Christiansborg

Christiansborg
Ehrenhof von Schloss Christiansborg, 2005

Schloss Christiansborg [kʀesdjansˈbɔːʔʀ] (dänisch Christiansborg Slot) beherbergt die drei Staatsgewalten des Königreichs Dänemark. Es ist weltweit das einzige Regierungsgebäude, das Exekutive, Legislative und Judikative unter einem Dach vereint. Außer den Räumen des Parlaments Folketing befinden sich das Oberste Gericht, ein Dienstsitz des Ministerpräsidenten sowie Königliche Repräsentationsräume im Schloss. Der heutige Bau wurde 1906-1937 errichtet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Um 1167 errichtete Erzbischof Absalon, der als Gründer Kopenhagens gilt, eine Burg auf der heutigen Schlossinsel. Die Burg gelangte unter Waldemar dem Großen in den Besitz der dänischen Krone. Die Befestigungsanlage war mehrfach Angriffen unter anderem der Rügener Wenden ausgesetzt. Die mehrfach erweiterte Anlage wurde im 14. Jahrhundert nach der Niederlage König Waldemars IV. Atterdag im zweiten Krieg gegen die Hanse von seinen Gegnern geschleift. Auf den Grundmauern entstand später das Kopenhagener Schloss (Københavns slot), eine polygonale Burganlage mit Wassergraben, die zur königlichen Residenz ausgebaut wurde.

Das erste Schloss Christiansborg von Elias David Häusser

1736 ließ König Christian VI. das erste Schloss Christiansborg als absolutistischen Repräsentationsbau durch den deutschen Architekten Elias David Häusser errichten. Es entstand ein vierflügeliger Rokoko-Palast mit Reitbahn, Hoftheater (die heute noch existieren) und Schlosskirche. Die enormen Baukosten betrugen annähernd zwei Drittel der Jahreseinnahmen des Königreiches. Während eines halben Jahrhunderts entfaltete sich ein prächtiges Hofleben im Schloss.

Am 26. Februar 1794 nachmittags brach vermutlich durch einen Kachelofen ein Brand im Hauptflügel aus, bei dem das Schloss mitsamt der Schlosskirche und der königlichen Musikbibliothek bis in die frühen Morgenstunden des Folgetages ausbrannte. Die Stallungen, von der aus die Brandbekämpfung mit einer Feuerspritze erfolgte, überstand die Katastrophe.

Das erste Schloss brannte 1794 nieder. Hier das zweite 1884.

Das zweite Schloss Christiansborg wurde in den Jahren 1806–28 im Stil des Klassizismus von dem Architekten Christian Frederik Hansen (1756–1845) – einem Freund Schinkels – errichtet. Dieses Schloss bildete die Kulisse für den Übergang des Landes vom Absolutismus zum Parlamentarismus. Im März 1848 versammelte sich eine Volksmenge vor Christianborg und forderte eine demokratische Verfassung. Der König gab einige seiner Gemächer an den Reichstag ab, der seine Arbeit im Januar 1850 im selben Flügel aufnahm, in dem heute der Saal des Folketings liegt. Das Zweite Christiansborg brannte am 3. Oktober 1884, wiederum wahrscheinlich wegen eines Ofenbrandes. Zwar war das Gebäude im Unterschied zum Vorgängerbau mit Brandschutzwänden, Hydranten und anderen Vorrichtungen versehen, doch das Gewirr der Abluftrohre und -schächte, durch das sich die Flammen ausbreiteten, war den Löschkräften kaum vertraut. Nur die 1846 vollendete klassizistische Schlosskirche überstand das Feuer.

Der Wiederaufbau des Schlosses wurde lange und kontrovers debattiert. Sinn und Zweck eines Schlosses wurden unter den veränderten politischen Gegebenheiten von vielen in Zweifel gezogen. Aus einem Architekturwettbewerb ging schließlich Thorvald Jørgensen als Sieger hervor. Sein ursprünglicher Entwurf wurde vielen Veränderungen unterworfen. Das heute sichtbare Resultat hat nie eine nennenswerte Popularität erringen können. Neobarocke Formensprache und unglückliche Materialwahl werden bis heute kritisiert.

