Das süße Jenseits

Das süße Jenseits
Filmdaten
Deutscher Titel Das süße Jenseits
Originaltitel The Sweet Hereafter
Produktionsland Kanada
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1997
Länge ca. 107 Minuten
Altersfreigabe FSK 12
Stab
Regie Atom Egoyan
Drehbuch Atom Egoyan
Produktion Atom Egoyan
Camelia Frieberg
Musik Mychael Danna
Jane Siberry
Kamera Paul Sarossy
Schnitt Susan Shipton
Besetzung

Das süße Jenseits (The Sweet Hereafter) ist ein zweifach Oscar-nominiertes Filmdrama des kanadischen Regisseurs Atom Egoyan aus dem Jahr 1997. Es basiert auf dem gleichnamigen Roman von Russell Banks. Das Drama variiert das Grundmotiv der Sage des Rattenfängers von Hameln: die Kinder eines Ortes sterben im Gefolge einer Leitfigur, in diesem Falle bei einer Busfahrerin.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

In der kanadischen Gemeinde Sam Dent kommt eines Tages der Schulbus von der Straße ab, fährt auf einen zugefrorenen See, bricht ein und versinkt. Nur die Fahrerin Dolores und die älteste Schülerin Nicole Burnell überleben. Mit einem Schlag hat die Gemeinde fast alle ihre Kinder verloren. Der Familienvater Billy Ansel, der es sich zur Gewohnheit gemacht hatte, täglich eine Weile hinter dem Bus herzufahren und dabei seinen eigenen Kindern auf der Rückbank des Busses zuzuwinken, wird ein hilfloser Zeuge dieser Trägodie.

Die trauernden Hinterbliebenen erhalten Besuch von einem energisch wie vordergründig einfühlsam auftretenden Anwalt. Mitchell Stephens hat es sich zur Aufgabe gemacht, ihrem Schmerz und „Zorn eine Richtung zu geben“. Er möchte sie vertreten und schützen „vor einer Batterie von Anwälten“ auf der Gegenseite, die nur darauf aus seien, die Schmerzensgeldzahlungen an die Eltern herabzumindern. Zögerlich gehen nur einige der verbitterten Eltern auf die beharrlichen Überzeugungsversuche des Anwalts ein. Schnell wird durch Telefongespräche des Anwalts mit seiner Tochter Zoe klar, dass er selbst schon lange seine drogensüchtige Tochter verloren hat und mit seiner eigenen Wut und Ohnmacht kämpft. Während einer Flugreise erzählt er einer Bekannten von seinem zermürbenden Kampf, seine Tochter zurückzugewinnen, doch am Ende war alle Mühe umsonst.

Billy Ansel möchte seinen Schmerz und Kummer nicht in einer langwierigen Gerichtsverhandlung vertiefen und boykottiert daher Stephens Arbeit. Er kann auch Nicole überzeugen, die daraufhin mit einer Falschaussage eine erfolgreiche Klage unmöglich macht. Die Einwohner der Gemeinde ziehen es vor, ihre Trauer gemeinsam zu bewältigen und sich wie bisher gegenseitig zu helfen.

Hintergrund

Der Film besticht durch wunderbare Landschaftsaufnahmen (teilweise mit Helikopter) schneebedeckter Berge, lange ruhige Einstellungen und eine behutsame, poetisch-musikalische Untermalung. Die Erzählerstimme von Nicole durchzieht den Fortgang des Films wie ein roter Faden mit der Sage vom Rattenfänger von Hameln. Die Kamera nimmt dabei close ups von den Illustrationen Kate Greenaways in einem alten Bilderbuch, während Nicole dieses den Kindern von Billy Ansel als Gutenachtgeschichte vorliest. Eine weitere Bedeutungsebene des Films behandelt die unausgesprochene Frage, wie ein funktionierendes und harmonisches Zusammenleben möglich ist und wie rasch es zusammenbrechen kann. Unter anderem wird dies deutlich am Kontrast zu den örtlichen „Hippie“-Eltern, den Ottos, die sich besonders liebevoll um ihren Sohn kümmerten. Hier nehmen Hippies einmal keine Außenseiterrolle in einem Gemeinwesen ein, denn sie werden von ihren Nachbarn geachtet, auch wenn sie keine Kirchgänger sind. Der Filmtitel spielt auf das an, was die Kinder von Hameln an Wunderbarem im Berg sehen durften.

Das Lied „Courage“ von The Tragically Hip wird sowohl von diesen als auch von der Darstellerin Sarah Polley gesungen. [1]

Aufgenommen wurde der Film in den Ortschaften Merritt und Spences Bridge in British Columbia, in Stouffville, Ontario sowie Toronto[1]

Kritiken

  • Die Zeitschrift Cinema bezeichnete den Film als „schmerzhaftes Drama, bitter wie heilsam“ und als „Meisterwerk“.[2]
  • Dirk Jasper FilmLexikon: „‚Das süße Jenseits‘ ist ein bewegender Film über Verlust und Trauer und die Verantwortung, die wir alle für das Schicksal unserer Kinder tragen.“[3]
  • Lexikon des internationalen Films: „Ein intensiver, eindringlicher Film über Verlust und Leid, der als Lehrbuch in Sachen überlebenswichtiger Trauerarbeit verstanden werden kann. Trotz des bewegenden Themas hält die sehr artifizielle Machart den Zuschauer zugleich auf eine gewisse Distanz und ermöglicht ihm so eine weitgehend emotionsfreie Auseinandersetzung mit existentiellen Sinnfragen. (Kinotipp der katholischen Filmkritik)“[4]
  • Andreas Kilb in Die Zeit: „Der Film verbindet die Träume und die Tragödien des Lebens miteinander […] Trotz seiner vielen Vor- und Rückblenden, seiner wilden Wechsel zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Erzählung hat ‚Das süße Jenseits‘ nichts Verwirrendes. Der Film ist ganz klar, weil er sich ganz seinen Figuren hingibt.[5]
  • James Berardinelli: „Film kann kraftvoller nicht sein: Ein Drama, das die Seele erschüttert, und doch ganz frei von jeder Spur der Manipulation, Sentimentalität oder Süßlichkeit.“ [6]

2003 erstellte die Bundeszentrale für politische Bildung in Zusammenarbeit mit zahlreichen Filmschaffenden einen Filmkanon für die Arbeit an Schulen und nahm diesen Film in ihre Liste mit auf.

Auszeichnungen

Das süße Jenseits erhielt unter anderem folgende Auszeichnungen:

DVD-Veröffentlichung

  • Das süße Jenseits. Kinowelt Home Entertainment 2007

Literatur

  • Russell Banks: Das süße Jenseits. Der Roman zum preisgekrönten Film von Atom Egoyan. (Originaltitel: The Sweet Hereafter). Deutsch von Kerstin Gleba. Goldmann, München 1998, ISBN 3-442-44083-1, 287 S.
  • Russell Banks: The Sweet Hereafter. HarperCollins, New York 1991, ISBN 0-06-016703-3
  • Eberhard Ostermann: ‚The Sweet Hereafter‘ oder das Leben nach dem Trauma. In: E. O.: Die Filmerzählung. Acht exemplarische Analysen. Fink, München 2007, S. 79–94, ISBN 978-3-7705-4562-9

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b IMDb
  2. Zeitschrift Cinema
  3. Dirk Jasper FilmLexikon
  4. Lexikon des internationalen Films
  5. Andreas Kilb: Familienbilder. In: Die Zeit, Nr. 11/1998, S. 43
  6. James Berardinelli



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