttgart 2003, S. 510
  2. So Berendt in seinem Jazzbuch (Frankfurt a.M. 1973, S. 248), wo er fortfährt: „Der deutsche Pianist Alexander von Schlippenbach, der stark von Taylor beeinflusst wurde, hat darauf hingewiesen, dass andere Pianisten allenfalls für Minuten in der Lage sind, eine derartig brennende und berstende Intensität zu entwickeln, und dass es unfassbar sei, dass Taylor ein solches Spiel ganze Abende in langen Konzerten und Clubauftritten durchhalte.“
  3. Richard Cook Jazz Encyclopedia. London 2007
  4. Meinrad Buholzer schreibt in den Liner Notes zum Willisau Concert: „Ein Taylor-Konzert ist immer auch ein choreografisches Ereignis. Wie er mit den Fingern über die Tastatur wirbelt, das ist Tanz. Und Tanz ist auch noch, wenn sich Taylor zwischen den Stücken erhebt und, noch halb berauscht, in Trance, sich um den Flügel dreht.“
  5. Taylor-Film: All the notes
  6. nach Konrad Heidkamp Die Fantasie Gottes: Auch die Spätwerke des Jazzers Cecil Taylor sind grandiose Zumutungen Die Zeit 22. April 2004

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