Die Hauptbauphase erstreckte sich von 1907 bis 1928, letzte Arbeiten konnten erst 1937 abgeschlossen werden. 1918 nahm das dänische Parlament (Folketing) seinen Sitz im Schloss, 1919 folgte der Oberste Gerichtshof, und 1928 wurden die königlichen Repräsentationsräume ihrer Bestimmung übergeben.

1992 verwüstete ein neuerlicher schwerer Brand die Schlosskirche. Sie konnte erst 1997 nach umfangreichen Restaurierungsarbeiten wieder eröffnet werden.

Das Bauwerk

Übersicht über Schloss und Nebengebäude
1: Schloss; 2: Königsportal; 3: Schlossplatz; 4: Ehrenhof; 5: Eingang zum Folketing; 6: Reichstagshof; 7: Hoftheater/Theatermuseum; 8: Stallungen und Kutschenmuseum; 9: Marmorbrücke; 10: Reitbahn; 11: Reithalle; 12: Thorvaldsen-Museum; 13: Eingang zum Obersten Gericht; 14: Königinportal, Eingang zu den Königlichen Repräsentationsräumen; 15: Schlosskirche; 16: Prinz-Jørgen-Hof

Das dreiflügelige Hauptgebäude wird von drei Portalen erschlossen. Das Königinportal am Nordflügel führt zu den königlichen Repräsentationsräumen, während das Portal am Südflügel den Eingang zum Folketing bildet. Das Königsportal am Schlossplatz wirkt zwar wie ein Haupteingang, tatsächlich gelangt man hier nur zu der unterirdischen Ausstellung der mittelalterlichen Grundmauern.

Der Schlossturm misst 106 Meter und überragt den Turm des Kopenhagener Rathauses um einen halben Meter. Er wurde in Skelettbauweise errichtet und ist einer der ältesten Stahlbetonbauten des Landes.

Die Sandsteinfassaden des Prinz-Jørgen-Hofs stammen vom klassizistischen Vorgängerbau des Schlosses. Für Souterrain und Erdgeschoss wurden ansonsten Feldsteine verwendet, die aus über 700 dänischen Kirchspielen zusammengetragen wurden.[1] Die nur grob behauenen Steine verleihen dem Gebäude einen geradezu burgartigen Charakter, bieten aber bei genauerer Betrachtung ein faszinierendes Farbenspiel. Die anderen Fassadenteile sind mit Granit verkleidet. Granit ist weitgehend unempfindlich gegen Wettereinflüsse, eignet sich aber kaum für feinere Dekore. Die meisten Ornamente fertigte der Bildhauer Anders Bundgaard. Über den Fenstern des Erdgeschosses befinden sich Granitmasken bedeutender Männer der dänischen Geschichte wie Absalon, Tycho Brahe, N.F.S. Grundtvig, Blicher, Tietgen und Enrico Dalgas. Die Väter des dänischen Grundgesetzes sind um den Eingang zum Parlament versammelt. Über diesem Eingang tragen vier Atlanten scheinbar die Last des darüber befindlichen Balkons. Ihre schmerzverzerrten Gesichter sorgten bei der Enthüllung für Spott und Verärgerung. Es wurden Spenden gesammelt, um sie abschlagen zu lassen. Aber sie leiden bis heute, und der Volksmund ersetzte den ursprünglichen Titel der Figurengruppe ("Die tägliche Mühe") durch Bezeichnungen wie "Schreckenspforte" oder "Kopf-, Ohren-, Zahn- und Magenschmerzen".[2]

Einzelnachweise

  1. Thorsen, S. 46
  2. Lund, S. 173

Literatur

  • Kristian Hvidt: Christiansborg Slot. Udgivet af Folketingets Præsidium. Arnold Busck, Kopenhagen 1975.
  • Hakon Lund: København, før og nu - og aldrig. Bind 1: Slotsholmen. Palle Fogtda, København 1987.
  • Svend Thorsen: Danmarks Folketing. Om dets hus og historie. J.H. Schultz, Kopenhagen 1961.

Weblinks

 Commons: Christiansborg – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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