Doppelte Lottchen

Doppelte Lottchen

Das doppelte Lottchen ist ein Roman von Erich Kästner, der 1949 in Deutschland erschien, aber schon in der Zeit des Nationalsozialismus als Filmtreatment entstanden war. 1942 hatte Kästner, als er wieder vorübergehend als Drehbuchautor arbeiten durfte, den Stoff dem Regisseur Josef von Baky vorgeschlagen. Als Kästner kurz darauf wieder Schreibverbot erhielt, mussten beide das Filmprojekt fallen lassen. Nach Kriegsende 1945 arbeitete Kästner die Geschichte dann zunächst zu einem Roman aus.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Zwei neunjährige Mädchen, die freche Luise Palfy aus Wien und die höfliche, bescheidene Lotte Körner aus München, treffen in einem Ferienheim im fiktiven Ort Seebühl am Bühlsee in den bayerischen Alpen aufeinander. Es stellt sich heraus, dass die beiden Zwillinge sind und durch die Trennung ihrer Eltern auseinander gerissen worden waren. Luises Vater ist Komponist in Wien, und Lottes Mutter, die wieder ihren alten Familiennamen angenommen hat, arbeitet in München. Am Ende der Ferien vertauschen die Zwillinge ihre Rollen, was wegen der unterschiedlichen Fähigkeiten und Charaktereigenschaften zu einiger Verwirrung bei ihren nichts ahnenden Eltern führt. Als der Vater eine neue Beziehung beginnt, wird Lotte vor Kummer krank; die Mutter erfährt durch einen Zufall von der Begegnung der Schwestern und schließlich auch von der Krankheit. Mutter und Luise fahren nach Wien, wo die Familie wieder zusammenfindet.

Bewertung

Der Inhalt des Romans war für damalige Verhältnisse ziemlich radikal: Erich Kästner war der erste Autor der Nachkriegszeit, der sich an das Thema Scheidung in einem Kinderbuch wagte. Dies war auch der Grund, weswegen das Buch heftig diskutiert wurde. Das doppelte Lottchen wurde durch die Verfilmung ein großer Erfolg und erhielt als erster Film den Bundesfilmpreis.

Aus dem Kanon der Kinderbücher von Erich Kästner sticht dieses Werk aufgrund der für ihn ungewöhnlichen Figuren hervor: Es kommt nicht nur eine moderne, zeitgemäße Mutterfigur vor, die allein erziehend und berufstätig ist, sondern auch die Rolle des kindlichen Vorbildes ist nicht von einem Jungen besetzt, was sonst bei Erich Kästner üblich ist: Lotte, einer der Zwillinge, zeigt die Tugenden, die üblicherweise Kästners „Musterknaben“ aufweisen: Mut, Ehrlichkeit und Wohltätigkeit. Auch der Vater ist mit den „Schattenseiten“ seines Wesens eine interessante Figur: Ihm wird die wesentliche Schuld am – vorläufigen – Scheitern der Ehe gegeben.

Ein weiterer Unterschied zu seinen anderen 'Kinderromanen' ist der Entwicklungsgedanke, den Kästner hier sehr prononciert verfolgt:

  • Das Kind hatte sich verändert. Und nun begann sich also auch die junge Frau zu verändern. (nach einem gemeinsamen Ausflug von Mutter und Tochter in die Berge)
  • Er ist wirklich älter geworden. Fast sieht er schon wie ein richtiger Mann aus, ihr ehemaliger Mann. (Gedanken der Mutter über ihren – noch – Ex-Mann)
  • Lottchens Krankheit lässt sich ohne weiteres als 'Katharsis zur Reife' auffassen – und gibt der Handlung ja auch die entscheidende Wendung

Kästner gönnt seinen Figuren also eine Entwicklung, hin zu einem – natürlich – glücklichen gemeinsamen Ende.

