Siedlung Rosdorf „Mühlengrund“

Siedlung Rosdorf „Mühlengrund“

Die neolithische Siedlung Rosdorf „Mühlengrund“ bei Göttingen in Niedersachsen wurde in den 1960/70er Jahren ausgegraben.

Auf einer Fläche von etwa 250 × 500 m konnten die Grundrisse von über 50 Häusern der älteren und jüngeren Linienbandkeramik (5600-5000 v. Chr.) analysiert werden. Wie in anderen bandkeramischen Siedlungen waren auch in Rosdorf die oberflächennahen Horizonte wegen der Erosion der Lößböden nicht erhalten. Die tiefer liegenden Partien der Pfosten zeichneten sich indes deutlich ab. Obwohl die Rekonstruktion der aufgehenden Hausteile erschwert wurde, ließen die Befunde doch auf ebenerdige, rechteckige Pfostenhäuser schließen, deren Dächer durch Dreiständerreihen getragen wurden. Neben kleineren Bauten, ab etwa vier Meter Länge, fallen die massiven nordwest-südöstlich orientierten Bauten mit bis zu 35 m Länge und etwa 7 m Breite auf. Man schätzt die Besiedlungsdauer in Rosdorf auf etwa 700 Jahre. Es wird angenommen, dass zeitgleich jedoch nicht mehr als drei oder vier Häuser bestanden.

Kumpf der Bandkeramiker

Zwischen den Hausgrundrissen liegen Gruben. Die ältere Forschung war davon ausgegangen, dass dies die Überreste eingetiefter Kurvenkomplexbauten seien. Heute hält man sie für Gruben, die bei der Entnahme von Lehm für den Wandputz der Häuser entstanden. Eventuell hatten sie auch eine Bedeutung als Drainage. Im Laufe der Zeit wurden sie mit Substanzen verfüllt, die die Archäologen für Abfall halten. Durch diese Funde ist eine zeitliche und kulturelle Einordnung der Siedlung möglich.

Keramischer Nachlass bildet den Großteil des Fundmaterials. Manche Bruchstücke lassen sich zu Schalen, flachen Gefäßen, Kümpfen und großen Vorratsgefäßen ergänzen. Verzierungen kommen eingeritzt, eingestochen und modelliert vor. Bänder aus Ritzlinien bilden das Motiv, das der Linienbandkeramik ihren Namen gab.

Im Vergleich zu anderen bandkeramischen Siedlungsplätzen wurden in Rosdorf wenige Steingeräte geborgen. Unter diesen fallen geschliffene Flachhacken und sogenannte Schuhleistenkeile aus Felsgestein auf. Feuerstein, der hier weit hergeholt werden musste, wurde vor allem zu Klingen verarbeitet. Ein Teil davon dürfte, wie Gebrauchsspuren anzeigen, so genannter Sichelglanz, zu Sicheln zusammengesetzt gewesen sein. Die zahlreichen Mahlsteine dienten zum Mahlen des Getreides. Die paläo-ethnobotanische Auswertung von Bodenproben ergab Aufschluss über angebaute Pflanzen:

Als Wildfrucht wurde die Haselnuss gesammelt.

Funde von Tierknochen belegen den Haustierbestand. Besondere Bedeutung kam dem Rind zu, das sich durch für die Vorzeit erhebliche Größe auszeichnet. Daneben sind das Hausschwein und die am Skelettmaterial nicht unterscheidbaren Schafe/Ziegen vertreten. Der Jagd auf Wildtiere kam eine untergeordnete Rolle zu.

Spinnwirtel aus Ton bezeugen die Textilherstellung. Einige Schleifsteine, wenige Artefakte aus Knochen und Geweih und unbearbeitete Steine, die zum Teil mehr als 10 km entfernt zu finden sind, ergänzen des Fundmaterial.

Literatur

  • Jan Graefe: Bandkeramische und späthallstattzeitliche Mahlsteine aus der Siedlung Rosdorf „Mühlengrund“, Ldkr. Göttingen. In: F. Verse, B. Knoche, J. Graefe, M. Hohlbein, K. Schierhold, C. Siemann, M. Uckelmann, G. Woltermann (Hrsg.), Durch die Zeiten... Festschrift für Albrecht Jockenhövel zum 65. Geburtstag. Internationale Archäologie – Studia honoraria 28. Rahden/Westfalen 2008, S. 15-28.
  • Wiebke Kirleis, Ulrich Willerding: Die Pflanzenreste aus der linienbandkeramischen Siedlung von Rosdorf-Mühlengrund, Ldkr. Göttingen, im südöstlichen Niedersachsen. Prähistorische Zeitschrift 83, 2008, S. 133-178.
  • Brigitte Schlüter: Die bandkeramische Siedlung auf dem Mühlengrund in Rosdorf, Ldkr. Göttingen. In: G. Wegner (Red.), Frühe Bauernkulturen in Niedersachsen. Linienbandkeramik, Stichbandkeramik, Rössener Kultur. Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland Beiheft 1. Oldenburg 1983, S. 45-90.

Weblinks

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