Daladier

Daladier

Édouard Daladier (* 18. Juni 1884 in Carpentras; † 10. Oktober 1970 in Paris) war ein französischer Politiker und mehrfach Premierminister.

Daladier war Mitglied des Parti Radical Socialiste und ab 1919 Abgeordneter für das südfranzösische Département Vaucluse. Davor hatte er als Gymnasiallehrer Geschichte unterrichtet. Bei den Radikalsozialisten gehörte Daladier dem linken Flügel an. Sein politischer Förderer war Édouard Herriot. Zwischen 1927 und 1932 war er Vorsitzender seiner Partei und dabei maßgeblich am Bruch mit der Sozialistischen Partei SFIO 1926 und dem konservativen Ministerpräsidenten Raymond Poincaré im November 1928 verantwortlich.

Seit 1924 war er Minister in verschiedenen Ressorts, meist Kriegsminister, und in den dreißiger Jahren mehrfach Ministerpräsident einer Mitte-Links-Koalition (Januar bis Oktober 1933, neun Tage im Januar und Februar 1934, April 1938 bis März 1940). Während der Volksfrontregierung unter dem Sozialisten Léon Blum war er Kriegsminister. Daladiers Regierungen waren häufig von der Duldung oder Unterstützung wechselnder politischer Lager abhängig, wobei er auch selbst einige Male den Kurs wechseln musste.

1938 übernahm er die britische Appeasement-Politik und hatte zusammen mit Arthur Neville Chamberlain erheblichen Anteil am Zustandekommen des Münchner Abkommens, das im Verlauf der Sudetenkrise die Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an das Deutsche Reich zur Folge hatte. Nach der Sudetenkrise trieb er die lange vernachlässigte Aufrüstung Frankreichs voran. Am 3. September 1939, nach Hitlers Überfall auf Polen am 1. September 1939 erklärte Daladier gemäß den französischen Beistandsverpflichtungen gegenüber Polen dem Dritten Reich den Krieg, den er eigentlich vermeiden wollte. Im März 1940 trat Daladier als Ministerpräsident zurück, weil er dem demokratischen Finnland während des Winterkrieges gegen die Sowjetunion die in der Öffentlichkeit geforderte Hilfe versagt hatte. Paul Reynaud wurde sein Nachfolger. Daladier selbst wurde Kriegsminister und in den letzten Tagen vor der Niederlage gegen Deutschland Außenminister. Nach dem Blitzkrieg der deutschen Wehrmacht gegen Frankreich floh Daladier nach Marokko, wurde jedoch gefangengenommen und vom Vichy-Regime im Herbst 1941 gemeinsam mit Léon Blum im Prozess von Riom wegen Verrats angeklagt. Der Prozess wurde von der französischen Justiz verschleppt und 1943 auf deutsche Anweisung eingestellt.

Chamberlain, Daladier, Hitler, Mussolini, und der italienische Außenminister Graf Galeazzo Ciano (von links) während der Münchener Verhandlungen. Im Hintergrund von Ribbentrop und von Weizsäcker

1943 wurde Daladier zusammen mit dem früheren Staatspräsidenten Albert Lebrun von der Besatzungsmacht nach Deutschland deportiert und dort interniert. 1945 von US-Truppen befreit, wurde er von 1946 bis 1958 erneut zum Abgeordneten gewählt und war als starke Gestalt der Radikalen Partei während der Vierten Republik einer von de Gaulles Gegenspielern. Ab 1956 war er Fraktionsvorsitzender seiner Partei in der Nationalversammlung. 1958 widersetzte er sich im Parlament der Mehrheitsentscheidung, dem von Staatspräsident René Coty an die Spitze der Regierung berufenen General Charles de Gaulle die Ermächtigung zu erteilen, eine neue Verfassung auszuarbeiten. Daladier war Ehrenvorsitzender seiner Partei, die sich in der Fünften Republik in zwei Flügel spaltete, von denen der linke als MRG (Mouvement des Radicaux de Gauche) ein Bündnis mit den Sozialisten Parti socialiste français einging. Von 1953 bis 1958 war er Bürgermeister von Avignon.

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