Filme

Die Geschichte „Das doppelte Lottchen“ wurde bereits mehrfach verfilmt. Die Verfilmungen beziehen sich dabei mehr oder weniger auf das Buch von Erich Kästner.

  • 1950 - Das doppelte Lottchen, BRD/Österreich, Regie: Josef von Báky (die Verfilmung hält sich recht genau an das Buch, Erich Kästner ist der Erzähler und zu Beginn und in einer späteren Szene des Films kurz zu sehen. Die Zwillinge werden von Jutta und Isa Günther, geb. 1938, dargestellt).
  • 1961 - Die Vermählung ihrer Eltern geben bekannt (The Parent Trap), USA, Regie: David Swift (die Handlung wurde auf amerikanische Verhältnisse abgeändert, ein Zwilling lebt mit dem Vater in Kalifornien, der andere mit der Mutter in Boston. Die Zwillinge werden von Hayley Mills in einer Doppelrolle gespielt)
  • 1989 - Ein Zwilling kommt selten allein (The parent trap III), Regie: Mollie Miller
  • 1994 - Charlie & Louise – Das doppelte Lottchen, Deutschland, Regie: Joseph Vilsmaier (die Zwillinge stammen dieses Mal aus Berlin und Hamburg, sie werden von Floriane und Fritzi Eichhorn gespielt)
  • 1995 - Eins und Eins macht Vier (It takes two), USA, Regie: Andy Tennant. Die Handlung gleicht vorwiegend dem Szenario von Kästner, allerdings sind es dieses Mal – im Sinne Kästners – keine echten, sondern nur astrologische Zwillinge, die aber im Gegensatz zu den anderen US-Verfilmungen (The parent trap 1961, 1998) von echten Zwillingen, Mary-Kate und Ashley Olsen, gespielt werden. Die Vorlage von Erich Kästner wird im Vor- bzw. Nachspann nicht erwähnt.
  • 1998 - Ein Zwilling kommt selten allein (The Parent Trap), USA, Regie: Nancy Meyers (Neuverfilmung des Disney-Films von 1961, die Kinder kommen dieses Mal aus Kalifornien und London. Lindsay Lohan spielt beide in einer Doppelrolle.)
  • 2003 - Der chaotische Elterntausch (Tur & retur), Schweden, Regie: Ella Lemhagen
  • 2004 - Ein Zwilling ist nicht genug Deutschland, Regie: Brigitte Müller (in dieser Fernsehfassung treffen die Zwillinge – beide von Ann-Kathrin Kramer dargestellt – erst als Erwachsene aufeinander. Die Eltern sind bereits tot, sie tauschen dennoch die Plätze in ihrem Leben und im Beruf. Sogar das Buch von Erich Kästner wird innerhalb der Handlung erwähnt, als die Zwillinge von ihrem Kindermädchen die Details der Scheidung erfahren – „Dann haben sie sich an das Buch von Kästner erinnert“ – „Es geht doch nichts über eine humanistische Bildung!“)
  • 2007 - Das doppelte Lottchen, Deutschland, Regie: Toby Genkel (Animationsfilm)

Weiterhin existiert in Japan eine Musicaladaption des Werkes.

Literatur

Der Roman ist im Laufe der Jahre bei verschiedenen Verlagen und außerdem als Hörspiel erschienen.

  • Erich Kästner: Das doppelte Lottchen. Ein Roman für Kinder., Dressler Verlag (2006) - ISBN 978-3791530116
  • Erich Kästner: Das doppelte Lottchen. (Lernmaterialien)., Klett (2006) - ISBN 978-3126756808
  • Erich Kästner: Das doppelte Lottchen, Hörspiel auf einer CD mit Ruth Scheerbarth, Ernst Stankovski und Hans Söhnker, Oetinger (2006) - ISBN 978-3789101366
  • Erich Kästner: Das doppelte Lottchen., Das Original-Hörspiel zum Kinofilm, Edel Records (2007) - ISBN 978-3898556309



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