Wilhelm Ahlmann

Wilhelm Ahlmann

Wilhelm Ahlmann (* 17. April 1895 in Kiel; † 7. September 1944 ebenda) war ein deutscher Bankier.

Sein gleichnamiger Großvater gründete 1852 eine Bank, die nach kurzer Zeit zu den bedeutendsten Privatinstituten in Schleswig-Holstein zählte. Der Sohn des Gründers, Ludwig Ahlmann, und Vater von Wilhelm Ahlmann führte das Bankgeschäft fort. Ludwig Ahlmann schloss sich nach 1918 der DNVP an.

Wilhelm Ahlmann wuchs in einem konservativen Elternhaus auf und besuchte die Kieler Gelehrtenschule, wo er 1913 das Abitur ablegte. Für eine international ausgerichtete Bankausbildung ging er nach England. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs kehrte er nach Deutschland zurück. Als Neunzehnjähriger meldete er sich als Kriegsfreiwilliger und wurde dem Husarenregiment in Schleswig-Holstein zugeordnet. Ahlmann wurde zunächst zum Kriegsdienst in Frankreich und später an der Ostfront in Kurland eingesetzt. Im Mai 1915 wurde er in einem Gefecht schwer verwundet, womit sein Fronteinsatz endete.

Ende 1915 wurde er an die Bahnhofskommandantur in Lille versetzt. 1916 traf ihn beim unsachgemäßen Umgang mit der Waffe ein Schuss am Kopf, was den Verlust des Sehvermögens zur Folge hatte. Sein Leben änderte sich grundlegend. Eine Tätigkeit im Bankgeschäft war unmöglich geworden. Alle schriftlichen Äußerungen musste er diktieren und alle Texte mussten ihm vorgelesen werden. Mit den Menschen fand er die Verbindung bevorzugt über das Gespräch über philosophische, historische und politische Themen. 1918 promovierte er mit einer juristischen Arbeit in Berlin. 1922 wurde er von seinem Vater zum Teilhaber an der Bank gemacht und war so materiell abgesichert.

In Kiel folgte ein zweites Studium. 1923 promovierte er mit einer Arbeit über die Blindenpsychologie. In Kiel schloss er mit dem Philosophen Hans Freyer eine lebenslange Freundschaft. 1924/25 folgte er Freyer nach Leipzig, der dort den neu eingerichteten Lehrstuhl für Soziologie annahm. In Leipzig widmete er sich unter dem Einfluss Freyers politischen und staatsphilosophischen Fragen.

1933 arbeitete Ahlmann als Referent im preußischen Kultusministerium. Ahlmann pflegte Kontakte zu Jens Jessen, Johannes Popitz und Carl Schmitt. Mit Schmitt stimmte Ahlmann in der kritischen Haltung über den Parlamentarismus der Weimarer Republik überein. Nach seiner Auffassung war das demokratisch-parlamentarische System nicht in der Lage, die Jahre der Weltwirtschaftskrise und die Massenarbeitslosigkeit zu bewältigen. Der Neuhegelianismus und Hans Freyers Schrift „Revolution von rechts“ wiesen ihm das neue Weltbild. Diese neue Ansicht führte aber zu einer komplizierten Überschneidung von konservativen und nationalsozialistischen Auffassungen. 1933 und auch später kann er jedoch nicht als Nationalsozialist bezeichnet werden.[1]

Seit 1938/39 verkehrte Ahlmann zunehmend in Widerstandskreisen. Mit dem Ausbruch des Kriegs ging Ahlmann zu einer pessimistischen Lebenshaltung über. Mit Peter Suhrkamp veröffentlichte er unter dem Titel „Die menschlichen Tugenden“ eine Artikelreihe, die anhand von Briefen die Haltung von Menschen zeigte, die sich nach persönlichen Schicksalsschlägen Worte der Freundschaft und des Trostes spendeten und so ihr Leben gestärkt fortführen konnten. Als Suhrkamp 1944 verhaftet wurde, bemühte Ahlmann sich vergeblich, die Unabhängigkeit des Verlages zu erhalten und Suhrkamp aus der Haft zu bekommen.

