Seine-Oise-Marne-Kultur

Seine-Oise-Marne-Kultur

Die Seine-Oise-Marne-Kultur (S-O-M Kultur) ist eine nach den drei Flüssen benannte Kultur des Endneolithikums (3100–2000 v. Chr.) und der Kupferzeit in Nordfrankreich und Belgien (Megalithanlagen bei Wéris). Sie teilt mit dne Gruppen Kerugou (Atlantikküste), Vlaardingen (Niederlande), Wartberg, Horgener Kultur, Goldberg III-Gruppe, und Chamer Gruppe die tonnenförmige Keramik. Weitere zeitgenössische Gruppen sind die Remedello-Kultur (Norditalien), die Lüscherzer, die Eyersheimer und die Glockenbecherkultur.

Charakteristisch sind Gräber in natürlichen und künstlichen Höhlen der Champagne und megalithische Bauten (Steinkiste, Galeriegrab) sowie die Aufstellung von Menhiren und Steinreihen.

Inhaltsverzeichnis

Sepulkralkultur

Im oberen Marnegebiet ermöglicht der Kreidefels die Anlage von Felsnekropolen. Etwa 100 Felskammern wurden in Hänge geschnitten. Kurze Gänge führen durch einen ovalen Vorraum in eine oder zwei, annähernd quadratische Kammern mit bis zu 1,70 m hoher, flacher Decke. Sie haben Seitenlängen bis zu etwa vier Metern. Auf den glatten hellen Wänden finden sich Darstellungen, die von den Statuenmenhiren des Südens abstammen. Die Form der oben gerundeten Stele wurde in das Gestein geritzt. Dargestellt sind die Brüste, das Eulengesicht, die Halskette, mehrreihig oder einfach mit einer gelbbraunen Perle in der Mitte. In Courjeonnet ist eine geschäftet Doppelaxt dargestellt. In der Obhut dieser Göttindarstellung, die sich seitlich des Einganges in die Hauptkammer befindet, lagen zahlreiche Skelette. Gräber mit abgetretenen Schwellen müssen lange benutzt worden sein, die Skelette füllten sie oft bis zum Ausgang.

Die ärmlichen Grabbeigaben aus den Marnegrotten lassen sich nicht mit der Geräteindustrie und dem wertvollen Schmuck aus den südfranzösischen Nekropolen vergleichen. Es sind Steinbeile und Dolche, querschneidige Pfeilspitzen mesolithischer Tradition, Perlen aus Muschelschalen, Stein, Horn und Bein und rohe blumentopfförmige Tongefäße. Die schlichte und grobe Keramik ist mit der Horgener Kultur verwandt. Die Darstellungen der Göttin und die Ausführung der Grabkammern zeigen indes eine kraftvolle Kultur.

Gelegentlich auf die Brüste und die Halskette reduziert, erscheint die Gottheit auch auf den Wänden der Allée couvertes im Seinegebiet. Diese langen Anlagen sind in die Erde versenkte Galerien, die durch Türlochsteine zugänglich waren und durch Platten unterteilt wurden.

Trepanation

Die Trepanation war im Pariser Becken stark verbreitet. Kaum eine Allee couverte hatte keinen behandelten Schädel, und unter den Beigaben fanden sich viele Knochenscheiben als Amulette. Noch mysteriöser als die Schädelbohrung sind T-förmige Zeichen, die in eine Anzahl weiblicher Schädel zu Lebzeiten eingetieft wurden. Sie gleichen der in einem Felsgrab an der Marne dargestellten Doppelaxt.

Siehe auch

Literatur

  • E. Vogt: Horgener Kultur, Seine-Oise-Marne-Kultur und nordische Steinkisten In: Anzeiger für schweizerische Altertumskunde (ASA) 40, 1938, S. 1–14
  • S. von Reden: Die Megalith-Kulturen. Zeugnisse einer verschollenen Urreligion. DuMont, Köln 1982, ISBN 3-7701-1055-2
  • J. Müller: Die Jungsteinzeit, in Schnurbein, S.v., Atlas der Vorgeschichte, Theiß 2009.

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