Deutsch-Türken

Deutsch-Türken
Deutsch-türkische Flagge in Berlin-Neukölln während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006

Deutsch-Türken oder Deutschtürken ist ein umgangssprachlicher Begriff für deutsche Staatsbürger, die oder deren Vorfahren ihren Wohnsitz in der Türkei hatten. Oft sind allerdings mit dem Begriff Deutsch-Türken alle ethnischen Türken gemeint, die in Deutschland leben, und zwar unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Der Einbezug von Kurden und anderen Angehörigen nicht-türkischer Ethnien, die aus der Türkei zugewandert sind, in den Begriff Deutsch-Türken erfolgt entweder in Unkenntnis der ethnischen Identität der betreffenden (ehemaligen) türkischen Staatsbürger oder dann, wenn der Wortbestandteil „-türke“ allein auf die (ehemalige) Staatsangehörigkeit bezogen wird, wie etwa in einer Umfrage der Wochenzeitung „Die Zeit“ unter Deutschtürken.[1]

Inhaltsverzeichnis

Definition

Der Begriff bezieht sich, so der Ansatz schon in frühen Verwendungen, normalerweise nicht auf eine (Doppel-)Staatsangehörigkeit oder einer doppelten ethnischen Zugehörigkeit (ein deutscher und ein türkischer Elternteil) sondern soll vielmehr die Tatsache widerspiegeln, dass Deutschland für die meisten dort lebenden Türkeistämmigen zum Lebensmittelpunkt geworden ist.[2]

Begriffskritik

Vergleicht man den Begriff mit analogen wie Deutsch- oder Anglo-Amerikaner, fällt auf, dass „Deutschtürke“ den Regeln folgend eigentlich einen türkischen Staatsbürger, der ursprünglich aus Deutschland kommt, bezeichnen müsste. Der Begriff wird daher von Sozialwissenschaftlern auch als zum Teil desintegrativ bewertet, da die Wortbildungsregeln der deutschen Sprache besagen, dass bei Zusammensetzungen von Wörtern das am Ende stehende Wort die wesentliche Bedeutung trägt und damit Deutschtürken selbst nach Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit in der öffentlichen Wahrnehmung weiterhin in erster Linie als Türken wahrgenommen würden. Rund ein Drittel der 2007 in Deutschland lebenden Deutschtürken haben nie in der Türkei gelebt, eine große Anzahl weiterer sind bereits als Kinder eingewandert. Andere wiederum sind erst in der letzten Zeit aus der Türkei nach Deutschland gekommen.

Diplom-Pädagoge und Sachbuchrezensent Dr. Yalcin Yildiz sieht den Begriff ebenfalls als „per se problematisch“ an und weist darauf hin, dass sich an seiner vielfachen Nichthinterfragung Grenzen interkultureller Forschung aufzeigen.[3] Caroline Fetscher vom Tagesspiegel sieht den Begriff auch in erster Linie durch die deutsche Gesellschaft geprägt.[4] In vielen Fällen können dahinter auch politische Wertungen oder Absichten stehen.

Deutsch-türkische Flagge

Schwarz-Rot-Gold mit Halbmond

Die deutsch-türkische Flagge (teilweise DeuTürk-Fahne genannt)[5] ist eine deutsche Trikolore in Schwarz-Rot-Gold mit den türkischen Symbolen Halbmond und Stern.

Die Flagge hat keinen offiziellen Status, wird aber immer wieder als Symbol für türkische Einwanderer und ihre Nachkommen in Deutschland verwendet,[6] um deren Verbundenheit sowohl mit ihren türkischen Wurzeln, als auch mit ihrer neuen Heimat Deutschland darzustellen.[7]

Die Erfindung der Flagge reklamieren Fevzi Ömer Han[7] und Behcet Algan aus Hamburg[5] für sich. Algan übergab sein Exemplar dem Hamburger Museum für Völkerkunde, wo sie 2006 in der Ausstellung Faszination Fußball gezeigt wurde.[8] Han erklärte: „Für mich und viele andere Türken ist Deutschland die zweite Heimat. Da die Türkei bei der WM nicht dabei ist, halten wir zu den Deutschen.“ Tatsächlich tauchte die Flagge vermehrt in verschiedenen deutschen Städten, wie München und Berlin, während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 auf[9] und auch zwei Jahre später zeigten viele Fans sie bei der Fußball-Europameisterschaft 2008, als die Türkei und Deutschland aufeinandertrafen.[10][11] Hier wurde mit der Vereinigung deutscher und türkischer Symbole für ein friedliches Fußballspiel geworben. Verschiedene Medien, wie zum Beispiel die TAZ nahmen dieses auf,[12] verwenden sie aber auch unabhängig vom Fußball für deutsch-türkische Themen[13] und dies bereits vor 2006. So wurde die Flagge bereits 1997 auf einem Cover einer Publikation der Zeit benutzt.[14] Das Sonderheft des Zeitmagazins Türken in Deutschland (Nr. 51/97) erhielt vom Art Directors Club eine Auszeichnung in der Kategorie „Zeitschriftengestaltung“.[15]

Varianten

Da es keine festgelegten Vorgaben für die Flagge gibt, existieren verschiedene Varianten der Flagge. So können Halbmond und Stern auch goldfarben sein[6] oder auf einer roten Scheibe im Zentrum der Trikolore ruhen.[16] Eine weitere Form führt einen verbreiterten roten Streifen mit Halbmond und Stern.[17]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wie integriert sind die Deutschtürken?. Die zeit. Ausgabe 11/2008
  2. Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen (Hrsg.): Daten und Fakten zur Ausländersituation. 19. Aufl., Berlin im Oktober 2000.
  3. http://www.socialnet.de/rezensionen/3148.php
  4. http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Fragen-des-Tages;art693,2478292
  5. a b Buelten, 2006, Deutürk-Fahne
  6. a b Titelbild SPIEGEL special 2/2008, Allah im Abendland
  7. a b Bild.de: „Wir sind DeuTürken – Sie feiern Schwarz-Rot-Geil mit Halbmond“
  8. Hamburger Abendblatt: Sie symbolisiert Verbundenheit: Die „Deutürk-Fahne“ vom 14. November 2006.
  9. Die Welt: Deutsche Türken brauchen einen Barack Obama vom 5. September 2008
  10. Freie Presse: Foto aus Berlin-Wedding zur Europameisterschaft 2008
  11. Deutschland – Türkei in Basel vom 25. Juni 2008.
  12. Titelseite der Tageszeitung 2008
  13. Freenet
  14. Die Zeit: Zeit-Punkte, 02/99, Türken in Deutschland (siehe unten)
  15. Zeit online, 13/1998, Ausgezeichnet
  16. Focus
  17. Tagesspiegel, 25. Juni 2008

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