Ahlmann wurde mehrmals von Claus Schenk Graf von Stauffenberg besucht. Mit ihm führte er Gespräche über die zukünftige politische Ordnung nach Adolf Hitler. Spätestens seit 1942 wusste Ahlmann von den Widerstandsaktivitäten.[2] Nach dem missglückten Attentat vom 20. Juli 1944 auf Hitler beging er aus Angst vor einer Verhaftung Selbstmord.

Über Ahlmann gibt es keinen Nachlass und kaum schriftliche Zeugnisse. Carl Schmitt widmete ihm 1950 seine Schrift "Ex Captivitate Salus", Freyer widmete ihm 1954 seine Weltgeschichte Europas.

Literatur

Weblinks

Anmerkungen

  1. Peter Wulf: Vom Konservativen zum Widerständler. Wilhelm Ahlmann (1895–1944). Eine biografische Skizze. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 59. Jahrgang, Heft 1 (2011), S. 5–26, hier: S. 25.
  2. Peter Wulf: Vom Konservativen zum Widerständler. Wilhelm Ahlmann (1895–1944). Eine biografische Skizze. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 59. Jahrgang, Heft 1 (2011), S. 5–26, hier: S. 23.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Ahlmann — ist der Familienname folgender Personen: Christian Ahlmann (* 1974), deutscher Springreiter Josef Severin Ahlmann (1924–2006), deutscher Unternehmer und Erfinder Käte Ahlmann (1890–1963), deutsche Unternehmerin Michael Halhuber Ahlmann (* 1947),… …   Deutsch Wikipedia

  • Adolf Brütt — in Weimar 1909 vor seinem für Berlin bestimmten Mommsen. Adolf Brütt (* 10. Mai 1855 in Husum; † 6. November 1939 in Bad Berka) war ein deutscher Bildhauer. Brütt war der Gründer der Weimarer Bildhauerschule und Gießerei, die am 1. November 1905… …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Peter Drömmer — (* 16. Januar 1889 in Kiel; † 22. Januar 1968 in Gräfelfing) war ein deutscher expressionistischer Maler und Werbe Grafiker. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Ausstellungen 3 …   Deutsch Wikipedia

  • Historische Landeshalle für Schleswig-Holstein — Historische Landeshalle Gründung 1897 Ort Sartori Berger Speicher, Wall 47/51, 24103 Kiel Der Verein Historische Landeshalle für Schleswig Holstein e.V. widmet sich der Kultur und Landesgeschichte Schleswig Holsteins in Bildzeugnisse …   Deutsch Wikipedia

  • Шефер, Карл Антон — Карл Антон Шефер Carl Anton Schaefer Дата рождения: 19 июня 1890(1890 06 19) Место рождения: Цвайбрюкен, Пфальц, Германская империя Дата сме …   Википедия

  • Liste der Biografien/Ah — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Erfinder — Dies ist eine Liste von Erfindern, die die Welt mit ihren Erfindungen bereichert haben. Ein Erfinder ist jemand, der ein Problem erkannt hat, es gelöst und mindestens einmal damit Erfolg gehabt hat. Er muss nicht der erste gewesen sein; eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsches Spring- und Dressurderby — Der Derby Platz in Klein Flottbek 2005 Das Deutsche Spring und Dressurderby (Eigenschreibweise: Deutsches Spring und Dressur Derby) ist ein internationales Pferdesport Turnier in Hamburg mit Wettbewerben im Springreiten und im Dressurreiten. Das… …   Deutsch Wikipedia

  • 23. Jänner — Der 23. Januar (in Österreich und Südtirol: 23. Jänner) ist der 23. Tag des Gregorianischen Kalenders, somit verbleiben 342 Tage (in Schaltjahren 343 Tage) bis zum Jahresende. Historische Jahrestage Dezember · Januar · Februar 1 …   Deutsch Wikipedia

  • Rendsborg — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”