Konrad Westermayr (Maler)

Konrad Westermayr (Maler)
Selbstbildnis, stehend I, 1912

Konrad Westermayr (* 11. Januar 1883[Anm. 1] in Ramsau bei Berchtesgaden; † 2. August 1917 in Ypern) war ein deutscher Maler des Spätimpressionismus.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Konrad Westermayr wurde nur 34 Jahre alt. Er fiel am 2. August 1917 in Flandern. Seine Heimat ist das Berchtesgadener Land, wo er in Ramsau am 11. Januar 1883 als jüngstes und viertes Kind eines Lehrers geboren wird. Mit 14 Jahren beginnt er eine 4-jährige Lehrzeit in der Glaskunstwerkstatt Karl Ule in München, anschließend besucht er die dortige Kunstgewerbeschule unter Maximilian Dasio und ein Semester die Akademie der Bildenden Künste[1]. In diesen Münchner Jahren freundet sich Westermayr mit dem zwei Jahre jüngeren, ihm sehr wesensverwandten Studienkameraden Anton Kerschbaumer an, der später auch sein Schwager werden wird. Die beiden Einzelgänger verbindet eine tiefe Freundschaft und gegenseitige Anregung zu schöpferischem Schaffen. Als Westermayr 1907 ein Stipendium für die Bruno Paulsche Kunstgewerbeschule in Berlin erhält, folgt ihm Kerschbaumer 1908 in die Reichshauptstadt nach. 1910 verlässt Westermayr die Kunstgewerbeschule und lebt seitdem teils in Berlin, teils in Ramsau. Neben Kerschbaumer sind die Maler Martin Bloch und Otto Freytag seine Freunde.

Im Januar 1914 findet in Berlin die erste Ausstellung mit Bildern Westermayrs im Graphischen Kabinett J. B. Neumann statt. Unmittelbar vor Kriegsausbruch heiratet Westermayr am 28. Juli 1914 die Kaufmannstochter Sofie Fleischmann in München. Am 9. Juni 1915 wird die Tochter Barbara geboren. Im Februar 1915 wird Westermayr eingezogen, zwei Jahre im Garnisondienst verwendet und im Frühjahr 1917 ins Feld geschickt, am 2. August fällt er bei Ypern in Flandern.

Werk und Rezeption

Selbstbildnis mit erhobenem Pinsel, 1913

Das Thema vieler Bilder Westermayrs ist der Mensch im Raum. Mit Vorliebe stellt der Künstler sich selbst oder seine nächste Umgebung dar: Vater und Schwester, seine Frau und deren Familie, die Räume in denen sie leben und seine Heimat Ramsau. Seine Selbstbildnisse als Soldat zählen zu eindringlichen Dokumenten des Ersten Weltkrieges. Er ist ein begabter Zeichner, sein graphisches Werk wird im Künstlerlexikon Thieme-Becker als „[...] bisweilen an Menzel heranreichend“ genannt.[2]

1919 findet in Berlin im Graphischen Kabinett J. B. Neumann die erste große Gedächtnisausstellung statt. Es erscheint in der Reihe „J. B. Neumanns Bilderhefte“ eine Ausstellungsbroschüre mit Werkverzeichnis und 26 Abbildungen. Israel Ber Neumann, der Künstler wie Max Beckmann, Lyonel Feininger, Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Franz Marc, Edvard Munch, Karl Schmidt-Rottluff vertrat[3], erwirbt von Westermayr neben zahlreichen Aquarellen und Zeichnungen das Gemälde „Selbstbildnis mit erhobenem Pinsel“. Der Ausstellung in Berlin schließen sich 1920 Ausstellungen der Kestnergesellschaft Hannover, sowie des Kunstvereins Hamburg an. 1923 wird Westermayr auf der Juryfreien Kunstschau in Berlin gezeigt und 1925 auf der Münchner Neuen Sezession. Die Staatsgalerie München erwirbt das Ölgemälde „Tischrunde“, das Museum Behnhaus in Lübeck das Gemälde „Morgentoilette“. 1929 veranstaltet das Graphisches Kabinett Günther Franke eine weitere Gedächtnisausstellung, die auch im Augsburger Kunstverein vom 10. März bis 3. April 1929 gezeigt wird, dazu erscheint eine Ausstellungsbroschüre. Dem Museum Folkwang wird 1931 von Neumann, unterdessen New York, ein Selbstbildnis, wahrscheinlich das vorgenannte, geschenkt, das Gemälde befindet sich zu diesem Zeitpunkt als Leihgabe in der Ausstellung Junge Kunst aus München in der Gemäldegalerie Bochum.[Anm. 2]

