Kathedrale von Lyon

Kathedrale von Lyon
Blick vom Saône-Ufer auf die Kathedrale mit der Basilika Notre-Dame de Fourvière im Hintergrund

Die Kathedrale Saint-Jean (Église Saint-Jean-Baptiste-et-Saint-Étienne bzw. Cathédrale Saint-Jean-Baptiste de Lyon) ist neben der Basilika Notre-Dame de Fourvière der bedeutendste Kirchenbau der Stadt Lyon sowie Sitz des Erzbischofs von Lyon. Das seit dem Jahr 1862 als Monument historique klassifizierte und somit unter Denkmalschutz stehende Kulturdenkmal ist dem romanischen und dem gotischen Stil zuzuordnen. Die Kirche dominiert das Viertel Vieux Lyon, wo sie sich unweit des Saône-Ufers befindet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Grundriss des merowingischen Kirchenbaus

Ein erster Kirchenbau soll hier bereits zur Zeit der ersten Bischöfe der Stadt, Pothinus und Irenäus von Lyon, also im 2. Jahrhundert, gestanden haben, doch sind hiervon keine Spuren mehr enthalten. Die ältesten Gebäudereste stammen aus dem 6. Jahrhundert. Damals wurden die Reliquien der Heiligen Irenäus, Epipodius und Alexander unter den Altar der Kirche verbracht. Seit dem Jahr 1079, als Papst Gregor VII. dem Erzbistum von Lyon den Ehrentitel Primat von Gallien verlieh, trägt die Kathedrale die Bezeichnung Primatiale.

Der heutige Bau, der romanische und gotische Elemente miteinander vereint, wurde 1165 begonnen und 1481 abgeschlossen. Zunächst begann man mit den unteren Partien der Apsis, den beiden seitlichen Kapellen und dem Querschiff, was um 1180 vollendet war. Es folgten bis zum ersten Drittel des 13. Jahrhunderts das Gewölbe der Apsis und des Querschiffs, das bereits in gotischem Stil ausgeführt wurde, die beiden Osttürme und Teile des Hauptschiffes. Mitte des 13. Jahrhunderts folgten die Glasfenster des Chores und die Rosette des Querschiffes. Gegen Ende des 13. und zu Beginn des 14. Jahrhunderts wurde das Hauptschiff und der untere Teil der Fassade vollendet. Im 15. Jahrhundert folgten der obere Teil der Fassade und die beiden Westtürme. Den Abschluss bildete eine Christusstatue, die 1481 auf den Giebel gesetzt wurde.

Blick durch das Hauptschiff Richtung Chor

1245 war die Kirche Schauplatz des Ersten Konzils von Lyon, auf dem der Papst Kaiser Friedrich II. für abgesetzt erklärte. 1271 wurde hier für kurze Zeit der Leichnam des französischen Königs Ludwig IX. aufgebahrt, der in Tunesien während des letzten Kreuzzugs verstorben war; er wurde schließlich in der Basilika Saint-Denis bestattet. 1274 fand in der Kathedrale das Zweite Konzil von Lyon statt, auf dem vor allem über die Union der katholischen mit der griechisch-orthodoxen Kirche beraten wurde. Am 17. August 1316 wurde Johannes XXII. in der Kathedrale zum Papst gewählt; er war der zweite der Avignonesischen Päpste. 1562 wurde die Kirche von calvinistischen Hugenotten verwüstet. Am 17. Dezember 1600 [1] war die Kathedrale Schauplatz der Eheschließung zwischen König Heinrich IV. und Maria von Medici. Richelieu empfing hier 1622 seine Kardinalswürde. In den 1790er Jahren ließ Bischof Lamourette den Chor umgestalten und den Lettner entfernen. Ab 1935 wurde der Chor in seiner mittelalterlichen Form wiederhergestellt. 1982 wurde die Fassade neu verputzt. 1986 stattete Papst Johannes Paul II. der Kathedrale einen Besuch ab.

Architektur

Astronomische Uhr

Die Kathedrale ist 80 Meter lang, weist auf der Höhe des Chores ein Breite von 20 Metern auf und die Höhe des Schiffes beträgt 32,50 Meter.

Für die Fassade wurden unter anderem Steine des alten römischen Forums der Stadt verbaut. Da sie dem 14. und 15. Jahrhundert entstammt, ist sie stark vom Flamboyant-Stil geprägt. In 300 Bildfeldern werden Episoden aus dem Alten und Neuen Testament erzählt. Der hugenottische Baron des Adrets ließ im 16. Jahrhundert die Statuen der Statuen zerstören und den Engelsfiguren der drei Portale die Köpfe abhauen.

Im Innern ist deutlich die stilistische Entwicklung zu verfolgen, wenn man sich von Apsis und Chor, die noch romanisch sind, Richtung Hauptschiff und Eingang bewegt und dabei zunehmend gotische Elemente bemerken kann. Die Glasfenster, entstanden um 1390, sind in blau-violetten Tönen gehalten, wobei in den nach Süden zeigenden Fenstern kühlere Töne dominieren, um die stärkere Sonneneinstrahlung auszugleichen. Am Ende des Chorgestühls befinden sich zwei in den Jahren 1776 bzw. 1780 von Blaise gefertigte Statuen, die den Heiligen Stephanus und Johannes den Täufer darstellen, die beiden Namenspatrone der Kathedrale.

Rechts und links des Altars sind seit 1274 zwei große Kreuze angebracht, die an die geplante Union der katholischen mit der orthodoxen Kirche erinnern. Sehenswert ist außerdem die Bourbon-Kapelle, erbaut im 15. Jahrhundert für Kardinal Charles de Bourbon und dessen Bruder Pierre, die eng mit König Ludwig XI. verwandt waren.

Astronomische Uhr

Die astronomische Uhr stammt aus dem 14. Jahrhundert und wurde später mehrfach erneuert. Es handelt sich dabei um eine der ältesten Uhren Europas. Erste Hinweise auf die Uhr geben Dokumente aus dem Jahr 1383.

Die Uhr selbst ist in Turm-Form angelegt, von etwa 1,80 m Breite und insgesamt 9,35 m Höhe. Im unteren Teil befindet sich die Datumsanzeige, im mittleren Teil die eigentliche Uhr. Angezeigt werden auch die Positionen von Mond, Sonne und Erde und die Zeit des Aufgangs der bedeutendsten Sterne für den Standort Lyon an. Mit Blick auf die Funktion als Uhr kreist die Sonne um die Erde. Die Datums-Anzeige wird bis in das Jahr 2019 korrekt angegeben.

Oberhalb des eigentlichen Uhrwerks befindet sich ein mehrstöckiger Aufbau mit einem Hahnen-Aufsatz. In dem Aufsatz befinden sich auch ein automatisches Spielwerk und ein Schlagglocken-Werk, die beide mehrmals täglich in Aktion treten. Dabei "kräht" der Hahn drei Male, verbunden mit einem Flügelschlag und einer Öffnung des Schnabels. Im Anschluss tritt ein Automatismus in Gang, der die biblische Szene zeigt, in der die Jungfrau Maria vom Erzengel Gabriel die Botschaft des Herrn empfängt.[2]

Kunst

Besonders reich ausgestattet ist die Kathedrale mit zahlreichen Gemälden und Statuen. Bemerkenswert sind insbesondere auch die zahlreichen Fenster und Rosetten.

Orgel

Die große Orgel auf der Westempore wurde 1851 von der Orgelbaufirma Daublaine and Callinet in einem neugotischen Orgelgehäuse erbaut. Bereits kurz nach der Fertigstellung wurde das Instrument mehrfach restauriert, umgebaut und erweitert. Umfassend umgebaut wurde die Orgel schließlich in den Jahren 1935-36 durch die Orgelbaufirma Merklin und Kuhn. Das Instrument hat heute 56 Register auf drei Manualen und Pedal.[3]

I Positif de Dos C–g3
1. Principal 8'
2. Flûte 8'
3. Bourdon 8'
4. Prestant 4'
5. Quinte 22/3'
6. Doublette 2'
7. Tierce 13/5'
8. Larigot 11/3'
9. Plein Jeu III
10. Cromorne 8'
11. Trompette 8'
12. Soprano 4'
II Grand Orgue C–g3
13. Flûte 16'
14. Bourdon 16'
15. Montre 8'
16. Principal 8'
17. Flûte 8'
18. Bourdon 8'
19. Prestant 4'
20. Flûte 4'
21. Doublette 2'
22. Grosse Fourniture
23. Plein Jeu IV
24. Cymbale IV
25. Cornet V
26. Bombarde 16'
27. Trompette 8'
28. Clairon 4'
III Récit C–g3
29. Flûte 8'
30. Cor de nuit 8'
31. Gambe 8'
32. Voix céleste 8'
33. Flûte 4'
34. Nazard 22/3'
35. Quarte 2'
36. Tierce 13/5'
37. Piccolo 1'
38. Cornet V
39. Basson 16'
40. Basson-Hautbois 8'
41. Voix humaine 8'
42. Trompette 8'
43. Clairon 4'
Pédale C–f1
44 . Soubasse 32'
45. Flûte 16'
46. Soubasse 16'
47. Flûte 8'
48. Bourdon 8'
49. Quinte 51/3'
50. Prestant 4'
51. Flûte 4'
52. Fourniture
53. Bomobarde 16'
54. Basson 16'
55. Trompette 8'
56. Clairon 4'

Siehe auch

 Commons: Cathédrale Saint-Jean de Lyon – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Genealogie-Mittelalter.de: Artikel über Margarete von Valois, abgefragt am 12. Dezember 2009
  2. Weitere Informationen zur Astronomischen Uhr auf der Website der Kathedrale
  3. Nähere Informationen zur Orgel
45.7605555555564.8275

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