Blaues Waschgeschirr, 1917

In den Jahren nach 1933 fallen auch Westermayrs Bilder der Verfemung anheim, einige gelangen ins Ausland. Die vorgenannten Gemälde Tischrunde und Morgentoilette werden als „Entartete Kunst“ beschlagnahmt und gelten seitdem als verschollen.[4][5]Auch das Selbstbildnis aus dem Museum Folkwang wird am 25. August 1937 enteignet und nach Berlin überstellt, wo es wahrscheinlich zerstört wurde.[Anm. 3][6]

Die Berlinische Galerie erwirbt in den 1980er Jahren die Gemälde „Frau des Künstlers“ und „Selbstbildnis mit Feldmütze“. Ein weiteres Selbstbildnis „rückwärts beleuchtet“ befindet sich als Leihgabe in der Berlinischen Galerie. Grafische Blätter gibt es in den Kunsthallen von Hamburg und Bremen.

Westermayr lässt sich als später Impressionist auch zu den frühen Expressionisten, den beginnenden Experimenten der Umsetzung von Raum in Farbe und Fläche rechnen. Seine Ölgemälde zeigen ihn als souveränen Gestalter des in feinen Valeurs gestuften Farbraums und in dem für ihn typischen kreidigen Duktus. Das farbsatte Stilleben „Blaues Waschgeschirr“ von 1917 steht für den Höhepunkt seiner Malerei kurz vor dem Ende in Flandern. Konrad Westermayr als so früh abgebrochenes Talent der beginnenden Moderne gilt es, in seinen sehr lebendigen Zeichnungen und vor dem Schatz noch vorhandener Gemälde neu zu entdecken.

Galerie

Literatur

Weblinks

 Commons: Konrad Westermayr – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. [1] Matrikeldatenbank der Akademie der Bildenden Künste München (abgerufen am 18. Juni 2009)
  2. Konrad Westermayr. In: Ulrich Thieme, Felix Becker u. a.: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Band 35, E. A. Seemann, Leipzig 1942, S. 450
  3. J. B. Neumanns Bilderhefte Konrad Westermayr 1883-1917, Berlin 1920/21
  4. [2] Tischrunde bei Lost Art, Koordinierungsstelle für Kulturverluste (abgerufen am 29. Mai 2009)
  5. [3] Morgentoilette bei Lost Art, Koordinierungsstelle für Kulturverluste (abgerufen am 29. Mai 2009)
  6. [4] Selbstbildnis in der Datenbank zum Beschlagnahmeinventar der Aktion "Entartete Kunst", Forschungsstelle "Entartete Kunst", FU Berlin (abgerufen am 6. Januar 2011)

Anmerkungen

  1. Einsichtnahme in die Geburtsurkunde im Gemeindebüro Ramsaus am 22. Mai 2009 hat ergeben, daß Konrad Martin Westermayr erst am 11. Januar 1884 geboren wurde. Da jedoch das Jahr 1883 in allen verfügbaren Publikationen als Geburtsjahr angegeben ist, und wahrscheinlich schon zu Lebzeiten Westermayrs anders angegeben wurde, wurde davon Abstand genommen, es hier zu ändern.
  2. Schriftliche Auskunft des Museum Folkwang vom 13. Dezember 2010
  3. Schriftliche Auskunft des Museum Folkwang vom 13. Dezember 2010

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